Dienstag, 3. September 2024

Eine kurze Geschichte der Menschheit


Allgemeines

Titel: Eine kurze Geschichte der Menschheit 
Autor: Yuval Noah Harari
Verlag: Deutsche Verlags-Anstalt (2. September 2013)
Genre: Historisches Sachbuch
ISBN: 9783421045959
Seitenzahl: 528 Seiten
Originaltitel: Sapiens - A Brief Story of Humankind (übersetzt von Jürgen Neubauer)
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Inhalt

Krone der Schöpfung? Vor 100 000 Jahren war der Homo sapiens noch ein unbedeutendes Tier, das unauffällig in einem abgelegenen Winkel des afrikanischen Kontinents lebte. Unsere Vorfahren teilten sich den Planeten mit mindestens fünf weiteren menschlichen Spezies, und die Rolle, die sie im Ökosystem spielten, war nicht größer als die von Gorillas, Libellen oder Quallen. Vor 70 000 Jahren dann vollzog sich ein mysteriöser und rascher Wandel mit dem Homo sapiens, und es war vor allem die Beschaffenheit seines Gehirns, die ihn zum Herren des Planeten und zum Schrecken des Ökosystems werden ließ. Bis heute hat sich diese Vorherrschaft stetig zugespitzt: Der Mensch hat die Fähigkeit zu schöpferischem und zu zerstörerischem Handeln wie kein anderes Lebewesen. Anschaulich, unterhaltsam und stellenweise hochkomisch zeichnet Yuval Harari die Geschichte des Menschen nach und zeigt alle großen, aber auch alle ambivalenten Momente unserer Menschwerdung.



Bewertung

"Eine kurze Geschichte der Menschheit" – ein Titel, der auf den ersten Blick ziemlich ambitioniert wirkt, wenn man bedenkt, dass hier 70.000 Jahre hochkomplexe Geschichte abgedeckt werden sollen. Kurz ist dabei natürlich relativ. Doch was Yuval Noah Harari auf diesen 528 Seiten auf die Beine stellt, ist nicht weniger als beeindruckend. Er schafft es, die Geschichte des Homo sapiens in eine Erzählung zu packen, die nicht nur gut strukturiert, sondern auch unglaublich fesselnd ist und absolut einen Blick hinein lohnt!

Ähnlich wie man das aus anderen geschichtlichen Sachbüchern kennt, setzt der Autor auf eine nachvollziehbare zeitliche Systematik und teilt die Geschichte in vier Entwicklungsschritte ein. Er beginnt seine Erzählung mit der kognitiven Revolution, die vor etwa 70.000 Jahren das menschliche Leben grundlegend veränderte. Hier beleuchtet er den evolutionären Vorsprung des Homo sapiens gegenüber anderen Menschenarten und gibt faszinierende Einblicke in das urzeitliche Leben als Jäger und Sammler. Weiter geht es im Anschluss mit der landwirtschaftlichen Revolution, die sich nicht nur auf die Entwicklung von Sprache und erfundenen Ordnungen als Motor für die Bildung immer größerer Gemeinschaften konzentriert, sondern auch die Frage nach der Verbesserung der Lebenssituation der einzelnen Menschen stellt und erstmals Themen wie Sklaverei oder Geschlechterrollen aufgreift. Im darauffolgenden Kapitel zur "Vereinigung der Menschheit", zeigt der Autor, wie Geld, Imperien und Religionen einzelne Welten zu einer einzigen globalisierten Welt zusammenwachsen ließen. Zum Schluss führt er uns durch die wissenschaftliche Revolution, in der Entdeckungen, Erfindungen, die industrielle Revolution und die Entstehung immer komplexerer Zivilisationsformen und Ideologien die heutige Welt prägten. 

Die größte Stärke des Sachbuches liegt dabei zweifellos in Hararis Fähigkeit zur Mustererkennung: Als Universalhistoriker schafft er es, immer wieder "herauszuzoomen" und das große Ganze in den Blick zu nehmen, kann Verbindungen und Parallelen aufzeigen, die auf den ersten Blick nicht offensichtlich sind, und hervorheben, wie bestimmte Entwicklungen in der Vergangenheit die Welt, in der wir heute leben, geformt haben. Neben dem großen Überblick wagt er immer wieder überraschende Deep-Dives in ausgewählte Themen - wie beispielsweise die Entstehung der Sprache -, die ihm besonders interessant erscheinen. Es ist dieses ständige Wechselspiel zwischen Überblick und Detail, das "Eine kurze Geschichte der Menschheit" so interessant macht und uns hilft, die Geschichte nicht nur als eine Abfolge von Fakten, sondern als ein Netz von Verbindungen und Mustern zu begreifen. 

