Auf der Suche nach einer witzigen Serie für Zwischendurch, bin ich auf die Netflix Produktion „Sex Education“ aus dem Frühjahr 2018 gestoßen, die mich sofort mit ihrer absurden Handlung und der wunderbaren Mischung aus humorvoller Leichtigkeit und authentischer Ernsthaftigkeit in den Bann zog. Regie führten Ben Taylor und Kate Herron nach dem Drehbuch und der Idee von Laurie Nunn. Mittlerweile sind drei Staffeln mit jeweils 8 Folgen der Serie erschienen.
Darum geht´s:
Otis Mutter Jean ist Sextherapeutin. Obwohl das dem Teenager eigentlich einen Vorsprung in Sachen Körperlichkeit verschaffen sollte, kämpft er mit umso größeren Komplexen. Als in Moordale das neue Schuljahr beginnt, hat sich das Leben der Jugendlichen über den Sommer verändert. Sie scheinen erwachsen geworden zu sein – oder tun zumindest so als ob. Eric, Otis bester Freund, prophezeit ein ereignisreiches Jahr und behält recht. Das sexuelle Erwachen bereitet den Unerfahrenen einige Probleme. Auf Vorschlag, der als “Schulschlampe” verschrienen Maeve, beschließt Otis sein Zuhause aufgeschnapptes Wissen als Ratgeber an seine Altersgenossen weiterzugeben. Gegen entsprechendes Entgelt selbstverständlich. Damit beginnt aber erst der Kampf der Schülerschaft mit den neuen Gefühlen und auch Otis selbst muss lernen, sich seiner eigenen Sexualität zu stellen...
Darum sollte ich mir die Serie ansehen:
Kennt ihr diese Bücher, Serien und Filme, die über Tabuthemen sprechen wollen, dabei aber durch etliche peinliche Situationen einfach nur zum Fremdschämen sind? Die neue Netflix Serie greift zwar auch etliche Tabuthemen auf, verpackt sie aber so herrlich unverklemmt und ehrlich, dass man amüsiert zusehen kann, ohne am liebsten im Boden zu versinken. Die Irrungen und Wirrungen der Pubertät werden hier facettenreich und unverstellt durch authentische Charaktere dargestellt und alltägliche Probleme und Dramen durch schräge Situationskomik auf den Punkt gebracht.
Dabei gelingt der Serie eine wunderbare Mischung von Leichtigkeit und authentischer Ernsthaftigkeit. So locker und direkt die Witze erscheinen, so subtil und gedankenvoll sind die tieferen Konflikte, die unterschwellig durch die Komödie durchscheinen. Egal ob Außenseitertum, Erwartungsdruck, Homosexualität, Loslösen von den Eltern, Loslassen, Eltern-Kind-Konflikt oder Vorurteile - immer wieder durchziehen ernsthaftere Töne den ulkigen Klamauk und regen zum Nachdenken an.
Leider kommt der Beginn nicht ohne die typischen Klischees aus und die mit Handlung vollgepackten 8 Folgen der ersten Staffel läuft auch mal aus dem Ruder. Wunderbar ist aber, dass die stereotypisch aufgebauten Figuren sich langsam zu ambivalenten Persönlichkeiten entwickeln und die Bilder, die wir uns von ihnen gemacht haben, abwerfen. Das Bad Girl Maeve zeigt Intelligenz und Feingefühl, der jungfräuliche Außenseiter Otis (Asa Butterfield) entdeckt eine Begabung für Sextherapie, der dämliche aber gutbestückte Adam lässt Abgründe erkennen, der schwule Eric (Ncuti Gatwa) wächst über sich hinaus und der sportliche Jackson leidet an Angstzuständen. Zudem ist noch zu bemerken, dass der Cast sehr divers ausgesucht wurde. Mein absolutes Highlight war jedoch mit Abstand Maeve Wiley (Emma Mackey), die nicht viel Glück hatte im Leben, die jedoch viel mit dem wenigen anfangen kann, das sie besitzt. Wie sie immer wieder neue Hürden meistert und ein brillanter, sensibler Charakter hinter ihrem schwarzen Humor, ihrer punkigen Kleidung und der üblen Gerüchte zum Vorschein kommt, ist wunderbar mitanzusehen.
