Freitag, 11. Juli 2025

Only Margo


Allgemeines

Titel: Only Margo
Autorin: Rufi Thorpe
Verlag: Ecco (28. Januar 2025)
Genre: Roman
Originaltitel: Margo´s Got Money Troubles Seitenzahl: 353 Seiten
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Inhalt

Margo braucht Geld. Seit sie ungewollt von ihrem Collegeprofessor, der sie jetzt mit dem Kind alleinlässt, schwanger wurde, mehr denn je. Wie Margo es auch dreht und wendet, kein Job scheint passend zu sein, oder könnte auch nur ansatzweise ihr Leben mit einem Baby finanzieren. Durch einen Zufall wird sie auf die Plattform OnlyFans aufmerksam, und Margo ist fasziniert von dieser Welt, in der Frauen mit sich und ihrem Körper experimentieren, und offenbar gut dabei verdienen. Also beginnt auch sie, Inhalte zu produzieren. Dabei erhält sie Unterstützung von ihrer Mitbewohnerin Suzie, einem großen Cosplay-Fan, und auch von ihrem Vater Jinx, einem Ex-Wrestlingprofi. Ehe sie sich versieht, ist Margo ein Online-Phänomen. Könnte dies die Antwort auf all ihre Probleme sein, oder hat der Internet-Ruhm einen zu hohen Preis?



Bewertung

"Only Margo" habe ich als Hörbuch begonnen, da der Klapptext so herrlich absurd klang: Eine junge Frau wird von ihrem Collegeprofessor schwanger, steht als alleinerziehende Mutter mit einem drogenabhängigen Wrestler-Vater ohne Geld da und beginnt – mangels Alternativen – Inhalte auf OnlyFans zu produzieren. Doch was wie eine überdrehte Groteske anmutet, entpuppt sich schnell als ungewöhnlich ehrlicher, kluger und berührender Roman über Mutterschaft, Körperbilder, Armut, Scham und Selbstermächtigung, der zu einem überraschenden Jahreshighlight 2025 geworden ist.

"You are about to begin reading a new book, and to be honest, you are a little tense. The beginning of a novel is like a first date. You hope that from the first lines an urgent magic will take hold, and you will sink into the story like a hot bath, giving yourself over entirely. But this hope is tempered by the expectation that, in reality, you are about to have to learn a bunch of people's names and follow along politely like you are attending the baby shower of a woman you hardly know. And that's fine, goodness knows you've fallen in love with books that didn't grab you in the first paragraph. But that doesn't stop you from wishing they would, from wishing they would come right up to you in the dark of your mind and kiss you on the throat."

Mit diesen Worten beginnt Margo ihre Erzählung, die mich genau wie hier beschreiben, vom ersten Absatz an mitgerissen hat. Wir verfolgen auf bündig erzählten 353 Seiten wie die junge Heldin wider Willen in ihre Schwangerschaft stolpert und sich als alleinerziehende Mutter mit Geldsorgen in einem System wiederfindet, das für Frauen wie sie wenig Platz und kaum Chancen bereithält. Ohne Job, mit einem Neugeborenen im Arm und einem Babyvater, der sich aus der Verantwortung stiehlt, scheint ihre Zukunft düster. Der Zufall – und die Neugier – führen sie schließlich zur Plattform OnlyFans, wo Frauen mit ihrer Sexualität und Kreativität Geld verdienen. Es ist ein Thema, das in der öffentlichen Debatte oft mit moralischen Vorbehalten und voyeuristischer Doppelmoral behaftet ist. Rufi Thorpe gelingt es hier, mit feinem Gespür für Ambivalenzen einen anderen Blickwinkel auf diese Welt zu eröffnen. So zwingt "Only Margo" uns LeserInnen fast beiläufig dazu, ihre Einstellungen zu Themen wie Sexarbeit, White Trash, Wrestling oder sozialer Herkunft zu überdenken. Die Autorin beschäftigt sich ohne moralischen Zeigefinger, aber mit viel Empathie und Scharfsinn damit, was moderner Feminismus bedeutet.

"Because that's all art is, in the end. One person trying to get another person they have never met to fall in love with them."

