Samstag, 5. Februar 2022

Serienempfehlung: Jane The Virgin

Gegen Ende des letzten Jahres neuentdeckt habe ich die US-amerikanische Dramedy-Fernsehserie "Jane the Virgin". Besonders neu ist die 2014 bis 2019 erstmals ausgestrahlte Serie, die nun auf Netflix zu sehen ist, zwar nicht, ich wurde vom etwas überzogen scheinenden Plot nur einfach nie angesprochen. Da mir mitten im Onlinesemester dann nach einer unterhaltsamen Serie für Zwischendurch war, habe ich der Story dann aber doch eine Chance gegeben und mich schockverliebt in den Humor, die Erzählart und die Figuren dieser lose auf der Telenovela Juana la virgen von Perla Farías basierenden Geschichte. Zum Glück hat die Serie mit 5 Staffeln und insgesamt 100 erschienenen Folgen einen ordentlichen Umfang, sodass sie mich noch ein Weilchen begleiten wird. 

Darum geht´s:

Das Leben der 23-jährigen Studentin Jane (Gina Rodriguez) ist klar geplant: ihren Abschluss als Lehrerin schaffen, ein eigenes Buch schreiben und Jungfrau bleiben, bis sie ihren Traummann geheiratet hat. Letzteres hat sie ihrer streng katholischen Abuela (Ivonne Coll) versprochen, sie möchte aber auch die Fehler ihrer Mutter Xiomara (Andrea Navedo) verhindern, die sie mit 16 Jahren bekommen hat. Als ihr Abschluss näher rückt und ihr langjähriger Freund Michael (Brett Dier) ihr auch noch einen Antrag macht, erscheinen sich alle ihre Pläne zu erfüllen. Dementsprechend ist es ein Schock für sie, als sie bei einer Routineuntersuchung bei der Gynäkologin versehentlich künstlich befruchtet wird. Doch das noch nicht genug. Der Vater ihres Babys ist auch noch ausgerechnet Rafael Solano (Justin Baldoni), der wohlhabende Besitzer des Hotel, in dem Jane nebenbei jobbt, um ihr Studium zu finanzieren und der sie vor fünf Jahren hat eiskalt abblitzen lassen. Als wäre ihre Entscheidung für oder gegen das Baby und zwischen den beiden potenziellen Vätern Rafael und Michael nicht schon wer genug, muss Jane sich mit der manipulativen Ehefrau Rafaels, Petra Solano (Yael Grobglas) auseinandersetzen, trifft auf ihren langezeit unbekannten Vater und Telenovela-Star Rogelio de la Vega (Jaime Camil) und erfährt, dass das Hotel auch noch in kriminelle Machenschaften verstrickt ist...


Das denke ich über die Serie:

Auch wenn "Jane the Virgin" auf den ersten Blick wie eine prüde Seifenoper mit hanebüchener Handlung wirkt, wurde mir schon nach wenigen Folgen klar, dass ich die Serie falsch eingeschätzt habe. Die Serienmacher erzählen hier in 100 Folgen eine kurzweilige Mischung aus Drama, Komödie und Krimi im Stil einer typischen Telenovela. Dementsprechend überzeichnet wirken die absurden Wendungen, die plötzlich auftauchende Zwillinge, ins Leben zurückkehrende Toten, schnell wechselnden Liebschaften im Liebesdreieck, Erpressungen, Mord, Intrigen und Drama aller Art beinhalten. In jedem anderen Format hätte ich genervt nach wenigen Folgen weggeschalten, doch "Jane the Virgin" macht sich ein mächtiges Werkzeug zunutze, das einen die überzogene Handlung schnell vergessen lässt: Humor. Auch wenn etliche typische Telenovela-Elemente aufgenommen wurden, ist sich die Serie der Unglaubwürdigkeit der Geschehnisse jederzeit voll bewusst und treibt diese in unverwechselbar ironischer Art und Weise auf die Spitze. Diese Serie ist lebt also nicht nur von grellen Telenovela-Twists in bunten Farben an schönen Schauplätzen, sondern auch von selbstkritischen, parodisierenden Elementen. 