So zeigt der Gang durch die Geschichte, dass es zu vielen historischen Entwicklungen Alternativen gab. Vieles, was heute als gesetzt und alternativlos erscheint – wie der Kapitalismus, monotheistische Religionen oder das Patriarchat – war ursprünglich nur eine von vielen Möglichkeiten, die sich oft nur durch Zufall durchgesetzt haben. Diese Perspektive regt dazu an, unsere heutige Weltordnung hinterfragen und lädt zum Nachdenken darüber ein, wie unsere Gesellschaft aussehen könnte, wenn andere Systeme die Oberhand gewonnen hätten. Würden wir in einer sozialistischen, matriarchalen Gesellschaft leben, in der alle mehrere Götter anbeten? Und wäre unser Leben dann besser oder schlechter...? Wir werden es leider nie erfahren!

"Der Homo sapiens regiert die Welt, weil er das einzige Tier ist, das in der Lage ist, an Dinge zu glauben, die nur in seiner eigenen Vorstellung existieren, wie Götter, Staaten, Geld und Menschenrechte."

Für mich hielt das Sachbuch also viele Aha-Momente bereit, da ich viele Dinge gar nicht wusste, andere nochmal mit eingängigeren Worten wiederholt wurden und viele in einen neuen Kontext gesetzt wurden. Sich alle Details zu merken ist natürlich unmöglich, aber man erhält einen komplett neuen Eindruck der menschlichen Geschichte und unseres kulturellen, biologischen, geschichtlichen, moralischen und psychologischen ErbesBesonders spannend fand ich die letzten Kapitel, in denen Harari einen Blick in die Zukunft wagt. Dabei stellt er mit Cyborgs, Genmanipulationen, KIs und dem ewigen Leben die Frage, was wir nun mit all unserer Macht tun wollen. Zum Teil lesen sich diese Gedankenspiele von 2013 schon wieder etwas veraltet, andere Fragen und Ideen halten uns unangenehm den Spiegel vor, aber dennoch finde ich es wichtig und richtig sich vor dem ausgebreiteten geschichtlichen Panorama diese Fragen zu stellen. 

Durch die Abwechslung aus Überblick und Detail sowie die vielen Aha-Momente empfand ich das Buch trotz meiner Vorbehalte bezüglich der Länge weder als zu lang noch als zu kurz. Zwar ist der Autor nicht vor der ein oder anderen Wiederholung gefeit, auf der anderen Seite gab es aber auch etliche Stellen an denen der Autor Schwerpunkte gesetzt hat und auch auf andere spannende Aspekte problemlos hätte eingehen können. Für mich ist das Sachbuch also in genau der richtigen Länge ausgerollt. Zusätzlich vor Leseflauten bewahrt hat mich auch der präzise, aber unterhaltsame Schreibstil des Autors, der sich immer wieder lockere Gedankenspiele und greifbare alltägliche Beispiele oder den ein oder anderen Witz erlaubt. Obwohl er auch nicht vor einer steileren These oder einer unbequemen Schlussfolgerung zurückscheut, wenn es beispielsweise um das Dasein des Homo sapiens als ökologischer Serienmörder, der Betrug der landwirtschaftlichen Revolution oder das Imperium als stärkstes politisches System geht, behält er ansonsten aber eine wissenschaftlich-neutrale Betrachtungsweise bei, die verschiedene Perspektiven - auch philosophische Exkurse zu Moral und Religionen - miteinbezieht. So bleibt das Buch undogmatisch und wenn an einigen Stellen Kritik leise mitschwingt, dann richtet diese sich an die gesamte Menschheit und nicht an einzelne Gruppen.

"Die Menschheit ist kein Wolfsrudel, das durch einen unglücklichen Zufall Panzer und Atombomben in die Finger bekam. Die Menschheit ist vielmehr eine Schafherde, die dank einer Laune der Evolution lernte, Panzer und Atombomben zu bauen. Aber bewaffnete Schafe sind ungleich gefährlicher als bewaffnete Wölfe."

