Montag, 28. Februar 2022

Montagsfrage #13 - Typische Erzählmuster?

Hallöchen,

ich weiß auch nicht wieso, aber das Ende des Februars kommt für mich jedes Jahr überraschend. So langsam könnte ich mich ja echt mal daran gewöhnt haben, dass dieser Monat weniger Tage als die restlichen Monate hat! Aber wenn das Monatsende dann auch noch auf einen Montag fällt (ein Tag mit dem ich mich zum Ende der Woche sowieso nicht so gerne gedanklich auseinandersetze), kann es schon mal vorkommen, dass das Wörtchen "März" beim Umblättern im Kalender ein kurzer Schock ist. Ich habe also gestern Mittag neben der Montagsfrage auch noch meinen Monatsrückblick vorbereiten müssen und festgestellt, dass ich mich bezüglich einiger Geburtstagsgeschenke auch ein bisschen sputen muss... 

Naja, zum Glück habe ich mir die heutige Montagsfrage schon vor ein paar Wochen überlegt und bin seitdem sehr gespannt auf Eure Antworten:


Wie steht Ihr zu typischen Erzählmustern? Habt Ihr Lieblingstropes/Hasstropes? 


Egal ob die Ermittlung auf eigene Faust, weil die Vorgesetzten nicht mitspielen, der böse Gegenspiel in Gewand eines Konzerns oder die Heldenreise des Auserwählten - Jedes Genre hat typische Erzählmuster, die in einer Vielzahl unterschiedlicher Geschichten auftauchen. Die populärsten unter ihnen haben sogar schon eigene Namen und werden in der Lesecommunity rege diskutiert. Tropes werden häufig mit Klischees in Verbindung gebracht, da beide im Grunde ähnliches beschreiben: Strukturen, Ideen oder Konzepte, die immer wieder verwendet werden, da sie Rollenbilder, Erwartungen oder Sehnsüchte der Gesellschaft widerspiegeln und kommerziell erfolgreich sind. Während Klischees jedoch eher auf einzelne Figurendarstellungen, Aussagen oder kleinere Szenenfragmente beschränkt und eindeutig negativ konnotiert sind, beziehen sich Tropes eher auf größere Erzählstrukturen, die manchmal ganze Romane umfassen, und sind erstmal wertungsfrei definiert. Ich kenne LeserInnen, die ein ganz enges Beuteschema bei Büchern haben und bei denen ein gewisser Trope sogar ein Kaufgrund ist, während andere es kaum ertragen, wenn sich Motive und Erzählstrukturen doppeln. Da man neben Büchern auch bei Filmen, Comics oder Serien Tropes nur schwer entkommen kann, fand ich es mal an der Zeit zu fragen, wie ihr zu diesem Thema steht.

Ich persönlich bin etwas zwiegespalten. Grundsätzlich ist zu sagen, dass natürlich nicht jede Geschichte das Rad neu erfinden kann. Mittlerweile gibt es schätzungsweise mehrere hundert Millionen veröffentlichte Bücher. Da ist die Wahrscheinlichkeit, dass die eigene Idee auf eine ähnliche Weise schon einmal in einer anderen Geschichte dargestellt wurde, nun mal recht hoch. Außerdem kann es durchaus dem Lesevergnügen förderlich sein, wenn die gelesene Geschichte einem vorgegebenen roten Faden, einer inneren Logik, eben einem bekannten Trope folgt, den die allermeiste LeserInnen auf den ersten Blick kennen. Ich bin zwar als Vielleserin ein großer Fan von originellen, neuen Ideen und experimentellen Umsetzungen, greife aber auch ab und zu zu Geschichten, bei denen ich schon beim Lesen des Klapptextes erkennen kann, was auf mich zu kommt, da ich ähnliche Ausführungen der Story schon in anderer Form gelesen habe. Ich denke also, dass man mit typischen Erzählmustern nicht allzu streng ins Gericht gehen sollte, da AutorInnen und auch andere Erzählende der Unterhaltungsbranche zu einem gewissen Grad auf sie angewiesen sind. 

