Dienstag, 16. September 2025

Kurzrezension: Das Pen!smuseum


Die Fakten

Titel: Das Pen!smuseum
Autorinnen: Mareike Fallwickl und Eva Reisinger
Verlag: Leykam (02. September 2025) 
Genre: Kurgeschichtensammlung
Seitenzahl: 216 Seiten
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Der Inhalt


Wütend, unberechenbar und ungezähmt – die Frauenfiguren von Mareike Fallwickl und Eva Reisinger haben genug. Sie lassen sich nichts mehr gefallen, verhalten sich anders, als die Gesellschaft es von ihnen erwartet, sie leben anders, lieben anders, hassen anders. Sie wollen nicht funktionieren müssen, sie sind skrupellos und dabei bestechend originell. Während Anna hochschwanger fremdgeht, fotografiert Sabine heimlich den schlaffen Penis ihres Mannes. Gabi rührt ihren One-Night-Stands morgens Salz in den Kaffee und die Chefin gewöhnt sich ihr Dauerlächeln mit einer Botoxbehandlung ab.


Meine Eindrücke

Mareike Fallwickls und Eva Reisingers brandneues Buch "Das Pen!smuseum" erzählt in 20 Kapiteln Geschichten von Frauen in verschiedenen Lebenslagen und -situationen. Die Themen, die dabei verhandelt werden, sind vielfältig: reproduktive Rechte, Mutterschaft, Dating, Sexualität, Körperbilder, Schönheitsideale, sexualisierte Gewalt, Care-Arbeit, alltägliche Ungerechtigkeiten – und natürlich das titelgebende männliche Geschlechtsorgan. Die einzelnen Kurzgeschichten können wunderbar für sich stehen, sind aber lose miteinander verbunden – durch Freundschaften, zufällige Begegnungen und Inspirationen. So entsteht das Bild eines Netzes, in dem weibliche Solidarität wirkt und weitergegeben wird, in dem Freundschaft und Verbundenheit unter Frauen als Gegenkräfte zum Patriarchat sichtbar werden. Ein Funke genügt, und plötzlich ist das System nicht mehr so stabil, wie es scheint, plötzlich ist eine Welt vorstellbar, in der ein Penis einfach neutraler Körperteil ist und kein Mittel zur Gewaltausübung, der Machtdemonstration oder Grund für mehr Gehalt und Freizeit.

Die beiden österreichischen Autorinnen sowie die Jovana Reisinger und Sophia Süßmilch in Gastbeiträgen erzählen all das in einem Stil, der zugleich leichtfüßig und scharf ist und genussvoll mit Tabus bricht. Egal ob als Prosa, in Theaterform, als Liste oder Whatsapp-Chat - die Texte sind durchweg kurzweilig, voller lehrreicher Momente, gespickt mit schwarzem Humor und böse-provokanten Wendungen. Nicht jede Geschichte trifft dabei das richtige Maß – manche wirken überzeichnet, fast zu sehr auf Effekt geschrieben. Anderen wiederum fehlt etwas Pepp. Die aller meisten Texte entfalten jedoch eine befreiende Wucht, eine literarische Form von „Female Rage“, die sich beim Lesen durchaus kathartisch anfühlt (zum Beispiel meine Lieblingsgeschichte "Was machst du schon wieder für ein Theater"). Übertreibungen und Rachefantasien mögen die Welt nicht zum Positiven verändern, aber sie halten den Spiele vor, können den Kopf frei machen und lesen sich ausgesprochen befriedigend. Mit weiblicher Macht, Völlerei, dem Überbordwerfen von Tugend, Anstand und Schönheitsidealen und dem Brechen mit jeglicher Grenze, die die Gesellschaft uns Frauen auferlegt, fasst das Buch alles zusammen, was Misogynisten am Feminismus verachten. Damit dürfte "Das Pen!smuseum" den ewig Gestrigen ein willkommenes Feindbild liefern. 

Eine besondere Empfehlung verdient auch das Hörbuch: Die beiden Autorinnen lesen ihre Texte selbst ein und geben ihnen durch den charmanten wienerischen Dialekteinschlag zusätzliche Lebendigkeit. So verstärkt sich die Mischung aus Ernsthaftigkeit und ironischem Unterton, die das Buch auszeichnet. Allerdings bleibt ein blinder Fleck zurück, den zurecht viele Stimmen bereits kurz vor und nach dem Erscheinen des Buches kritisiert haben. So vielfältig Weiblichkeit in den Geschichten gezeichnet wird, so klar schimmert das binäre Denken durch. Die Gleichsetzung von „Penis = Mann = Problem“ mag in den erzählten Kontexten satirisch zugespitzt sein, blendet aber Dimensionen von Genderquerness vollständig aus. Trotz dass nach dem Aufschrei, ein Gastauftrag von Getraud Klemm gestrichen wurde, der Transfeindlichkeit nachgesagt wird, kann man hier also keine intersektionale oder queere Perspektive erwarten.

Fazit

Trotz seiner blinden Flecken ist "Das Pen!smuseum" ein starkes, originelles und im besten Sinne provozierendes Buch. Böse, lustig und manchmal überzogen, entfaltet es eine befreiende Wucht, die natürlich nicht als Anleitung tauglich, aber als gedanklicher Befreiungsschlag kraftvoll zu lesen ist.


*keine WERBUNG,  gehört über Bookbeat*

Quelle Informationen: Goodreads.de. Klapptexte und Zitate sind Eigentum des Verlags oder jeweiligen Rechtinhabers.

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