Sonntag, 24. November 2019

Serienempfehlung: Grimm



"Grimm" ist eine US-amerikanische Fernsehserie mit sechs Staffeln, die von 2011 bis 2017 auf NBC ausgestrahlt wurde und jetzt auf Netflix zur Verfügung steht. Ich habe mit dieser Serie angefangen als ich nach "Game of Thrones" einen richtigen Serien-Hangover hatte und diese unterhaltsame, vielseitige Serie hat mich gut darüber hinweggetröstet. 

Darum geht´s:

Detective Nick Burkhard ist plötzlich in der Lage, in einigen Mitmenschen Kreaturen zu erkennen, die er bisher nur aus Märchenerzählungen zu kennen glaubte. Nachdem seine Tante Marie ihn besucht und kurz darauf von einem ihm unbekannten Wesen attackiert und verletzt wird, wird Nick bewusst, dass er ein mystisches Erbe in sich trägt.


Weshalb sollte ich mir die Serie ansehen?


Gleich zu Beginn muss ich zugeben, dass diese Serie einige ernstzunehmende Schwächen hat und ich deshalb Rezensionen, die vor allem den Anfang verurteilen, verstehen kann. Wer sich gerne schnell von einer Serie mitreißen lässt und in den ersten Folgen überzeugt werden will, wird in "Grimm" keine Erfüllung finden, wer jedoch ein wenig mehr Zeit mitbringt und auf liebevoll gestaltete Charaktere und einen konsequenten roten Faden Wert legt, für den lohnt es sich dranzubleiben. 

Ich gehöre definitiv zu letzterer Gruppe, weshalb mich diese Serie trotz Anfangsschwierigkeiten fesseln konnte. Die Handlung kommt zuerst etwas schleppend in Gang, da wir mit Nick zusammen langsam in die Welt der Wesen eingeführt werden. Dafür setzen die Macher auf typische "Monster of the Week"-Episoden, also Folgen, in denen je ein neues Wesen in Verbindung mit einem Kriminalfall abgehandelt wird, die ein recht abgeschlossenes Ende haben und die keinen größeren Zusammenhang erkennen lassen. Das hat zum einen zur Folge, dass wir gemächlich in die Fantasy-Welt eingeführt werden, die Charaktere kennenlernen und uns einen generellen Überblick verschaffen können. Zum anderen führt der immergleiche Aufbau der Folgen zu Beginn dazu, dass die Geschichte leicht vorhersehbar und eindimensional wirkt. 

Spätestens ab der Hälfte der ersten Staffel und im weiteren Verlauf der Serie, ändert sich das jedoch und es steht mit Nicks Hintergrundgeschichte und einem immer dichteren Netz aus Intrigen und Beziehungen der rote Faden der Geschichte mehr im Mittelpunkt. Sieben Königsfamilien, geheimnisvolle Sensenmänner, verborgene Geheimordnen, gefährliche Gangs, tödliche Killerriegen und Gefahren aus der Vergangenheit bringen Schwung und Abwechslung und werfen das gewohnte Bild durcheinander. Nun werden wir mit unerwarteten Wendungen, einfallsreichen Kriminalfällen und einer immer komplexeren und verschachtelten Handlung bei der Stange gehalten. Spannung und Suchtwirkung der Serie entwickeln sich hier also eher schleichend, sind dafür aber auch besonders heftig - wenn einen der Sog der Geschichte einmal erwischt hat, lässt er einen nicht mehr gehen... ;-)

Aber Achtung: wer auf märchenhafte, harmlose Unterhaltung hofft, ist auf dem Holzweg. Stattdessen haben wir es hier mit einem Gruselmärchen zu tun. Angenehm gruselig, bisweilen aber auch mal blutig und ab und zu mit Horror-Film-Szenarien und Splatter-Optik ist es definitiv nichts für Kinder auch wenn FSK 12 etwas anderes vermuten lässt. Es gibt hier (leider) relativ wenige Beziehungen zu den wirklichen Grimm-Märchen wie wir sie kennen. Die kurzen Ausschnitte aus bekannten Märchen, die jeder Folge vorangestellt sind, werden bloß als Inspiration und Ausgangspunkt verwendet, die Fantasy-Welt entwickelt sich aber unabhängig von den typischen Märchen und beerbt mit ihren Ideen eher die typischen Fantasy/Mystik-Serien der letzten Jahre als die Konzepte der Märchenbrüder. So haben wir es hier mit einem bisschen Fantasy, einem Schuss Thriller, Krimi-Zügen, und teilweise auch romantischem Märchen-Flair zu tun - ein stimmiger Mix, der sich zu einem runden Sehvergnügen vermischt. 