Ich würde also auch bei dieser Frage mal wieder sagen, dass es auf die Umsetzung ankommt. Hat man beim Lesen das Gefühl, die vorliegende Geschichte ist ein frankensteinartiger Flickenteppich aus Erzähltropes und Klischees des Genres, ergibt sich dadurch natürlich kein Mehrwert. Ich habe aber durchaus schon Bücher gelesen, die bekannte Tropes genommen und auf so interessante Art hinterfragt, parodiert oder weiterentwickelt haben, dass ich großen Spaß beim Lesen hatte. Wichtig ist also, der Autor/die Autorin sich bestenfalls des Einsatzes der Tropes bewusst ist und diese auf die Spitze treibt, aufbricht oder anderweitig mit ihnen spielt. Einsatz von Tropes- ja, geht ja fast nicht anders. Aber bitte in richtigen Dosen und mit genügend Eigeninterpretation, Witz und Spannung.

Abgesehen von der Umsetzung gibt es mittlerweile aber einfach einige Tropes, die mir zum Hals raus hängen und die ich einfach nicht mehr lesen möchte - teilweise weil sie auf gesellschaftlichen Rollenbildern beruhen, die langsam aber sicher bröckeln. Da wären zum Beispiel der Special-Snowflake-Trope, der Chosen-One-Trope oder der Not-Like-Other-Girls-Trope, welche häufig Hand in Hand gehen und eine unrealistische von Heldentum und Individualismus durch eine Erhöhung einer Person vermitteln, was jedoch gleichzeitig darauf beruht, die durchschnittliche Frau abzuwerten. Auch von der sogenannten Damsel in Distress, also die unbedarfte Jungfrau in Nöten, die singend, gutaussehend wartet, bis ihr edler Ritter sie retten kommt, oder vom Manic-Pixie-Dreamgirl, der rein instrumentellen Frauenfigur, die grüblerischen Männern beibringt, das Leben zu genießen, deren Welt durch exzentrische Eigenheiten durcheinanderbringt und somit dabei hilft, deren Midlife- oder Quaterlifecrisis zu überwinden, kann ich in keiner Geschichte mehr lesen, ohne im Strahl kotzen zu wollen. 

Ebenfalls ein Trope, den ich seeeehr satt habe und der leider alle möglichen Genres infiltriert, ist das Love Triangle. Ich meine die sind so heuchlerisch. Wenn ein Typ mit zwei Frauen gleichzeitig anbandelt, ist er ein Arschloch, der mit ihren Gefühlen spielt. Wenn eine Protagonistin das tut und ach so hin und hergerissen ist und sich fünfhundert Mal umentscheidet, dann ist das ein vollkommen normales Stilelement. Ich habe in den letzten Jahren vielleicht von zwei oder drei realistischen, wirklich nachvollziehbar dargestellten Love Triangles gelesen, alle anderen haben mir einfach nur den letzten Nerv gekostet. 

Es gibt jedoch auch einige Tropes, die mich immer wieder aufs Neue catchen. Bei Liebesgeschichten sind meine drei Lieblingstropes Enemies-to-Lovers (Zwei Figuren, die sich aus tiefstem Herzen hassen, aber schon bald merken, dass sie auch nicht ohneeinander können - das ist einfach der Stoff für die spannendsten, prickelndsten Liebesgeschichten!), Forbidden Love (Wenn zwischen den beiden Love Interests unüberwindbare Hürden stehen, sie ihre Gefühle unterdrücken und gegen sie ankämpfen müssen) und Forced Proximity (Wenn zwei Figuren durch äußere Umstände gezwungen sind, viel Zeit miteinander zu verbringen, zum Beispiel weil sie gemeinsam in einem Sturm feststecken. Unterpunkte dieses Tropes sind zum Beispiel auch Fake Relationships, wenn die beiden vorgeben in einer Beziehung zu sein, um andere zu täuschen und sich dann wirklich verlieben oder der berühmt-berüchtigte One-Bed-Trope, wenn in einem Raum nur eine Übernachtungsmöglichkeit ist). 

