Sonntag, 12. März 2023

Serienempfehlung: Der Schwarm


Die neue achtteilige Serie "Der Schwarm" basiert auf dem gleichnamigen Ökothriller von Frank Schätzing aus dem Jahr 2004. Der Erzählstoff hat es zum internationalen Bestseller geschafft, galt aufgrund seiner Komplexität aber lange Zeit als unverfilmbar. Umso gespannter war ich, als ausgerechnet das ZDF angekündigt hat, sich der Buchvorlage in Kooperation mit internationalen Partnern wie France Télévisions, Rai, ORF, SRF, der Viaplay Group und Hulu Japan anzunehmen. Auch dass Frank Doelger (Game of Thrones) als Executive Producer und Showrunner eingesetzt wurde, hat natürlich Hoffnung gemacht.  Nachdem ich die 8 etwa 45minütigen Folgen nun alle gesehen habe, ziehe ich kein euphorisches, aber solides Fazit


Darum geht´s:

Vor Peru verschwindet ein Fischer. Spurlos. Norwegische Ölbohrexperten stoßen auf merkwürdige Organismen, die Hunderte Quadratkilometer Meeresboden in Besitz genommen haben. Von den Küsten her verbreitet sich im Trinkwasser ein tödlicher Erreger und immer mehr Menschen auf der Welt sind in Lebensgefahr. Währenddessen geht mit den Walen entlang der Küste Kanadas eine unheimliche Veränderung vor. Nichts von alledem scheint miteinander in Zusammenhang zu stehen. Doch Sigur Johanson (Alexander Karim), Biologe und Schöngeist, glaubt nicht an Zufälle. Gemeinsam mit dem kanadischen Walforscher Leon Anawak (Joshua Odjick), Forschungsassistentin Charlie Wagner (Leonie Benesch), Ärztin Cécile Roche (Cécile De France), Journalistin Alicia Delaware (Rosabell Laurenti Sellers) und Astrophysikerin Samantha Crowe (Sharon Duncan-Brewster) gelangen zu beunruhigenden Schlüssen: Eine unbekannte Spezies existiert im Meer - und sie greift den Menschen an.


Das denke ich über die Serie:

Der "Der Schwarm" hatte genau wie jede Buchverfilmung riesige Erwartungen von Millionen von Menschen zu erfüllen und war als Filmprojekt damit schon von Beginn zum Scheitern verurteilt. Die vielen sehr negativen Kritiken zeigen, dass man es bei einer Buchverfilmung einfach nicht jedem recht machen kann. Auch ich habe einige Kritikpunkte zu nennen, halte die Serie aber für eine durchaus gelungene Umsetzung des Erzählstoffes.

Die ersten Folgen sind dabei eher unspektakulär. Genau wie das Buch braucht die Serie ein paar Folgen, um wirklich in Fahrt zu kommen. Scheinbar zusammenhangslos erfassen WissenschaftlerInnen auf der ganzen Welt unterschiedliche Anomalien bei Meerestieren und benötigen einige Zeit, bis sich daraus ein zusammenhängendes Bild zusammensetzt. Richtig mitreißend wird es erst, als sich die Handlungsstränge treffen und die Figuren gemeinsam an dem sich immer mehr zuspitzenden Problem arbeiten. Dabei werden Buchfans schon früh im Entrollen der Handlung einige kleinere Unterschiede zum Buch deutlich werden. Zum Einen wurden Handlungsstränge zusammengelegt (z.B. entsteht Charlie Wagner aus einer Zusammenlegung der Journalistin Karen Weaver sowie vom Sonar-Experten Murray Shankar), für die bessere Verfilmbarkeit einige Szenen weggestrichen (z.B. der Konflikt mit dem Militär und der Einsatz der Delfine) und insgesamt ein stärkerer Fokus auf weniger Handlung gelegt. Außerdem wurde die Buchvorlage von 2004 etwas modernisiert und insofern aufgehübscht, dass die Technik und der aktuelle Forschungsstand an den heutigen Stand der Dinge angepasst wurden, einige Anspielungen auf die Corona-Pandemie vorkommen und eine höhere Diversität der Figuren angepeilt wird als im Buch. So macht der Einsatz von Frauen (aus Gerhard Bohrmann wird Katharina Lehmann, aus Bernard Roche wird Cécile Roche etc.) und PoC (z.B. Sigur bricht das Bild des weißen Wissenschaftlers) als WissenschaftlerInnen die Serie zeitgemäßer und spiegelt wieder, dass die Geschlechtsverteilung in der Wissenschaft heutzutage deutlich besser ausgeglichen ist als noch 2004. Trotz der erhöhten Diversität im Casting und die durchweg solide Leistung der DarstellerInnen, von denen man einige schon aus anderen Filmprojekten kennt, ist mir keine der Figuren über die acht Folgen hinweg so richtig ans Herz gewachsen. Das war allerdings schon im Buch so, ich hatte also keine besonders großen Erwartungen was die Figuren angeht. 

