
Allgemeines
Titel: Powerless - Die Flucht
Autorin: Lauren Roberts
Verlag: Penhaligon (1. September 2024)
Genre: Fantasy
Seitenzahl: 465 Seiten
Weitere Bände: Powerless - Das Spiel (Band 1)
Powerless - Der Thron (Band 3, OT: Fearless)
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Inhalt
Bewertung
Die "Powerless"-Reihe von Lauren Roberts ist aktuell stark im Hype - was mich grundsätzlich immer neugierig, aber auch etwas skeptisch macht. Nach Band 1, "Powerless - Das Spiel" habe ich meine Skepsis teilweise bestätigt gesehen, denn Geschichte strotzt vor bekannten Tropes und Handlungselementen, die sich deutlich an Genregrößen wie "Selection", "The Hunger Games" oder "Red Queen" anlehnen. Das Ergebnis war ein Flickenteppich aus vertrauten Versatzstücken, der zwar unterhält, aber selten überrascht. Dennoch hat die Geschichte und vor allem die Dynamik zwischen den beiden Hauptfiguren Lust auf mehr gemacht, weshalb ich mich im Anschluss direkt Band 2, "Powerless - Die Flucht" gewidmet habe. Auch wenn diese Fortsetzung ebenfalls ihre Schwächen hat, konnte sie mich alles in allem mehr mitreißen, als Band 1.
Auf eine wendungsreiche, komplexe, gut durchdachte Handlung mit vielen eigenen Ideen kann man hier also immer noch nicht hoffen, aber die Autorin weiß ihre Stärken gut auszuspielen, um uns darüber hinwegzutäuschen, dass hier auf knapp 460 Seiten immer wieder dasselbe passiert. Dabei hilft ihr vor allem ihr temporeicher Schreibstil, dem es gelingt, stellenweise eine sehr dichte, szenische Atmosphäre aufzubauen. Besonders emotionale oder dramatische Szenen sind oft gut inszeniert, bildhaft und mit einem gewissen cineastischen Flair versehen. Passend zur inhaltlichen Reduktion fällt auch der Umfang kürzer aus: Mit knapp 460 Seiten ist "Die Flucht" beinahe 200 Seiten schlanker als der Auftakt, was dem Buch zugutekommt und für mehr erzählerische Stringenz sorgt. Was allerdings weiterhin spürbar fehlt, ist der „Kleber“, der alles zusammenhält: die Tiefe, die Logik, der erzählerische Unterbau.
Das zeigt sich besonders im Worldbuilding, das nach wie vor große Lücken aufweist. Zwar verlassen wir mit der Senge, der Zuflucht und der Stadt Dor erstmals Ilya und werfen einen vorsichtigen Blick über den Tellerrand des Königreichs. Doch die geographischen und politischen Strukturen des Reiches bleiben weiterhin nebulös: Wie groß ist dieses Reich eigentlich? Warum dauert eine Reise manchmal Stunden, manchmal Tage? Warum liegen Wald, Wüste und Palast gefühlt direkt nebeneinander? Und: Was unterscheidet Eliten und Banale wirklich? Diese Fragen, die von zentraler Bedeutung für das Verständnis der Welt sind, bleiben leider weiterhin unbeantwortet. Das ist schade, denn es verhindert, dass sich eine glaubwürdige Kulisse aufbaut, in der sich Handlung und Figuren wirklich entfalten können.
Dafür profitieren natürlich die beiden Hauptfiguren stark von dem veränderten Erzählfokus. Die Double-POV-Struktur wird hier noch besser genutzt als in Band 1, die Innenwelten der beiden Protagonisten sind greifbarer, emotionaler und differenzierter dargestellt. Sowohl Paedyn als auch Kai wirken in ihrer inneren Zerrissenheit nuancierter und auch die Spannung zwischen den beiden entwickelt sich spürbar weiter. Natürlich bedient sich auch dieser Band an zahlreichen Romance-Tropes, die das TikTok-Herz begehrt: One-Bed-Trope, Who-did-this-to-you, gezückte Dolche und haufenweise Enemies-to-Lovers-Momente. Lauren Roberts fährt hier das volle Programm auf, doch diesmal wirkt es stimmiger und weniger erzwungen. Auch die Dialoge zwischen den beiden wirken natürlicher, der Banter lebendiger und gewinnt stark an Charme.
Anders sieht es leider bei den Nebenfiguren aus, die nahezu vollständig aus der Handlung verschwinden. Zwar gibt es mit Kitt eine zusätzliche Perspektive, die Einblicke in die Entwicklungen im Königreich liefern soll, doch dieser Handlungsstrang bleibt extrem oberflächlich und wirkt eher wie ein schmales Fenster als wie ein zweiter Erzählbogen. Auch andere Nebenfiguren wie Lenny, Calumn oder andere Weggefährten tauchen zwar auf, bleiben aber funktional und ohne Tiefgang. So bleibt auch hier ein gemischter Eindruck zurück. Allerdings ist "Powerless – Die Flucht" aus meiner Sicht die gelungenere Hälfte der bisherigen Reihe – nicht, weil es origineller oder ausgefeilter wäre, sondern weil es sich auf das konzentriert, was wirklich funktioniert: emotionale Nähe, charaktergetriebene Konflikte und eine glaubwürdige Liebesdynamik. Zwar stagniert die Handlung etwas, das Worldbuilding bleibt löchrig, und an erzählerischer Tiefe mangelt es weiterhin, aber wer Lust auf eine intensive Enemies-to-Lovers-Romance mit guter Spannung, stimmungsvoller Inszenierung und Genre-Trope-Bingo hat, wird hier deutlich mehr Freude haben als in Band 1. Ich bleibe jedenfalls dran – vor allem, weil das Finale viel verspricht: Drama, Konflikt und hoffentlich ein paar Antworten auf die offenen Fragen dieser Welt.
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