Allgemeines
Titel: Firekeeper´s Daughter
Autorin: Angeline Boulley
Verlag:
cbj (21. März 2022)
Genre: YA-Thriller
ISBN-10: 3570166015
ISBN-13: 978-3570166017
ASIN: B09KPTMRJQ
Seitenzahl: 560 Seiten
Originaltitel: Firekeeper´s Daughter
(übersetzt von Claudia Max)
Preis: 4,99€ (Ebook)
20€ (gebundene Ausgabe)
Link:
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Inhalt
Bewertung
"Firekeeper´s Daughter" ist eine weitere Neuerscheinung des Monats März, auf welche ich mich lange gefreut hatte! Der Roman hat in den USA schon nach dem Erscheinen der Originalausgabe im Jahr 2021 für Furore gesorgt und soll jetzt sogar von den Obamas als Netflix-Serie produziert werden. Kein Wunder also, dass ich sehr gespannt auf Angeline Boulleys Thriller über eine Native American war und mir ein Rezensionsexemplar angefragt hatte. Leider hatte ich gerade mit dem ersten Drittel der Geschichte so sehr zu kämpfen wie schon lange mit keinem Buch mehr und war mehrmals kurz davor, die Geschichte abzubrechen. Das Ende macht zwar einiges wieder wett, dennoch kann ich leider nur eine eingeschränkte Leseempfehlung aussprechen und komme nicht umhin, ein wenig enttäuscht zu sein.
Doch starten wir wie immer am Anfang: mit dem Cover. Jenes zeigt ein buntes Motiv auf cremefarbenem Grund, welches entfernt an Ledger Art erinnert. Von geometrisch-abstrahierten Flammen, einer Sonne und Tiermotiven umrahmt ist ein Schmetterling zu sehen, dessen Flügel zwei Gesichtshälften bilden. Damit greift das Cover wesentliche Motive der Erzählung auf und bildet den Spirit Name der Hauptfigur grafisch dar. Auf Daunis´ (übersetzt: Tochter) Abstammung von der Familie der Firekeeper (übersetzt: Feuerhüter) weist auch der Titel hin, welcher glücklicherweise vom Verlag aus dem Original übernommen wurden. Sehr gut gefällt mir auch, dass jedes der 57 Kapiteln mit einer kleinen stilisierten Flamme beginnt und auch die Unterteilung in vier Teile, die jeweils nach einer Himmelsrichtung benannt sind, mit Motiven des Covers ausgestaltet sind. Ebenfalls positiv anzumerken ist das Bonusmaterial am Endes des Buches, das aus einem Glossar, einer Sammlung von Erklärungen und einer historischen Einordnung besteht.
Jene drei Abschnitte sind auch dringend notwendig, um der Geschichte ohne großes Vorwissen und regelmäßiger Recherche folgen zu können. Denn Angeline Boulley, welche selbst ein registriertes Mitglied des Sault Saint Marie Tribes der Chippewa Indians auf Michigans Oberer Handinsel ist, hat es sich in "Firekeeper´s Daughter" zur Aufgabe gemacht, ihre LeserInnen die Sprache, Kultur und Lebensart ihrer Ojibwe-Gemeinschaft lebendig zu übermitteln. Als Own-Voice-Autorin kann sie mit großer Authentizität und Bedeutungsschwere über das Leben der modernen indigenen Bevölkerung der USA informieren, über die Geschichte und das Trauma dieses Volks aufklären und für aktuelle Probleme sensibilisieren. Die große Stärke des Buches ist also, dass man beim Lesen sehr niederschwellig eine Menge lernen kann und mit Sicherheit schlauer aus den 560 Seiten hervorgeht, als man gestartet ist.
Etwas schade ist nur, dass gerade zu Beginn die Balance zwischen Information und Handlung leider gar nicht funktioniert und ich die ersten 200 Seiten als ein wenig künstlich und überfüllt mit Informationen wahrgenommen habe. Da ich wirklich keinerlei Vorwissen mitbrachte, fiel es mir sehr schwer, die zahlreichen Begriffe, Rituale, Verwandtschaftsverhältnisse und Ausdrücke, mit der man auf jeder Seite konfrontiert wird, zu verstehen und gedanklich zu sortieren.