Was diese Serie jedoch von vielen anderen desselben Formats abhebt sind der Sarkasmus und der Humor, die hier immer mitschwingen. Die Geschichte und die Protagonisten scheinen sich an etlichen Stellen der Geschichte selbst nicht immer ganz ernst zunehmen, was das Sehvergnügen deutlich auflockert. Die Macher spielen hier mit ihren Figuren und amüsieren uns mit etlichen skurrilen Situationen. Leider ist die Serie an manchen Ecken auch ein wenig unfreiwillig komisch. Wer auch nur mal in die englische Originalversion hineingeschaut hat, wird genau wissen, was ich meine. Vielleicht hat sich auch der ein oder andere deutsche Zuschauer schon gefragt, was es mit den seltsamen Wesennamen wie Blutbader, Nagersteine, Tugendschafe und Co auf sich hat und es auf eine gewöhnungsbedürftige Übersetzung aus dem Englischen geschoben. 


In Wahrheit verhält es sich jedoch genau anders herum: da die Gebrüder Grimm aus dem Schwarzwald in Deutschland kamen, hatten die Macher die glorreiche Idee, deutsche Bezeichnungen für die Wesen zu etablieren. Dabei können aber keine Profis am Werk gewesen sein, denn das Ergebnis dieses phänomenalen Einfalls sind teilweise absurd zusammengereimte halb-deutsche Bezeichnungen, die mit amerikanischem Akzent ausgesprochen für allerlei Belustigung sorgen. So gibt es im Original zum Beispiel "Verrats" (anstatt "Verräter", in der deutschen Synchronisation zu "Warane" gemacht), "Blutbaden" (in der deutschen Synchronisation immerhin "Blutbader"), "Fuchsbau" (in der deutschen Synchronisation immerhin "Fuchsteufel") und mein absoluter Lieblingsfail: "Mellischwuler" (in der deutschen Synchronisation: "Bienenkönigin) als ganz mieser Übersetzungsfehler von "Queen" als "homosexuell". Ebenfalls sehr witzig ist die Grammatik in den deutschen Aufzeichnungen seiner Vorfahren, in denen Nick Informationen zu den Wesen nachschlägt. Die Deutsch-Qualitäten der Macher ging also nicht über Google-Übersetzer hinaus - auf der einen Seite ist das unfassbar traurig für eine so erfolgreiche Serie, auf der anderen Seite hat das einen hohen Unterhaltungsfaktor für das deutsche Publikum. 


Als weiteren Mangel in der Produktion könnte man die relativ unspektakuläre Animation der sogenannten "Aufwallung" anführen. Die Art wie die Veränderung der Menschen in Wesen dargestellt ist, ist gerade in der ersten Staffel nicht auf dem Niveau, das man sich bei einer Fantasy-Serie wünscht und das durch die heutigen technischen Mittel möglich wäre. Auch die Animationen und die Maske werden aber im Verlauf der Serie um Welten besser!

Was für fast alle Unzulänglichkeiten der Serie entschuldigt sind die sympathischen Helden, bei denen hier mehr Wert auf Tiefe und Qualität als auf Quantität und schnelles Ableben gelegt wird. Nach "Game of Thrones" war es mal eine nette Abwechslung, dass der Grundstamm der Protagonisten über den Großteil der Serie erhalten bleibt und dadurch viel Zeit hat, sich weiterzuentwickeln und wir nicht dauerhaft um das Leben der liebgewonnenen Figuren bangen müssen. Nick (David Giuntoli) ist dabei natürlich die absolute Hauptperson und als Grimm und Polizist gleichzeitig Märchen- und Alltagsheld. Begleitet auf seiner spannenden Reise durch die Welt der Wesen und des Verbrechens wird er von seinem aufrichtigen und mitfühlenden Polizeikollegen Hank (Russell Hornsby) und vom Blutbader Monroe, der ihm bei der fantastischen Seite seiner Ermittlungen zur Seite steht. Letzterer ist mein absolute Favorit und der eigentliche Grund, warum die Serie so liebenswert witzig ist. In Silas Weir Mitchell, den wir schon aus "Prison Break" (1. Staffel) kennen, findet der "vegetarisch"-lebende Blutbader mit dem Faible für Cello, Pilatesübungen, alte Uhren und seinen VW-Käfer seine absolute Idealbesetzung. Auch die vielen Nebencharaktere, die hier ihren Auftritt haben sind allesamt wunderbar gecastet und werden mit originellen Ideen bunt inszeniert.

Alles in allem ist "Grimm" also eine spannende Mischung aus Fantasy, Thriller, Krimi und romantischem Märchen-Flair, welche am Anfang ein wenig Zeit braucht, den roten Faden zu finden, bei der sich das Dranbleiben aber vor allem wegen der liebevoll gestalteten Charaktere lohnt!


Schaut doch mal rein:


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