Erst kürzlich aufgefallen ist mir, dass meine Auswahl an Thrillern oder Science-Fiction Romanen auch einem recht eindeutigen Beuteschema folgt. Die von mir ausgesuchten Bücher haben oft entweder den Evil-Incorporated oder den menschelnde-KI-Trope. Erstere bezeichnet Geschichten, in denen der Gegenspieler nicht in Gestalt einer Einzelperson, sondern im Gewand eines Konzerns oder einer Vereinigung auftritt, die häufig auf den ersten Blick ganz attraktiv aussieht, sich mit der Zeit aber als manipulativ und herrschaftssüchtig entpuppt. Beispiele hierfür wäre ganz klassisch "The Circle". Zweiterer Trope fasst Romane zusammen, in denen Roboter, Androiden oder reine künstliche Intelligenzen ein menschenähnliches Bewusstsein entwickeln und damit eine ethische Debatte anstoßen. Mein allerliebstes Beispiel hiervon ist der "Thunderhead" aus Neal Shustermans "Scythe"-Reihe. 

Ganz losgelöst von gewissen Genres bin ich noch ein großer Fan des Badass-and-Child-Tropes. Dieser Trope beinhaltet, dass eine mürrische Badass-Figur, per Zufall die Verantwortung für ein Kind, oder eine anderweitig schutzbedürftige, häufig naive Person zufällt. Häufig entwickelt sich daraus nach anfänglichen Schwierigkeiten mit der Zeit ein absolut liebenswertes Zweiergespann mit toller Beziehungsdynamik. Beispiele hierfür mit unterschiedlichen Geschlechterdynamiken wären "Maleficent", "Game of Thrones", "The Witcher" oder "Die Beschenkte" von Kristin Cashore. 

So, jetzt bin ich sehr gespannt, welche Tropes euch so einfallen. Falls Ihr keine Ideen habt, Euch aber noch ein bisschen mit dem Thema auseinandersetzen und herausfinden wollt, welche Tropes es so gibt (und welche kreativen Namen diese in den letzten Jahren erhalten haben), kann ich Euch die Website TV Tropes empfehlen. 

Wie steht Ihr zu typischen Tropes?  

Liebe Grüße
Sophia


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12 Kommentare:

  1. Guten Morgen! Das ist mal eine interessante Frage! Witzigerweise fielen mir mehr Klischees ein, die ich so gar nicht mehr lesen will. Aber vielleicht sind die einfach bei mir präsenter. ;-) Vielleicht fällt mir ja im Laufe des Tages noch der eine oder andere Lieblingsstil oder -trope ein.

    https://aequitasetveritas.wordpress.com/2022/02/28/montagsfrage-326/

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    1. Hey,

      oha, beim Lesen deiner Antwort ist mir aufgefallen, dass ich in meinem Beitrag noch eine Menge Tropes vergessen habe. Ich LIEBE auch Robinsonade Geschichten in allen Arten und in allen Medien! Deine gespaltene Beziehung zu "Will they won´t they" kann ich verstehen. Manchmal kann das durchaus einen Reiz haben, manchmal nervt es aber auch nur noch (vor allem in Bezug auf Dreiecksgeschichten)! Auch bei den Zeitebenen kann ich dir nur zustimmen!
      Badboys, Gedächtnisverluste und dauerabwesende YA-Eltern nerven mich übrigens auch enorm!!!

      Liebe Grüße
      Sophia

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  2. Huhu Sophia,

    der kurze Februar ist auch für mich immer wieder eine Überraschung, die ich nicht kommen sehe. Noch schlimmer sind allerdings Schaltjahre, wenn der Februar plötzlich einen Tag mehr hat, damit komme ich dann gar nicht mehr klar. :D

    Ich bin bezüglich Tropes sehr schmerzfrei. Ich bevorzuge keines und lehne auch keines grundheraus ab. Was ich allerdings ablehne, ist mangelnde Originalität. Reproduktionen und Wiederholungen kann ich nicht ausstehen - weshalb das berüchtigte Liebesdreieck dann eben doch häufig durchfällt. ;)

    Montagsfrage auf dem wortmagieblog
    Liebe Grüße,
    Elli

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    1. Hey Elli,

      haha von Schaltjahren wollen wir gar nicht erst anfangen....
      Du hast recht: Ich habe die Begriffe "Plot", "Trope" und auch "Klischee" ein bisschen vermischt, da manche der von mir genannten Motive zu allen drei zugeordnet werden könnten und ich es wirklich schwierig fand, das klar zu trennen. Ich finde das "Chosen-One"-Muster kann sowohl ein Plot sein wie zum Beispiel in Harry Potter, als auch "nur" ein Trope, wenn es nicht die gesamte Handlung bestimmt, sondern nur als Einzelmotiv auftaucht. Genauso könnte das "Damsel in Distress"-Motiv als längerwirkender Trope auftauchen, oder als szenisches Klischee - je nach Umfang und Einsatz der Muster verschwimmen da in meinen Augen stark die Grenzen.