Was "Only Margo" besonders auszeichnet, ist die Art, wie Rufi Thorpe die vermeintlich verrückte Prämisse ihres Romans mit realistischer Tiefe und emotionaler Glaubwürdigkeit verbindet. Die Geschichte bleibt immer geerdet, auch wenn sie von Cosplay, Internet-Ruhm oder skurrilen Familienkonstellationen erzählt.  So liest sich der Plot ungewohnt, originell, aber dennoch nicht überzogen und herrlich aus dem Leben gegriffen. Die Autorin nimmt uns mit in die Lebenswelt der jungen Frau, die einerseits absurd bunt, andererseits erschreckend real ist. Die Konflikte, mit denen Margo konfrontiert wird – Sorgerechtsfragen, Armut, Machtmissbrauch, Drogensucht sogar Morddrohungen – sind alles andere als trivial. Und doch gelingt der Autorin das Kunststück, ihre Geschichte leicht und herzerwärmend mit einem humorvollen Augenzwinkern zu erzählen, das der Geschichte ihre Schwere nimmt, ohne ihre Tiefe abzuschwächen. Die Geschichte zeigt schräge, wunderschöne wie belastende Momente im Leben einer jungen Mutter und lässt uns beim Lesen erfrischt, berührt, ehrlich, lebendig und hoffnungsvoll fühlen.  

"Love was not something, I realized, that came to you from outside. I had always thought that love was supposed to come from other people, and somehow, I was failing to catch the crumbs of it, failing to eat them, and I went around belly empty and desperate. I didn’t know that love was supposed to come from within me, and that as long as I loved others, the strength and warmth of that love would fill me, make me strong."

Margo als Figur ist dabei das Herzstück des Romans – und sie ist eine der ungewöhnlichsten Protagonistinnen, denen man in der aktuellen Literatur begegnet. Zunächst ist die Erzählperspektive als interessant hervorzuheben, die zwischen der jüngeren Margo in der dritten Person und der älteren Ich-Erzählerin wechselt – eine verspielte, meta-literarische Referenz an Margos Seminar über Erzähltechniken, das sie bei ihrem Professor besucht hat. So sind wir mit der flippigen, naiven, zuweilen überforderten Margo, die Fehler macht und ins Verderben rennt mitten im Geschehen, haben als Ergänzung aber auch den weiseren Kommentar der älteren, gereiften Margo, die uns beim Lesen an die Hand nimmt und ihre eigenen Entscheidungen selbstkritisch reflektiert. So zeichnet sich das komplexe und einfühlsame Bild einer jungen Frau, die Fehler macht, aber mutig und voller Energie Kraft in dem findet, was ihr am Herzen liegt und ihren eigenen Weg geht. Besonders die Beziehung zu ihrem neugeborenen Sohn Bohdi ist wunderschön zu verfolgen, aber auch ihre Annäherung an ihren Vater Jinx  und ihre Freundschaft zu ihrer Mitbewohnerin Suzie sowie Verbündeten auf OnlyFans sind toll zu lesen. So begleiten wir Margo nicht nur auf ihrem beruflichen Weg, sondern erleben auch, wie sie an emotionaler Reife und innerer Stärke gewinnt. Auch wenn man ihr nicht in allem zustimmt oder sie nicht immer versteht – am Ende schließt man sie unausweichlich ins Herz und ist stolz darauf, wie weit sie gekommen ist. Gleiches gilt für die zahlreichen Nebenfiguren, die bewusst ambivalent gezeichnet sind: manchmal skurril, manchmal egoistisch, aber immer menschlich.

"The sadness from the morning didn’t exactly go away; it dried on me and slowly crumbled, leaving me covered in little flakes, like if you eat a glazed donut in a black shirt. That was how it was being a grown-up. We were all moving through the world like that, like those river dolphins that look pink only because they’re so covered in scars."

Das Ende rundet die Geschichte gelungen ab und zementierte für mich den Eindruck eines überraschenden Highlights: Mit einer ungewöhnlichen, aber sehr gelungenen Mischung aus popkulturellem Setting, emotionaler Tiefe und stilistischer Raffinesse gelingt Rufi Thorpe ein kleines literarisches Kunststück. Ein Roman, der klug unterhält, zum Nachdenken anregt und eine Stimme feiert, die man so schnell nicht vergisst!

Fazit

"Only Margo" ist ein kurzer, aber runder Roman mit einer mitreißenden, ungewohnten Heldin, überraschenden Themen und pointierter Sozialkritik. Ein überraschendes Highlight – schräg, ehrlich und mitreißend!


*keine WERBUNG, selbstgekauft*

Quelle Informationen: Amazon.de. Klapptexte und Zitate sind Eigentum des Verlags oder jeweiligen Rechtinhabers.

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