Allgemeines
Titel: Punk 57
Autorin: Penelope Douglas
Verlag:
Everlove (1. September 2022)
Genre: Dark Romance
ISBN-10: 349206387X
ISBN-13: 978-3492063876
ASIN: B09X62RG1C
Seitenzahl: 384 Seiten
Originaltitel: Punk 57 (übersetzt
von Christina Kagerer)
Preis: 9,99€(Ebook)
14€ (Paperback)
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Inhalt
Bewertung
Auf "Punk 57" bin ich vor dem Erscheinungstermin sehr gespannt gewesen, da ich das Buch schon seit Monaten auf Bookstagram und Booktok sehe und unbedingt austesten wollte, was an dem enormen Hype dran ist. Als mir der Piper Verlag ein digitales Rezensionsexemplar hat zukommen lassen, habe ich zu Beginn der Woche spontan einen Buddyread mit Sofia (@SofiasWorldofBooks) gestartet, über den ich sehr froh war, da ich beim Lesen dringenden Diskussionsbedarf hatte. Nach dem Lesen kann ich nun festhalten, dass die Geschichte einen durchaus in ihren Bann zieht und gut unterhält. Wenn man jedoch für eine Sekunde innehält und über das Gelesene nachdenkt, ist der Zauber gebrochen und man kann schwer etwas anderes tun, als ungläubig den Kopf schütteln.
Das Cover gefällt mir mit den grellen Farben und dunklen Kontrasten sehr gut, da es die düster-sexy Atmosphäre der Geschichte gut einzufangen vermag. Auch die beiden Bestandteile des Titels "Punk" und die Zahl 57 spielen im Roman eine Rolle und passen somit besser, als ich angesichts des zunächst unzusammenhängend erscheinenden Titels dachte. Schade finde ich an der Gestaltung jedoch, dass die Songtexte, die immer wieder vorkommen nicht ebenfalls im englischen Original abgedruckt sind (beispielsweise angefügt am Ende der Geschichte wie es oft der Fall ist). Da die übersetzten Lyrics leider nur eingeschränkt wirken, hätte ich mir das gewünscht. Generell empfinde ich die Übersetzung an einigen Stellen leider als etwas holprig (zum Beispiel werden die Namen "Masen" und "Misha" an zwei Stellen verwechselt und eine passenden Übersetzungen für weibliche Geschlechtsteile konnte hier leider auch nicht gefunden werde).
Die Geschichte beginnt mit der ersten Begegnung der beiden langjährigen, anonymen Brieffreunde Misha und Ryen, die eine schicksalshafte dramatische Wendung für Misha bereithält und sein ganzes Leben auf den Kopf stellt. Nach einem dreimonatigen Zeitsprung lesen wir anschließend abwechselnd aus der Sicht der beiden, wie sie sich an der Falcon´s Well Highschool abermals begegnen als Misha sich unter einem falschen Namen einschleust um einige Angelegenheiten zuende zu bringen. Während er mit Schrecken bemerken muss, dass Ryen ganz anders ist als er sie sich vorgestellt hat, weiß diese nicht, wer sich hinter dem Namen "Masen Laurent" verbirgt. Trotzdass die beiden sich im echten Leben weniger mögen als auf dem Papier, besteht auch hier sofort eine Anziehungskraft, die sich nicht leugnen lässt. Doch was ist damals passiert? Weshalb hat Misha aufgehört Ryen zu schreiben? Und welche offenen Rechnungen verbinden ihn noch mit Falcon´s Well...?
"Punk 57" erzählt also grundsätzlich die Geschichte zweier verstörter Teenager, die über Jahre hinweg füreinander ein Rettungsanker waren, bis sie sich an einer amerikanischen Highschool begegnen und feststellen, dass sie sich im echten Leben nicht besonders mögen. Neben der konfliktbeladenen und durchaus recht toxischen Liebesgeschichte, die sich daraus entspinnt, lebt die Geschichte zusätzlich von den vielen offenen Fragen, Rätsel und Geheimnisse, die wie ein unheilvolles Damoklesschwert über der Handlung schweben und gelöst werden wollen. Daraus entsteht eine mitreißende, düster-sexy Stimmung, der man sich nur schwer entziehen kann und an die Dark Romance Bücher von L.J. Shen erinnert. Leider kann "Punk 57" aus mehreren Gründen aber nicht mit L. J. Shens Werken mithalten, da die Gesamtkomposition nicht annähernd so rund und glaubwürdig erscheint.
Das beginnt schon bei den Figuren, welche sehr widersprüchlich gestaltet sind und sich teilweise sogar beinahe bipolar verhalten, sodass gesunde LeserInnen bei ihren extremen Wechsel von Emotionen und Gedankensprünge schwer mitkommen. Die Handlungen der beiden waren mir trotz der sehr nahen und ehrlichen Erzählung aus der Ich-Perspektive an einigen Stellen völlig unklar - mal ganz davon abgesehen, dass sie moralisch durch aus fragwürdig sind und sich teilweise im krankhaften oder illegalen Bereich abspielen. Mich hat an Ryen und Misha als Hauptfiguren also nicht gestört, dass sie nicht unbedingt Sympathieträger sind, sondern vielmehr, dass ich ihre zweifelhaften Charakterzüge nicht mit ihrem Selbstbild und ihrem Verhalten übereinbringen konnte. Ein Beispiel: Misha verurteilt Ryen sehr stark dafür, ihre Position an der Spitze der Highschool-Nahrungskette nicht dafür zu nutzen, um Opfer von Mobbing zu helfen und inszeniert sich selbst als absoluter Gutmensch, nur um sie im nächsten Moment aufs Übelste zu beleidigen, eine Schlägerei anzufangen und sie dann anschließend wieder mit denselben Worten aufzubauen, die sie davor in den Abgrund gestürzt haben? Wie passt das zusammen?
