Freitag, 18. Juli 2025

We Were Liars


Allgemeines

Titel: We Were Liars
Autorin: E. Lockhart
Verlag: Delacorte Press (29. Mai 2018)
Genre: Coming of Age Mystery
Seitenzahl: 320 Seiten
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Inhalt

Eine wohlhabende Familie. 
Ein Mädchen ohne Erinnerung an die letzten beiden Sommer.
Vier Jugendliche, deren Freundschaft in einer Katastrophe endet.
Ein Unfall. 
Ein schreckliches Geheimnis. 
Nichts als Lügen. 
Wahre Liebe. 
Die Wahrheit.


Bewertung

"We Were Liars" ist eines dieser Bücher, die lange Zeit ziemlich stark im Hype standen und die mich deshalb nie so wirklich interessiert haben - bis eine Serienadaption angekündigt wurde. Als Anfang Juli die Serie erschienen ist, wurde ich doch neugierig und habe kurzfristig beschlossen das Buch zu lesen. Allerdings hätte ich besser mal auf mein ursprüngliches Bauchgefühl gehört. Denn was auf den ersten Blick nach einer atmosphärisch dichten Mystery-Geschichte klingt, erwies sich für mich schnell als eher dünn erzählter Coming-of-Age-Roman mit wenigen Höhepunkten. 

Schon die Handlung an sich hat mich leider ziemlich ernüchtert, da der Plot beinahe nicht existent ist,  im im Wesentlichen aus banalem Reichtumsdrama besteht und sich beinahe vollkommen auf einen großen Twist verlässt. E. Lockharts Erzählung aus der Perspektive der jungen Cadence Sinclair ist in mehrere Teile geteilt. Zunächst lesen wir von Erinnerungen an die Kindheit und an die erste Hälfte des Sommers ´15, danach springt die Handlung zu einer älteren, traumatisierten Cadence im Sommer ´17, die an Migräne und Erinnerungslücken leidet, sich an den Rest des Sommers vor zwei Jahren nicht mehr erinnert und erst durch die Rückkehr auf die Insel langsam zusammenpuzzelt, was damals geschehen ist. Statt das Damals und das Jetzt spannend miteinander zu verweben, tauchen die Erinnerungsfetzen allerdings oft  willkürlich auf, ohne spürbare Dramaturgie oder klare innere Logik. So werden wichtige Erkenntnisse ziemlich wahllos in Alltägliches eingeflochten, weshalb die Handlung trotz eigentlich vorhandenem Spannungsbogen stellenweise ziemlich dahin plätscherte. 

"Can I hold your hand?" he asked. I put mine in his."The universe is seeming really huge right now," he told me. "I need something to hold on to."

Zu dem eher plätschernden Plot kommt hinzu, dass ich die "große Enthüllung", was im Sommer ´15 wirklich geschehen ist, leider nach 4 Kapiteln vorhergesehen habe. Nachdem mir direkt am Anfang einmal die spontane Idee kam, waren die Hinweise leider ÜBERALL und so offensichtlich, dass ich mehrmals das Buch gegen die Wand schlagen wollte. Ich habe die ganze Zeit darauf gehofft, dass ich mich irre oder das Buch doch noch einen clevereren Twist hat, aber leider lief es am Ende genau darauf hinaus, was ich mir schon von Beginn an gedacht hatte. Für eine Geschichte, die eigentlich nur von diesem Schockmoment der Enthüllung lebt, war das natürlich der Todesstoß, sodass für mich der zentrale Spannungseffekt verloren ging. 

"One day I looked at Gat, lying in the Clairmont hammock with a book, and he seemed, well, like he was mine. Like he was my particular person."