Das Glossar zu verwendeten Ausdrücken und Übersetzungen der Ojibwe-Sprache Anishinaabemowin sowie die historische Einordnung helfen dabei nur bedingt und leider habe ich mich mit zunehmender Seitenzahl dabei ertappt, Begriffe oder auch ganze Abschnitte zu überspringen, um mich beim Nachschlagen nicht wieder aus dem Lesefluss bringen zu lassen. Es dauerte also eine ganze Weile, bis ich mich zwischen Powwows und Little People zurechtfand, wusste, was mit seema oder kwe gemeint ist und was der Unterschied zwischen anishanaabe und anishnaabeg ist, während die Bedeutung mancher Wörter ganz an mir vorbeigegangen ist. Ich würde sagen, dass das erste Drittel also ganz klar unter den guten Absichten der Autorin gelitten hat, ihren LeserInnen möglichst viele Informationen mitzugeben. Doch weniger ist manchmal eben mehr...
Der Einstieg wurde mir jedoch nicht nur dadurch erschwert, dass man mit einer ganzen Flut an Informationen und fremdartigen Begriffen erschlagen wird, sondern auch dadurch, dass die eigentliche Handlung erst nach 100 Seiten mit dem ersten Mord startet, der Daunis dazu bringt, als verdeckte Ermittlerin beim FBI anzufangen. Sobald die Kriminalgeschichte um einen Drogenring, der innerhalb und außerhalb der Reservation Crystal Meth verkauft und regelmäßig Todesopfer fordert, angelaufen ist, habe ich auch besser in die Geschichte gefunden, da die vielen kleinen Alltagsrituale und Anekdoten aus Daunis´ Leben nun endlich in einen spannungsgebenden Rahmen eingebettet waren. Auch wenn ich schon sehr bald meinen ersten Verdacht hatte, wer zu den Drahtziehern hinter den Verbrechen stecken könnte, mochte ich, wie die Autorin ihre Krimihandlung mit Thriller-Elementen, Träumen und einer Liebesgeschichte verbindet. Vor allem die letzten 200 Seiten machen den schwachen Einstieg wieder wett, da die Erzählung einmal Fahrt aufgenommen die einzelnen Motive der Handlung zu einem spannenden Showdown verbindet.
Trotz des starken Finales bleibt ein gemischter Eindruck zurück. Da "Firekeeper´s Daughter" sich schnell als ausdrucksstarke und authentische Erzählung zu wichtigen Themen entpuppte, habe ich wirklich versucht, es zu mögen, aber neben dem zähen Einstieg konnten mich auch Schreibstil und Figuren nicht so sehr mitreißen wie gehofft. Denn leider gelang es dem Schreibstil von Angeline Boulley bei allen Beschreibungen, Rückblicken und Kunstgriffen nicht, die Figuren und deren Gefühle glaubhaft und lebhaft an mich zu vermitteln. Es gab zwar einige Passagen, in denen der Charakter der Hauptfigur durchschien oder ein wenig Humor aufleuchtete, leider habe ich die Nähe zur Handlung dann aber genauso schnell wieder verloren, während mir an wieder anderen Stellen die etwas derbe Sprache negativ auffiel.
Ich bin mir also nicht ganz sicher, ob es an der Fremdheit der Kultur, dem eher leblosen Schreibstil, dem durch das ständige Nachschlagen unterbrochenen Lesefluss, an der Übersetzung oder schlichtweg an der Charakterzeichnung liegt, aber ich während der gesamten Erzählung einfach keinen richtigen Draht zu Daunis finden können. Und das ist wirklich schade, denn sie ist nicht nur clever, meinungsstark und loyal, sondern hat auch mit einigen sehr interessanten inneren und äußeren Konflikte zu kämpfen, bei denen ich sehr gerne auch emotional mehr involviert gewesen wäre. Leider blieb ich während der gesamten 560 Seiten eine distanziert Beobachterin, die die Hochs wie die zelebrierte Freundschaft, Liebe, Familie, Stärke und Herkunft, aber auch die Tiefs wie Rassismus, Drogenmissbrauch, Mord, sexuelle Gewalt und Ungerechtigkeit eher unbeteiligt verfolgte.
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