Ryen ist noch schlimmer und schwankt zwischen etlichen Extrempolen, als wäre sich die Autorin nicht sicher gewesen, ob sie nun Sympathie oder Verachtung für ihre Figur wecken möchte. Eine so inkonsequente Charakterdarstellung habe ich noch nie gelesen. Diese Inkonsequenz überträgt sich leider auch auf ihre Beziehung, welche zwischen heiß und kalt schwankt und jede Menge Toleranz für Aktionen im moralischen Graubereich erfordert. Statt ihre Probleme verbal zu klären, auszudiskutieren oder einfach gesund zu kommunizieren, bauen die beiden ihre Spannungen mit Gemeinheiten und Sex ab. Nicht nur ein Streit endet dabei in heißer Bettgymnastik an den unmöglichsten Orten, welche zwar großteils geschmackvoll geschrieben ist, die Handlung aber keinen Schritt voranbringen und zudem ein höchst unrealistisches Bild der Sexualität von Highschool Schülern vermitteln.
Dazu kommt, dass die Nebenfiguren leider sehr blass und einseitig gestaltet sind. Hier gilt: entweder man ist ein Opfer, ein Täter oder man ist ein Erwachsener und damit per Definition blind, taub, ahnungslos und sowieso doof. Figuren wie Lyla, Ten, Manny, Trey oder J. D. hätten das Potenzial, interessante Nebenfiguren zu werden, doch leider erfährt man nichts über sie und sie spielen auch keine größere Rollen als Statisten im Spiel von Ryen und Misha. Ebenso verhält es sich mit vielen Nebenhandlungssträngen wie zum Beispiel dem Rätsel um "Delilah", die Identität von "Punk" oder Annies Tod - diese potenziell sehr interessanten Ansätze werden für eine kurzfristige Schockwirkung verheizt, ohne dass sie wirklich in die Geschichte miteingebunden und einen Mehrwert für sie darstellen würden. Schade.
Am ärgerlichsten fand ich jedoch, dass ich einige Grundpfeiler der Geschichte dadurch, dass die beiden so nahe beieinander wohnen, schlichtweg unglaubwürdig fand. Als ob Misha durch seine Band, deren Auftritte, die Partys und Bekanntschaften nicht regional so berühmt ist, dass ihn zumindest einzelne Mitschüler an der Falcon´s Well Highschool erkennen als er sich mit falschem Namen einschreibt? Als ob er sich überhaupt mit gefälschten Dokumenten und ohne das Einverständnis seiner Eltern an der Highschool anmelden kann, ohne dass es einer bemerkt? Als ob sein Vater ihn in einem verlassenen Freizeitpark leben lässt, ohne es zu bemerken und irgendwann die Reißleine zu ziehen? Als ob Ryen und Misha sich angesichts der geringen Entfernung ihrer Elternhäuser in all den Jahren nicht mal über den Weg gelaufen sind? Als ob Ryen ihn oder zumindest seine Band nicht doch mal gegoogelt oder auf Facebook gesucht hat? Als ob Ryen nicht eins und eins zusammenzählt, wer das tote Mädchen ist? Und als ob bei ihr nicht der Groschen fällt, wer Masen wirklich ist, als er sich immer wieder verplappert... Die genervten "als obs" häuften sich leider mit zunehmender Länge des Buches und sorgten dafür, dass ich die Handlung und die Wendung am Ende nicht wirklich ernst nehmen konnte. Der Plot hätte vielleicht funktioniert, wenn sie an unterschiedlichen Enden des Landes wohnen würden, aber so halte ich die Wahrscheinlichkeit, dass die beiden trotz der unmittelbaren Nähe in der sie wohnen, nicht kennen und auch nicht erkennen für geradezu unmöglich.
Mein Misstrauen und Missfallen stiegen beim Lesen also kontinuierlich an. Angesichts des großen Hypes habe ich aber bis zum Ende noch auf einen Aha-Moment oder eine große, spektakuläre Wendung gehofft, die das Ruder nochmal herumreißen würde. Leider kam weder eine schockierende Wendung noch ein Moment der Erleuchtung, ab dem all die losen Fäden doch noch Sinn ergeben hätten. Stattdessen erhalten wir eine recht vorhersehbare Enthüllung und ein unglaubwürdiger Epilog, dessen glitzerndes Happy End angesichts der Tatsache, dass Ryen und Misha zum Ende der Handlung noch einige ernste Probleme haben, die besser mit mehreren Sitzungen beim Paartherapeuten gelöst werden sollten, beinahe lachhaft erscheint.
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