Auch der Schreibstil konnte mich leider nicht ganz abholen. Zwar gibt es auch viele tolle Momente und E. Lockhart versteht es durchaus, mit der Mischung aus Ferienidylle und dunklem Familiendrama, eine besondere Atmosphäre zu erzeugen. Auch die kurzen Märchen-Versionen, die auf symbolischer Ebene verdeutlichen, wie Cadence die richtige Geschichte aus ihren Erinnerungen zusammenzusetzen versucht, mir gut gefallen. Allerdings schlägt der Stil oft ins Überinszenierte um und liest sich durch den Übermaß an Stilmittel ein wenig affektiert. Kurze, abgehackte Sätze, dramatische Zeilenumbrüche und übertrieben metaphorische Bilder ziehen sich durch das gesamte Buch und lassen den Eindruck von Lila Prosa aufkommen. Vor allem die Beschreibung von Cadence’ Migräne-Attacken ist in ihrer Dramatik und Bildhaftigkeit so überhöht, dass man sie eher belächelt als mitfühlt. 

"What if we could somehow stop being the Beautiful Sinclair Family and just be a family? What if we could stop being different colors , different backgrounds, and just be in love?

Generell fällt es leider ziemlich schwer, dem "armen reichen Mädchen" ihre Probleme abzunehmen. Cadence ist als Ich-Erzählerin nur schwer zugänglich, da schon vor dem Ereignis im Sommer ´15 etwas Weinerliches, Aufmerksamkeitsheischendes in ihrer Erzählung mitschwingt, das sie angesichts ihrer privilegierten Herkunft nicht gerade sympathisch macht. Auch die anderen titelgebenden "Liars", ihre Cousins Mirren und Johnny sowie dessen bester Freund Gat, bleiben leider weitgehend flach und wirken mehr wie symbolhafte Platzhalter als wie echte Persönlichkeiten. Das fand ich in zweierlei Hinsicht beim Lesen etwas befremdlich. Zum einen hätte ich angesichts der Bezeichnung als "Lügner" und des dramatischen Klapptextes mit abgründigen Figuren, die in einer schlimm-toxischen Familie voll unterdrückter Gefühle rebellisch aufbegehren gerechnet. Doch angesichts dessen, wie später alles eskaliert, sind die Figuren ziemlich durchschnittlich, ihre Probleme flach und leider auch ihre Verbindung zueinander kaum greifbar. Statt rebellischer Jugendlicher mit echten Konflikten oder tiefer Freundschaft erleben wir vor allem privilegierte Langeweile zwischen Sonnenöl und Selbstmitleid. Zum anderen fand ich es ziemlich schade, da ihre enge Freundschaft und ihre tragische Geschichte eigentlich das emotionale Zentrum des Buches bilden sollten. So versucht sich das Buch als Coming-of-Age-Roman, scheitert aber an Tiefgang und Authentizität.

"We are liars. We are beautiful and privileged. We are cracked and broken."

Nur Gat ist der einzige vielschichtige und sympathische Charakter und wirkt als Figur wirklich durchdacht. Seine Außenseiterrolle als nicht-weißer Junge in einer reichen, weißen Familie ist glaubwürdig und bietet zumindest einen Anker für gesellschaftskritische Themen. Leider bleibt auch das eher angedeutet als konsequent ausgearbeitet - Themen wie Rassismus, Klassendistanz und Reichtum werden nur oberflächlich angerissen und finden in diesem stilisierten Drama keinen wirklichen Platz. Ob ich nach diesem ernüchternden Leseerlebnis noch in die kurze Serienadaption hineinschauen werde, weiß ich also noch nicht. Ich kann mir aber vorstellen, dass der blumige Stil, das sommerliche Setting und die verzettelte Erzählweise sich auf der Leinwand besser machen könnten als in Buchform. Auf die Sequels und Prequels werde ich aber ganz sicher verzichten!

Fazit

"We Were Liars" ist ein deutlich überinszeniertes Jugendbuch, das sich zu sehr auf seinen Schockmoment verlässt und dabei vergisst, eine spannende und authentische Geschichte zu erzählen. 


*keine WERBUNG, selbstgekauft*

Quelle Informationen: Amazon.de. Klapptexte und Zitate sind Eigentum des Verlags oder jeweiligen Rechtinhabers.

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