Dienstag, 5. November 2019

Kurzrezension: Elite


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Die Fakten:

Titel: Elite - Die Welt gehört euch nicht
Autor: Brendan Kiely
Genre: Jugendbuch
Verlag: Bastei Lübbe (29. April 2019)
Seitenzahl: 384 Seiten

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Der Inhalt:

Dafür steht die altehrwürdige Fullbrook Academy. James Baxter stammt aus bescheidenen Verhältnissen und verdankt seinen Platz an der Highschool einem Eishockey-Stipendium. Er ist ein Außenseiter in dieser Welt der Privilegierten. Ebenso wie Jules Devereux, die an der ganzen Schule als Rebellin bekannt ist und seit Jahren gegen überholte Traditionen, den alltäglichen Sexismus und jede Form von Diskriminierung kämpft. Als eine Party aus dem Ruder läuft, erheben James und Jules ihre Stimmen und stellen sich gegen die Macht der Elite.


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Die Eindrücke:

Handlung: Die Handlungsebene geht durch die Vielzahl der angesprochenen Themen etwas unter. Es geht um Mobbing, Traditionen, Außenseitertum, Erwachsenwerden, Feminismus, Homosexualität Sexismus, Gewalt und die Schwierigkeit, seine eigene Stimme zu finden. Diese Themen werden durch die unterschiedlichen Protagonisten mit ihren verschiedenen Lebenssituationen zur Sprache gebracht aber durch die relativ breite Darstellung nur kurz angerissen und erscheinen so etwas oberflächlich und überhetzt. Neben der fehlenden Tiefe leidet die Spannung trotz der wenigen Seiten auch unter vielen Wiederholungen, Zeitsprüngen und mittelmäßiger Szenengestaltung. Meiner Meinung nach wäre hier mal wieder "weniger" "mehr" gewesen. Vor allem gegen Ende geht alles sehr schnell und die eigentlichen Entwicklungen der Personen und ihrer Beziehungen kommen zu kurz.

Schreibstil: Wenn Brendan Kielys Schreibstil eins ist dann originell. Das ist auf der einen Seite natürlich eine Bereicherung für die Geschichte auf der anderen Seite fielen mir immer wieder äußerst seltsame und ungebräuchliche Formulierungen auf. Ob das nun der Übersetzung zuzuschreiben ist oder der Autor hier bewusst auf unkonventionelle Veranschaulichungen und schräge Dialoge gesetzt hat, bleibt unklar. Fest steht, dass der Autor versucht, den Geist der Jugend, die Sprache von Teenagern und die Probleme und Gedanke von Pubertierenden einzufangen, sich dabei aber immer wider in skurrilen Klischees verläuft, denen selbst der jugendliche Leser nicht ganz folgen kann. Somit würde ich trotz der Ich-Perspektive die Erzählweise als eher distanziert und kühl beschreiben.

James Baxter: "Die meisten Menschen bekommen keine zweite Chance. Ich wusste nicht so recht, ob ich eine verdiente. Ich wusste nicht einmal, ob ich eine wollte. Ich bekam sie aber: Fullbrook Academy. Das hier habe ich daraus gemacht."

Jules Devereux: "Ich habe mal gehört, dass ein anderes Mädchen es so formuliert hat: Es ist eine Jungenschule, die auch Mädchen aufnimmt. Sie haben uns in Fullbrook aufgefordert, bereut zu sein, es mit der Welt aufzunehmen, aber wir hätten das gefälligst leise tun sollen. Was wenn ich laut sein wollte? Was wenn ich laut sein musste?"

Charaktere: Die Protagonisten haben mich genau wie die grundlegenden Thematiken der Geschichte an "The Perks of Beeing a Wallflower" (deutsch: "Vielleicht lieber morgen") von Stephen Chbosky erinnert. Das ist keineswegs ein Kritikpunkt da ich diese Geschichte liebe und die besonderen, schrägen Außenseiter eine wundervolle Abwechslung zum Jugendbuch-Mainstream-Held darstellen. Leider nerven sowohl Jules als auch James immer wieder mit gewöhnungsbedürftigen Übersprunghandlungen und sind daher nur teilweise authentisch.


Die Zitate:


"Gerüchte werden zu Geschichten. Geschichten werden zu Wahrheit. Und wir richten unser Leben nach den Lügen aus, die wir glauben - zumindest so lange bis die eigentliche Realität überwältigend wird. Und was dann?"

"Dann schloss ich alle drei fest in die Arme und drückte sie an mich. "Ändert euch nicht", sagte Jules zu jedem von uns. "Ändert euch bitte nicht. Das hier ist alles." Sie schwieg einen Moment und gähnte. "Und es ist alles, was ich habe."
"Ich auch", sagte ich."

"Sie stand im Halbprofil, und die Lampe neben der Haustür warf ein weiches Licht auf ihr Gesicht. Sie lächelte, und ich schwöre, dass es kein niedliches Lächeln war, kein hübsches, kein kokettes, nein, es war lediglich ein tapferes, und dieses Lächeln wippte in meinem Inneresten hin und her wie eine Boje."

"Ich ritze so lange in der grauen Rinde herum, bis das Wort aus dem weichen Braun im Inneren des Baumes glühte, als würde dieser selbst sprechen. "Nein". Als sagte er es zu mir und erinnerte mich daran, dass ich es gesagt und gemeint hatte und dass ich es wieder sagen konnte und vermutlich auch wieder sagen musste. So viele andere auch."

"Sie konnten mir sehr vieles wegnehmen, aber nicht alles. Was noch von mir übrig war, hatte Kraft, und das Ich, das ich werden konnte und werden würde, konnten sie nicht aufhalten - sie hatten etwas zerstört, doch ich würde mich aus den Trümmern herausarbeiten und erheben und wieder erblühen, wild und frei."


Das Fazit:

"Elite" ist ein wichtiger, interessanter Roman, der bewusst anders sein will, bei dem es aber an der Umsetzung der Themen etwas hapert. Die schrägen Protagonisten sind ein Tick zu unauthentisch, die breite Themenpalette ein wenig zu oberflächlich und der originelle Schreibstil verwirrt an einigen Stellen. Dennoch lesenswert für alle, die auch mal abseits des Mainstreams lesen wollen.


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Vielen Dank an den Verlag für das Rezensionsexemplar, was meine ehrliche Meinung jedoch nicht beeinflusst hat. 
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