Fazit

"Eine kurze Geschichte der Menschheit" ist ein Sachbuch, das auf geniale Weise die Geschichte unserer Spezies nachzeichnet und uns gleichzeitig dazu anregt, die Gegenwart und die Zukunft kritisch zu hinterfragen. Ein absolut empfehlenswertes Werk, das zum Denken und Träumen einlädt!


*keine WERBUNG, selbstgekauft*

Quelle Informationen: Goodreads.de. Klapptexte und Zitate sind Eigentum des Verlags oder jeweiligen Rechtinhabers.

10 Kommentare:

  1. Schönen guten Morgen!

    Das Buch hatte 2021 gelesen, ist also schon etwas her, deshalb sind meine Erinnerungen daran schon wieder sehr verschwommen *lach* Ich fand es definitiv sehr interessant, diese lange Zeit im Zeitraffer zu durchlaufen. Der Autor hat viele Aspekte angesprochen, über die ich auch noch nie nachgedacht hatte, auch wenn mir einiges schon bekannt war. Meine Rezension damals ist recht lang geworden, mich haben viele Themen aus dem Buch beschäftigt.
    Einiges fand ich zwar etwas langwierig ausgeführt, aber insgesamt war es auf jeden Fall aufschlussreich.

    Liebste Grüße, Aleshanee

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    1. Hey Aleshanee,

      haha in drei Jahren sind meine Erinnerungen daran bestimmt auch nicht mehr taufrisch ;-)
      Ich habe deine Rezension beim Hochladen von meiner auch auf Goodreads entdeckt und durchgelesen. Ich kann deine Kritikpunkte gut nachvollziehen, aber für mich persönlich war es nicht zu lang ausgeführt - im Gegenteil hätte er manche Aspekte sogar gerne noch mehr betrachten können ;-) Aber das ist natürlich Geschmacksache!

      Liebe Grüße
      Sophia

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    2. Naja, von manchen hätte ich mir auch gerne mehr gewünscht - von anderen Sachen dagegen dafür weniger :D

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    3. Haha kann ich gut verstehen. Aber durch die Essay-Struktur kann man ja theoretisch auch einfach Abschnitte oder Kapitel überspringen, die einen nicht so interessieren...

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    4. Ja, das schon, aber da hab ich dann immer das Gefühl, ich verpasse vielleicht was :D Ich bin dann eher so, dass ich kleine Absätze oder Passagen überfliege, wenn sie sich gar zu sehr mit Zahlen oder ähnlichem beschäftigen bzw. mir dann zu sehr ins Detail gehen, grade wenn das momentane Thema grade nicht so meins ist.

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    5. Haha, das geht mir leider immer genauso. Deshalb breche ich auch so äußerst selten Bücher ab - ich muss mir einfach immer einen gesamten Eindruck verschaffen und habe Angst, etwas zu verpassen. Bei nicht so interessanten Büchern ist also auch grobes Querlesen das Höchste der Gefühle... Aber wie gesagt war das bei "Eine kurze Geschichte der Menschheit" zum Glück gar nicht nötig für mich!

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    6. Bei "normalen" Geschichten hab ich das tatsächlich nicht so - wenns nicht gefällt breche ich rigoros ab :D Es ist äußerst selten dass ich dann noch querlese bis zum Schluss, eigentlich nur wenn ich schon recht weit gekommen sind und ich unbedingt das Ende wissen will. Aber das kommt wirklich kaum vor.

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    7. Echt? Haha ich habe auch bei Belletristik extreme fomo- es KÖNNTE ja theoretisch noch gut werden ;-) Ich hatte das schon als Kind, dachte aber, es würde sich mit der Zeit rauswachsen. Das ist aber nicht passiert und so habe ich in den letzten 5 Jahren genau 3 Bücher abgebrochen...

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    8. Da ist mir einfach mittlerweile meine Zeit zu schade... wenn ich mich da durchquäle und jede Seite nervt; in der Zeit kann ich ein anderes Buch lesen, das mir richtig viel Spaß macht xD

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    9. Ja das ist auch absolut die richtige Einstellung!!!

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