Das Cover ist eine typische LYX-Kreation: wunderschön gestaltet, jedoch nicht besonders aussagekräftig. Die an Berge oder Wellen erinnernde türkisblaue Formation mit den goldenen Konturen trennen den ansonsten weißen und mit Goldglitter gesprenkelten Hintergrund in zwei Teile, von denen sich der blaue Titel in Großbuchstaben abhebt. Das dynamische Hügelmuster wird sich auch über die Cover der anderen beiden Bänden, die nächstes Jahr erscheinen, fortsetzen und jeweils andere Farbakzente setzen. Auch wenn ich mir nicht sicher bin, was mir dieses Cover sagen will, finde ich es wahnsinnig hübsch. Ganz anders sieht es mit dem E-Book-Cover aus, welches das oberkörperfreie Männermodel des Originalcovers zeigt. Das wiederum weist genau die Richtung, in die sich die Geschichte bewegt, trifft aber nicht unbedingt meinen Geschmack. Positiv zu erwähnen ist aber die Triggerwarnung, die dem Buch vorangestellt ist und von der ich ein großer Fan bin. Meiner Einschätzung nach enthält die Geschichte aber nur äußerst wenig sensible Inhalte, sodass ich auch empfindlicheren Lesern den Roman empfehlen kann.
Erster Satz: "Was machst du hier drin?"
Inhaltlich gestaltet ist die Geschichte in 48 kurzen Kapiteln, die abwechselnd aus der Sicht von Royal und Demi erzählt werden. Zusätzlich erlauben ein schrittweiser Prolog und ein ausblickender Epilog einen Einblick in die Beziehung der beiden außerhalb der hier gewählten Erzählzeit von wenigen Wochen. Die ersten Eindrücke erhalten wir dabei durch den vorangestellten Rückblick auf die Beginne ihrer Beziehung in ihrer Kindheit. Im sehr süß gestalteten Prolog erfahren wir, wie sich Demi mit jedem Jahr mehr in den besten Freund ihres großen Bruders Derek verliebt: Royal, der als Pflegekind von Familie zu Familie weitergereicht wird, bei den Lockwoods in Rixton Falls jedoch ein konstantes Zuhause findet. Allen Widrigkeiten zum Trotz schaffen es die beiden, zueinander zu finden und teilen neben der ersten Liebe auch andere ersten Male, bevor Royal von einem Tag auf den anderen wortlos verschwindet und damit Demis Herz bricht. Leider war es nach dem einfühlsam erzählten Einstieg aber schnell wieder vorbei mit großen Gefühlen und wir springen ein paar Jahre in die Zukunft, wo Demi am Krankenbett ihres ins Koma verunglückten Verlobten Brooks über ihr Leben nachdenkt. Auch wenn sie jetzt Aussicht auf ein sicheres Leben mit einem Ehemann hat, der alles ist, was Royal nie war - verlässlich, vermögend und kultiviert -, hat sie ihre erste Liebe nie ganz überwunden. Als sie dann hinter immer mehr Geheimnisse kommt, die Brooks perfekte Fassade zum Einsturz bringen und auch noch Royal zurückkehrt, ist das Chaos perfekt...
Demi: "Die Wahrheit ist: Ich weiß nicht, wo er heute Nacht ist. Ich weiß nur... Ich liebe ihn immer noch. Und ich hasse ihn. Ich hasse ihn, ich hasse ihn, ich hasse ihn."
Auf der inhaltlichen Ebene ist die Geschichte erstaunlich solide und stringent erzählt. Vor dem Hintergrund Demis Jugendliebe beobachten wir, wie sie ihre Beziehung zu ihrem Verlobten reflektiert und gleichzeitig versucht, die Puzzlestücke aus ihrer Vergangenheit zu ordnen, die Royals Auftauchen in ihren Weg legen. Über die 352 Seiten hinweg behandelt "Rixton Falls - Secrets" eine Menge spannender Konflikte und erzählt dabei von verfahrenen Situationen, himmelschreienden Ungerechtigkeiten und familiärem Zusammenhalt. Zwar ist auch diese Handlung nicht unbedingt komplex und unvorhersehbar, dennoch hat mir das verschlungene Durcheinander gut gefallen, das Winter Renshaw hier konstruiert hat. Was mir aber definitiv gefehlt hat: EMOTIONEN! Leider konnte die Geschichte für mich nicht viel mehr als das jugendliche Knistern des Prologes fühlbar vermitteln und so haben mich Handlung und Figuren emotional leider gar nicht abgeholt.
Royal: "Ich werde für den Rest ihres Lebens jeden Tag an ihrer Seite sein und alles wiedergutmachen. Indem ich der Mann bin, den sie verdient - der, der nie mehr gehen wird. Dieses Mal. Dieses Mal bin ich hier, um zu bleiben."