Unterstrichen, dass sich die Serie selbst nicht zu ernst nimmt, wird auch durch die interessante und humorvolle Erzählweise. Durch die Handlung geführt werden wir von einem allwissenden Erzähler (im Original: Anthony Mendez), welcher aus dem Off herrlich ironische und offensichtliche Kommentare zur Handlung abgibt und dabei auch des Öfteren die lineare Erzählebene übertritt, wenn er beispielsweise unwichtige Szenen "vorspult", Handlungsstränge durch Rückblicke offenlegt oder kryptische Vorausdeutungen abgibt. Zusätzlich werden auch immer wieder eingeblendete Erklärung in Typo-Schrift und stilistische Elemente wie kleine Icons, zum Leben erweckte Mini-Figuren aus Janes Romanen oder Organigramme eingesetzt, um die 45minütigen Folgen abwechslungsreicher zu gestalten und zu garantieren, dass auch jeder feierabendmüde Zuschauer der verschachtelten Handlung folgen kann. Besonders über die nebenbei laufende Krimihandlung rund um Drogenbosse, Mafiaermittlungen und kriminelle Masterminds würde man ansonsten angesichts der Masse an Nebenfiguren und deren komplizierten Verbindungen und Beziehungen den Überblick verlieren... 

"Jane the Virgin" versteht sich jedoch nicht nur in klamaukiger Situationskomik und ironischer Comedy. Auch wenn die Serie jede Menge absurde Szenen hat, in denen man nur über die Figuren den Kopf schütteln kann und Gastauftritte von Stars wie zum Beispiel Brittney Spears den schrillen Look unterstreichen, gelingt es den Machern trotzdem, eine berührende, ehrliche und ernsthafte Familiengeschichte zu erzählen und erstaunlich wichtige Themen anzuschneiden. Neben den Themen Einwanderung (Menschen mit lateinamerikanischer Herkunft stehen hier zur Abwechslung mal im Fokus), Religion, Mutterschaft/Vaterschaft und die Verfolgung eigener Ziele steht natürlich die Liebe in all ihren Formen im Vordergrund. Besonders die Beziehung zwischen den drei zu Beginn der Handlung zusammenlebenden Villanueva-Frauen wird dabei ganz wunderbar und glaubwürdig entwickelt. Zwischen der organisierten Jane, ihrer konservativen Großmutter Alba und ihrer chaotischen, lebensfrohen Mutter Xo kommt es zwar immer wieder zu ähnlichen Konflikten, die drei reichen aber so nah an einer echten Familie heran, wie ich es noch in keiner Serie in vergleichbarem Ausmaß gesehen habe. Auch bei allen anderen Figuren spielt die Familie eine sehr große Rolle und mischt sich sowohl als Freund als auch als Feind ordentlich ins Geschehen ein. 

Neben dem warmherzigen Umgang mit dem Thema Familie lebt die Serie aber vor allem von ihren Figuren selbst. Im Mittelpunkt steht natürlich Jane als Protagonistin, welche nicht nur unheimlich sympathisch ist, sondern sich auch glaubwürdig weiterentwickelt. Auch wenn sich ein großer Teil ihres Lebens nach dem Vorfall mit der künstlichen Befruchtung um die Frage dreht, ob sie wohl mit ihrem netten und sicheren Langzeitfreund, dem Polizisten Michael, oder mit dem heißen Hotelier und Playboy Rafael, dem biologischen Vater ihres Kindes, besser dran wäre, hat sie genügend eigene Probleme und Träume, an denen sie mit großem Elan arbeitet. Man kann der Serie also ohne Probleme attestieren, dass sie den Bechdel-Test besteht (Gibt es mindestens 2 Frauen, die namentlich genannt werden und sich über etwas anderes als einen Mann unterhalten, dann kann man davon ausgehen, dass kein stereotypisiertes, sexistisches Frauenbild vermittelt wird). Auch die beiden Love-Interests Michael und Rafael verbergen eine Menge mehr Tiefe, als man ihnen auf den ersten Blick zutraut. Mein persönlicher Favorit (nein, es ist nicht Rogelio, der mit seinem riesigen Ego und seinem noch größeren Herz immer wieder für Lacher und rührende Momente sorgt) ist jedoch ausgerechnet Petra Solano. Die anfangs als manipulative Zicke auftretende Powerfrau verbirgt einen komplexen und vielschichtigen Charakter mit glaubhafter Backstory und besonders ihre komplizierte Freundschaft zu Jane hat mich sehr überzeugt. 

Mein Urteil:

"Jane the Virgin" ist eine überraschend vielseitige Feelgood-Serie, die Telenovela-Elemente ironisch auf die Spitze treibt und vor allem mit liebenswerten Figuren und der warmherzigen Umsetzung eines Familiendramas überzeugt. Ich bin ein großer Fan!

Zum Trailer:


Bild-Quellen: Moviepilot.de

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