Die Fakten
Titel: Liebe Jorinde oder Warum wir einen neuen Feminismus des Miteinanders brauchen
Autorin: Mareike Fallwickl
Verlag: Kjona Verlag (15. April 2025)
Genre: Feministischer Essay
Seitenzahl: 80 Seiten
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Der Inhalt
Meine Eindrücke
Ich war sofort neugierig auf diesen Essay, weil ich Mareike Fallwickl bereits durch ihren Beitrag zu „Das Pen!smuseum“ kennengelernt habe. Ihre klare, pointierte Art, patriarchale Strukturen offenzulegen, hat mich damals beeindruckt – entsprechend gespannt war ich darauf, wie sie das Thema in diesem kurzen, aber dichten Text angehen würde. Spätestens nach dem Lesen dieses Essays muss auch der/die letzte begriffen haben, dass das Patriarchat wirklich ALLEN schadet. Wir haben Mädchen in den letzten Jahren konsequent ermutigt, stark, unabhängig und kämpferisch zu sein. Doch wie oft haben wir Jungen vermittelt, dass auch sie emotional sein dürfen, Fürsorge leben können und Schwäche kein Makel ist? Mareike Fallwickl zeigt hier knapp aber sehr klar auf, wie diese Lücke ganze Generationen prägt.
Der Essay ist in Briefform an ihre Freundin Jorinde gehalten. Dieser persönliche Rahmen schafft Nähe und verleiht dem Text eine Sanftheit, die sich bewusst von dem abhebt, was viele aktuell von feministischen Veröffentlichungen erwarten: radikale Wut, klare Kampfansagen, kompromisslose Abrechnung. Ich habe länger darüber nachgedacht, warum dieser Essay so unterschiedlich bewertet wird, wieso er einigen RezensentInnen nicht wütend und konsequent genug war und wieso er auch in mir selbst verschiedene Gefühle ausgelöst hat. Ich denke dies ist dadurch begründet dass Fallwickl hier einen Gegenentwurf zur sogenannten Female Rage bietet – oder vielleicht besser eine mögliche Weiterentwicklung davon. Denn natürlich müssen wir zuerst auf das Problem aufmerksam werden, uns für die patriarchalen Strukturen in unserer Gesellschaft und in unseren Leben sensibilisieren, dann müssen wir sie als ungerecht erkennen und wütend werden. Diese Wut zu fühlen, sie zuzulassen und ihr Ausdruck zu verleihen (als "Female Rage") ist unbedingt nötig, um uns Gehör zu verschaffen und gesund mit unseren Gefühlen umzugehen. Ohne diese Wut gäbe es keine Bewegung. Doch was kommt nach der Wut?
Genau damit beschäftigt sich dieser Essay. Denn so sehr wie das in unserer (wirklich gerechtfertigten!) Wut gerne vergessen: allein Anklage und Sichtbarkeit verändern noch nichts. Für einen wirklich fruchtbaren Feminismus brauchen wir ein Miteinander und dafür brauchen wir auch die Unterstützung der Männer, die ebenfalls anerkennen, dass das System geändert werden muss und dafür Verantwortung übernehmen. Das heißt nicht, dass wir uns in Konsequenz anbiedern, möglichst nett fragen oder hoffen sollen, dass uns „die Männer“ irgendwann helfen. Es heißt vielmehr, sie aktiv mitzunehmen, gerade dort, wo wir Einfluss haben: bei unseren Söhnen, Brüdern, Partnern und Freunden. Und wenn man nicht optimistisch genug ist, auf ein Erfolg dieses Vorgehens zu hoffen, dann kann man es mit dem Feminismus eigentlich gleich lassen. Denn wenn wir nicht daran glauben, dass ein gemeinsames Miteinander möglich ist, dann führt der Feminismus nur zu Verbitterung und neuem Hass und verliert seine transformative Kraft.
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