Größere Hoffnungen hatte ich hingegen was die Darstellung der Actionszenen und der katastrophalen Geschehnisse rund um den Globus angeht. Zwar ist die CGI streckenweise gut und die Optik ist angesichts der verfügbaren Mittel düster, ansprechend und mit wenigen gezielten Horrorelementen versehen worden. Dennoch fehlt der Serie eine gewisse Dramatik und Epik in der Erzählung. Entwicklungen rund um den Globus werden nur sehr spärlich und kurz eingebunden, sodass man zwar weiß, dass die Welt in Gefahr ist, es aber nicht wirklich zu sehen bekommt. Ich hatte angesichts der Komplexität des Plots des Buches sowie dem komplizierten Dreh mit vielen internationalen Partnern wirklich kein Hochglanz-Blockbuster-Niveau erwartet, ein wenig mehr Pepp und Eindrücklichkeit hätte dem Stoff aber nicht geschadet. Deutlich besser als die Optik der Serie ist das Sounddesign, welches trotz der eben angeprangerten recht ruhigen Umsetzung der Handlung mit wenig expliziter Action ordentlich für Spannung sorgt. Mystische Wassergeräusche, Walgesänge, rhythmisches Geblubbere sowie die Geräusche der Yrr mischen im Hintergrund die Serie ganz schön auf und kreieren eine beklemmende Atmosphäre. 

Dies passt natürlich hervorragend gut zum grundlegenden Thema und Setting der Serie, die in die Tiefen der Meere entführt, die dem Menschen wohl für immer ein Rätsel bleiben werden. Schon nach wenigen Folgen wird klar: Fremde, augenlose Lebensformen, die sich im lichtlosen Wasser unter hohem Druck, eisigen Temperaturen und in samtener Dunkelheit tummeln, wohin wir Menschen nicht vordringen können, entziehen sich unserer Vorstellungskraft mindestens genauso sehr wie außerirdische Lebewesen auf anderen Planeten. Dadurch dass einige Elemente aus Horror- und Katastrophen-Geschichten übernommen werden, läuft es dem Leser schon mal kalt den Rücken hinunter. So viel Zeit für philosophische Fragen über Intelligenzen, Aliens und unsere Stellung in der Schöpfung wie in Schätzings Buch bleibt hier zwar nicht, dennoch regt der Erzählstoff auch in diesem Form zum Nachdenken an und hält den Menschen den Spiegel vor, wie klein und unbedeutend wir sind, wie wenig wir wissen und wie eklatant wir unsere Macht und Intelligenz überschätzen. Gleichzeitig wecken die teils schöne und teils erschreckenden Bilder in uns eine tiefe Faszination für unser Ökosystem Erde, den Reichtum der Meere und dessen viele unentdeckte Geheimnisse und inspiriert dazu, die Perspektive ein wenig zu verändern. Die Idee, dass sich die Meere gegen uns Menschen wenden, als Konsequenz unserer jahrelangen Ausbeutung des Ozeans und Auswirkungen des Klimawandels könnte außerdem nicht aktueller sein. Etwas schade ist dabei, dass die Serie überraschend unpolitisch gehalten ist. "Der Schwarm" will in erster Linie unterhalten und baut deshalb nur subtile politische und gesellschaftliche Messages ein, wo man deutlich mehr hätte sagen können.