      Liebe Grüße
      Sophia

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  3. Guten Morgen,

    holla, die Seite ist ja mal umfangreich. Da werde ich wohl nochmal einige Zeit reinstecken. Hier aber meine Antwort Typische Erzählmuster

    Viele Grüße
    Ariane

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    1. Hey Ariane,

      der "Black Dude Dies First" wird schon seit Jahren sehr kritisch diskutiert, von dem habe ich also schon gehört. Den "Worf-Effekt" musste ich aber gerade noch googeln und bin nun auch erleuchtet (ahhhh, das gibt es soooo oft in Geschichten), also danke für deinen Hinweis! ;-)

      Liebe Grüße
      Sophia

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  4. Hallo zusammen,
    heute etwas später als sonst meine Antwort zur heutigen Frage.
    Viele Grüße
    Frank

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    1. Hey Frank,

      bei uns gibt es heute auch eine Friedensdemonstration anstatt eines Rosenmontagsumzugs, was ich aus gleich zwei Gründen eine wunderbare Idee finde: erstens denke ich, dass es gerade sehr wichtig ist, Solidarität zu zeigen und zweitens konnte ich sowieso noch nie besonders viel mit Fasnacht/Karneval/Fasching anfangen ;-)
      Doch jetzt zum Wesentlichen: Über einige der Trope-Namen bin ich auch erst gestern beim Beantworten der Frage gestoßen, andere habe ich über die Zeit mal in Rezensionen, Filmkritiken oder Gesprächen aufgeschnappt. Die Wortkreationen, die das, was man als Vielleser üblicherweise kennt, prägnant zusammenfassen, habe ich mir dabei gemerkt, viele andere, die mir nichts gesagt haben, kenne ich aber auch weiterhin nicht. Ich finde es nur spannend, einen Schritt zurückzutreten und zu überlegen, welche bekannten Motive denn in der Geschichte auftauchen.
      Was die Bewertung der Tropes angeht bin ich aber total deiner Meinung: da kommt es einfach auf die Machart an und manche haben sich auch zurecht durchgesetzt und funktionieren einfach!

      Liebe Grüße
      Sophia

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  5. Hallo^^

    Ich tat mich zuerst ein bisschen schwer, da ich Tropes eher aus dem englischsprachigen Fanfictionbereich kenne, als von Romanen. Daher liegt mein Fokus auch eher bei den FFs^^°
    Ein paar Tropes sind mir trotzdem eingefallen: https://blog.kiranear.moe/2022/02/montagsfrage-211-typische-erzahlmuster.html

    Lg,
    Kira

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    1. Hey Kira,

      ich kenne von den Tropes auch oft nur die englischen Begriffe. "Friends to lovers", "temporary amnesia" und "love triangle" bin ich kein großer Fan, bei den anderen kann ich dir aber nur zustimmen.

      Liebe Grüße
      Sophia

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  6. Ich muss ja gestehen, ich habe den Begriff Tropes bis gestern nicht gekannt. Hab ich wieder was gelernt :-) Ich hab auch ein bisschen gebraucht um drüber nachzudenken, daher die Antwort erst heute:
    https://streifisbuecherkiste.wordpress.com/2022/03/01/montagsfrage-13-typische-erzahlmuster/

    Lieben Gruß
    Streifi

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    1. Hey,

      freut mich, dass du bei der Frage sogar noch ein neues Wort lernen konntest ;-) Dafür, dass du von Tropes noch nie etwas gehört hattest, ist dir ja wirklich eine Menge eingefallen!
      Witzigerweise habe ich jeden einzelnen Trope erkannt, auch wenn du nicht die fancy-englischen-Begriffe der Community benutzt hast (die gibt es ja auch nur, damit man da präziser drüber sprechen kann, sonst muss man die ja nicht kennen).

      Liebe Grüße
      Sophia

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