Ergänzungen zur Staffel 2: Im Januar 2020 ging die unterhaltsame Serie weiter. Da ich die Staffel 2 erst nach dem Schreiben dieser Serienempfehlung gesehen habe, folgen hier noch einige Ergänzungen: Auch in der zweiten Staffel kommen wieder etliche Probleme und Peinlichkeiten auf uns zu - nur dass sich unser Kreis an bekannten und geliebten Protagonisten fast verdoppelt hat. Wunderbar ist dabei, dass die anfangs auf Klischees aufgebauten Protagonisten sich immer mehr zu ambivalenten, authentischen Persönlichkeiten entwickeln und langsam die Bilder, die wir uns von ihnen gemacht haben, abwerfen. Maeve erkämpft sich langsam Seriosität, Verantwortung und eine eigene Zukunft. Otis überwindet endlich seine Komplexe und versucht zu ergründen, was für eine Art von Mann er wirklich sein will. Eric lebt endlich aus, wer er ist und muss sich plötzlich sogar zwischen zwei Typen entscheiden. In Adams Leben geht es leider immer noch bergab, doch als er versucht, herauszufinden, was er wirklich gut kann, tut sich eine neue Perspektive auf. Der sportliche Weiberheld Jackson orientiert sich vollkommen neu und entdeckt ein Faible für Theater sowie den Wert von wahrer Freundschaft. Die freigeistige Jean findet zum ersten Mal heraus, wie sich ein gebrochenes Herz anfühlt und dass man mit reiner Anziehungskraft nicht alles erklären kann. Der verbohrte Rektor Mr. Groth wird von seiner Frau zum Umdenken gezwungen. Die nerdige Lily und die selbstbewusste Ola müssen ihre sexuelle Orientierung überdenken und Amee macht eine schreckliche Erfahrung im Schulbus.
Es ist einfach wundervoll, wie die Serie ihre Protagonisten nicht zu einfachen Gags verkommen lässt sondern einen großen Wert auf deren Entwicklung legt. In der zweiten Staffel nehmen tragische und ernste Momente, die immer wieder Tiefgründigkeit durchscheinen lassen, mehr zu, der lockere, witzige Erzählton geht aber nicht verloren. Leider wird der Fokus auf Otis durch die vielen einzelnen Handlungssträngen ein wenig verlagert und auch dass die Erwachsenen wie Jean oder die Groths eine stärkere Stimme bekommen, verändert die Serie sehr, doch dies wird durch die tolle Vielfalt an neuen Personen, die wir dadurch kennenlernen wieder wett gemacht.
Ergänzung zu Staffel 3: Seit September 2021 hat "Sex Education" nun auch eine dritte Staffel und eine vierte ist auch schon in Planung. Nachdem sich Maeve und Otis wegen eines Missverständnisses am Ende der zweiten Staffel verkracht haben, haben sie ihre "Sex Education", mit der sie den Schülern und Schülerinnen der Moordale Highschool geholfen haben, eingestellt. Nichtsdestotrotz hat die Schule dank des freizügigen Musicals den Ruf als "Sexschule" weg. In Staffel 3 steht die Schule nun deshalb nach einem kurzen Zeitsprung unter einer neuen Leitung, die strenge neue Regeln aufstellt, was zu neuen Konflikten rund um Gehorsam, Rebellion und Zusammenhalt geht. Viele der Figuren sind unterdessen in Staffel 3 in festen Beziehungen, was ebenfalls zu einer Verlagerung der Themen führt. Während Eric und Adam sich mit Adams Coming Out beschäftigen, Maeve findet Trost bei ihrem Nachbarn Isaac, während Otis mit Ruby zusammen ist. Auch wenn klar ist, dass Maeve und Otis langfristig zusammen kommen müssen, werden den beiden also auch hier wieder einige Steine in den Weg gelegt. Das Ende kommt nach 8 Folgen dann wieder mit einigen Überraschungen daher und lässt vieles offen, was sich in der vierten Staffel noch ergeben muss.
Fazit
Diese Serie verrennt sich zwar ab und zu in Klischees, verarbeitet dabei aber herrlich unverklemmt, offenherzig, divers und witzig die Themen Sex, Pubertät und Identität, sodass man einfach zum Bingen übergehen muss.
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