Bevor ich diese Serienrezension beende, muss ich noch einige Worte zum Showdown und Ende der Serie loswerden. Die Handlung der letzten Folgen weicht deutlich vom Buch ab und auch wenn es in sich rund und gut dargestellt ist, war ich ein wenig enttäuscht, dass es sich nicht an die Buchvorlage gehalten hat. Egal ob die Serie dem Buch treu bleibt oder nicht, lässt sich mein Hauptkritikpunkt des Buches auch auf den Showdown der Serie übertragen: Dafür dass zuvor ein riesiges Weltuntergangsszenario ausgerollt und tiefgehende Forschung betrieben wurde, löst sich das Problem viel zu schnell und es bleiben etliche Fragen offen. Selbstverständlich können in der letzten Folge nicht alle ausstehenden Probleme gelöst werden - immerhin hinterlässt die Schlusssituation die Menschheit in Chaos und Verwirrung - dennoch hätte ich zumindest erwartet, dass alle Handlungsstränge zu Ende geführt werden (z.B. Was passiert mit Charlie? Überlebt Alicia? Was erzählt die Crew der Thorvaldson der Welt? Wie reagieren die internationalen Regierungen darauf? Gibt es Frieden mit den Yrr? etc.) Anders als im Buch endet die Serie auch ohne den Epilog, der die globale Situation ein Jahr nach der Katastrophe kurz umreißt. Wenn also der Einstieg viel zu lang und ausführlich war, hat mir am Ende einfach noch was gefehlt, sodass ich die Geschichte nicht gänzlich befriedigt abschließen musste. Allerdings ergibt sich durch das sehr offene Ende auch ein Anknüpfungspunkt für eine mögliche zweite Staffel, die sich um das gemeinsame Leben von Yrr und Menschen auf dem Planeten und einen wackligen Frieden drehen könnte. Ich bleibe gespannt!

Tipp: Auch die Dokus und Extras, die es in der ZDF-Mediathek rund um die Serie gibt, sind übrigens sehr sehenswert, da sie die fiktive Abenteuerserie noch durch weitere echte Fakten ergänzen und uns besser einschätzen lassen, was erfunden und was tatsächlich faktenbasiert ist.

Mein Urteil:

Unterm Strich gelingt "Der Schwarm" eine solide Verfilmung der literarischen Vorlage mit düsterem Look, tollem Sounddesign, gelungenen Modernisierungen des Stoffs und durchweg guter Leistung der Darstellerinnen. Genau wie im Buch sehe ich besonders zu Beginn und am Ende sowie in der Darstellung der Figuren noch Ausbaupotential. Schade ist auch, dass die Serie verpasst hat, die Handlung für eine relevante politische Message zu nutzen. Dennoch eine klare Empfehlung!


Zum Trailer:


Bild-Quellen: Moviepilot.de

6 Kommentare:

  1. Hallo liebe Sophia,

    Hm, ich habe bis jetzt nur mal kurz in die Filmreihe reingeschaut....deshalb kann ich da auch nicht viel Sagen.
    Aber ich finde es gut.....das z.B. der Alexander Karim, ein schwedischer Filmschauspieler mitspielt. Den kenne ich über die skandinavische Thrillerreihe/Thin Ice und nun vielleicht einem breiterem Publikum auch bekannter wird....

    Thin Ice.....kann ich auch empfehlen...Grönland/Schiffsentführung/Bohrrechte und der Kampf der Mächtigen um diese Vorkommen......sehr spannend und mit tollen Landschaftsbilder gestaltet...