Woran das liegt, weiß ich auch nach längerem Nachdenken noch nicht, ich habe aber auch schon gelesen, dass es mehreren anderen Lesern genauso ging. An Winter Renshaws Schreibstil ist nämlich grundsätzlich nichts auszusetzen. Die Geschichte ist flüssig zu lesen und auch wenn einige Dinge zu Beginn übersprungen werden, konzentrieren wir uns intensiv auf die Zeit, in der Brooks im Koma liegt und Royal zurückkehrt. Was mich jedoch gestört hat, sind die vielen Wiederholungen, die dafür sorgen, dass es trotz des geringen Umfangs des Buches ein paar Längen im Mittelteil auftauchen. Zuerst legt die Autorin bei der Wiedervereinigung der beiden ein irrsinniges Tempo vor, bevor sie dasselbe Schema "jetzt erzähle mir doch endlich die Wahrheit - Nein, du bist noch nicht bereit dafür - Okay, dann lass uns Sex haben" ungefähr 1000 Mal wiederholt und wir einfach nicht vom Fleck kommen. Auch die Übersetzung holperte an einigen Stellen, die mich etwas verwirrt hatten. Zum Beispiel heißt es, dass Demi Kindergärtnerin ist, dann aber wieder dass sie eine Klasse unterrichtet und an der Grundschule arbeitet? Ja ich weiß, das amerikanische System lässt sich nicht 1:1 auf unseres übertragen, aber das war mir dann doch zu verwirrend.
Demi: "Ich lächle. Was zur Hölle? Nein. Nein, nein, nein. Ich sollte ihn doch eher anschreien. Mit dem Fuß aufstampfen. Seinen Namen verfluchen. Mit den Fäusten an seine Brust trommeln und ihn dann in die Wüste schicken. Und hier stehe ich, grinse wie ein liebeskranker Teenager und lasse zu, dass sich der Highschool-Quarterback wieder in mein Leben einschleicht."
Ein weiterer möglicher Grund für die emotionale Oberflächlichkeit neben den Wiederholungen und der Übersetzung sind die Figurencharakterisierungen an sich. Die Nebencharaktere, die gerne mal auftauchen und dann nicht mehr vorkommen sind leider nicht der Rede wert. Doch auch Royal und Demi waren mir beide ein bisschen suspekt - nicht unbedingt unsympathisch, sondern einfach als Figuren schwer greifbar. Gerade Demis Verhalten sowohl in der Vergangenheit als auch in der Zukunft ist extrem widersprüchlich und hat sich mir nicht ganz erklärt. Klar, sie ist verwirrt, weil sie auf der einen Seite wütend auf Royal ist und ihn auf der anderen Seite immer noch liebt - aber dass sie sich sofort wieder für ihn öffnet, mit ihm ins Bett steigt und hinnimmt, dass er ihr nichts erzählt...? Das war für mich schon etwas blauäugig und nicht mit der Frau vereinbar, die wir zuvor kennengelernt hatten.
Demi: "All die Jahre hatte ich ihn mir als eine Art idyllische Fantasie ausgemalt. Er stand für Jugend, sorglose Sommer und für Verliebtheit, die einen schlaflos macht. Für glücklich bis ans Lebensende und alles, wovon kleine Mädchen träumen. Er war eine kühle Brise an einem heißen Tag. Elektrisierende Küsse und schelmische erste Male. Eine Sucht, die ich nicht loswerden konnte. Und immer noch nicht kann."
Auch Royals war nicht wirklich konsequent charakterisiert und mit seiner Demi-Besessenheit ein wenig nervig. Sowohl in den Abschnitten aus seiner Perspektive, als auch in den Dialogen aus Demis Sicht wird klar, dass die gottgleiche, wunderschöne Demi auf einem riesengroßen Podest steht. Dass er ihr auf jeder zweiten Seite sagt, wie sehr er sie liebt hilft auch nicht unbedingt dabei, die Gefühle zwischen den beiden nachzuvollziehen, die wir einfach vorgesetzt bekommen, ohne zu sehen, wie sie sich entwickeln. An Sympathiewerten eingebüßt hat er bei mir zusätzlich durch sein verbohrtes Verhalten gegenüber seiner Schwester und den sehr abfälligen Gedanken, die er für Pandora hegt, die er immerhin eine Weile benutzt hat, um Spaß zu haben. Ein wenig mehr Respekt wäre da meiner Meinung nach schon angebracht gewesen, auch wenn auch die oft nervt. Das in Kombination mit Royals langzeitiger Stalking-Aktion vor seinem offiziellen Wiedersehen mit Demi ließ die Beziehung ein bisschen seltsam erscheinen. Ich fand ihn nicht direkt gruselig (dafür war von Anfang an zu offensichtlich, dass er der Love Interest der Geschichte und somit unschuldig ist), aber ein komischer Beigeschmack blieb dennoch.
Royal: "Zu Hause. Bei Demi zu sein fühlt sich an wie zu Hause."
Das Ende an sich war dann vor allem eines: schnell, einfach und vorhersehbar. Alle zuvor mühsam aufgebauten Konflikte und Probleme sind in wenigen Seiten vom Tisch, bevor die Autorin ihre ganze Story im Epilog in pinkfarbenen Zuckerguss taucht. Daraus hätte man definitiv mehr machen können!
Fazit:
Auch wenn Winter Renshaw ihre Geschichte solide, stringent und flüssig erzählt, fehlte mir vor allem eines: die Gefühle! Leider konnten mich Atmosphäre, Figuren und Erzählstil nicht so packen, wie ich gehofft hatte und so verbleibt der bittersüße Nachgeschmack, dass hier mehr drin gewesen wäre.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Ich freue mich, wenn Du einen Kommentar dalässt.
Egal ob Kritik, Verbesserungsvorschläge, Lob, Anmerkungen, Fragen oder eigene Meinung - das ist der richtige Ort dafür ;-)