    LG...Karin..

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    1. Hey Karin,

      ich war auch ganz überrascht, dass einige bekanntere SchauspielerInnen mitspielen. Gerade Alexander Karim kannte ich auch aus "Das Rad der Zeit", Rosabell Laurenti Sellers aus "Game of Thrones" oder Sharon Duncan-Brewster aus "Dune". Auch über den Auftritt von Klaas Heufer-Umlauf habe ich mich gefreut, auch wenn ich ihn irgendwie als Schauspieler nicht ganz ernstnehmen kann und die ganze Zeit darauf gewartet habe, dass er loslacht.

      "Thin Ice" wollte ich auch mal schauen, das klingt in der Tat sehr interessant!

      Liebe Grüße
      Sophia

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  2. Schönen guten Morgen!

    Ich weiß noch nicht so recht, ob ich mir das anschauen werde... Das Buch hatte ich damals gelesen, fand es streckenweise schon etwas langatmig. Das ist ja etwas, dass man in einem Film oder einer Serie ausmerzen kann. Hier scheint es aber recht ähnlich zu sein, wenn man die allgemeinen Meinungen so verfolgt.
    Schön dass es dich insgesamt dennoch gut unterhalten hat, auch wenn das Ende Fragen offen lässt. Was ich schon komisch finde, wenn der Einstieg sich so Zeit gelassen hat - wer plant das denn so unstimmig?!

    Deinen Beitrag hab heute auch in meiner Stöberrunde verlinkt. :)

    Liebste Grüße, Aleshanee

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    1. Hi Aleshanee, man merkt der Serie schon sehr deutlich an, dass es keine Hollywood-Produktion ist. Allein von der Optik her sieht man, dass einiges im Studio gedreht wurde. Und die Serie weicht oftmals von der Buchvorlage ab. Und es ist in der Tat sehr unausgewogen, was den Spannungsbogen betrifft, aber dennoch kann ich mir vorstellen, dass Dir die Serie zumindest so gut gefällt, als dass sie Dich unterhalten kann.

      Viele Grüße
      Frank

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    2. Hm, also "nur unterhalten" ist mir mittlerweile bei Serien tatsächlich zu wenig... Meine Lesezeit gebe ich nur ungerne her für Fernsehzeit, die mich nicht wirklich begeistern und packen kann. Ist komisch, ist aber momentan bei mir einfach so ;) Deshalb weiß ich noch nicht, vielleicht schau ich mir mal die erste Folge an, aber ich muss eh warten, bis es mal wo läuft, wo ich es sehen kann :D

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    3. Hey Ihr beiden,

      erstmal vielen Dank dir, Aleshanee fürs Verlinken in der Stöberrunde, das freut mich jedes Mal total! Ich würde schon sagen, dass die Längen des Buches in der Serie deutlich abgekürzt und aufgepeppt wurden, auch wenn der eher langsame Einstieg in die Serie übernommen wurde. Gänzlich aus den Schwächen der Buchvorlage hat man in der Verfilmung aber wie in meinem Beitrag erläutert leider nicht gelernt.
      Das Ende wurde denke ich absichtlich so offen geplant, um Raum für eine zweite Staffel zu lassen. Wenn ich die durchwachsenen Kritiken so lesen, zweifle ich jedoch daran, dass es zu einer Fortsetzung kommen wird...

      Dass man sieht, dass es keine Hollywood-Produktion ist, würde ich auch unterschreiben. Man sieht, dass begrenzte Mittel zur Verfügung standen, die CGI fand ich streckenweise aber überraschend gut, die Optik im Gesamten stimmig (durchgehend düstere Bilder, Farbkonzept etc.) und vor allem das Sounddesign hat mich ja wie gesagt begeistert. Eine uneingeschränkte Empfehlung würde ich aber wie gesagt dennoch nicht aussprechen, da schließe ich mich Frank an.

      Liebe Grüße
      Sophia

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