Die Fakten
Titel: Shatter Me
Autorin: Tahereh Mafi
Verlag: Harper Collins
(2. Oktober 2012)
Genre: Fantasy-Dystopie
Seitenzahl: 338 Seiten
Deutscher Titel: Ich fürchte mich
nicht (übersetzt von Mara Henke)
Link:
Hier klicken!
Der Inhalt
Die Eindrücke
Handlung: Um die "Shatter Me"-Reihe und insbesondere ein gewisser Aaron Warner kommt man als Mitglied der Bookcommunity auf Bookstagram oder Booktok einfach nicht herum. Mit geringen Erwartungen aber durchaus viel Neugierde habe ich gestern deshalb endlich mal mit der Reihe angefangen. Mein erster Eindruck war: völlige Verwirrung. Besonders während der ersten Kapitel hatte ich das Gefühl, mit einem späteren Band in eine Reihe einzusteigen, deren Auftakt ich verpasst habe, aber auch im weiteren Verlauf der Geschichte meinte ich ständig, wichtige Informationen verpasst zu haben.
Dieses bleibende Gefühl von Verwirrung sorgt auf der einen Seite für Spannung, da man die Geheimnisse der Geschichte ergründen möchte, ist aber auf der anderen Seite sehr unbefriedigend, da mit der Zeit klar wird, dass das Worldbuilding nicht nur schlecht eingeführt, sondern kaum vorhanden ist. Bis auf wenige kurze Infodumps und ausgewählte Handlungsorte bekommen wir hier keinen Eindruck von dem dystopischen Setting der Reihe. Statt wie üblich im Alltag der Protagonisten in die Geschichte einzusteigen und anhand dessen, den Zustand und die Rahmenbedingungen der dystopischen Gesellschaft zu erklären, werden wir unvorbereitet in die Erlebniswelt eines 17jährigen Mädchens mit rätselhaften Superkräften in Einzelhaft in einem Irrenhaus am Rande des Nervenzusammenbruchs geworfen. Die 338 Seiten fühlen sich demnach ein bisschen wie ein entrückter, verlängerter Prolog an. Um dieses Gefühl, dass die Geschichte noch nicht so richtig durchgestartet ist, zu zerstreuen, lässt die Autorin immer mal wieder eine spannende Action-Szene einfließen, die aber auch für viel Verwirrung bei mir gesorgt haben.
Neben der verwirrenden Entfaltung der Storyline erscheint auch die grundlegende Idee der Geschichte für mich weder überzeugend noch besonders originell. Eine Menschheit am Rande des Ruins, ein böses diktatorisches Regime, eine rebellische Untergrundbewegung, ein Mädchen mit Superkräften, das alle als Waffe einsetzen möchten und zwei Männer, die die jeweiligen Seiten des Konflikts verkörpern - das ist der Prototyp des typischen, klischeehaften Dystopie-Plots, was nicht verwunderlich ist, da die Geschichte ursprünglich mitten in der 2010er-Dystopienphase erschienen ist. Inhaltlich überzeugt bin ich also nicht worden, dennoch hat "Shatter Me" bei mir durchaus funktioniert, denn ich habe das englische Hörbuch an einem Tag weggebinged und mir im Anschluss direkt Band 2 heruntergeladen.
Schreibstil: Dies mag vielleicht an Tahereh Mafis besonderer, experimenteller, außergewöhnlicher und ja, damit auch durchaus gewöhnungsbedürftiger, Art zu schreiben liegen. Sie schreibt beinahe lyrisch, mit einem unwiderstehlichen Rhythmus, vielen Wiederholungen, sehr vielen Metaphern und Wortbildern, sodass manche Stellen ein wenig wie Poetry Slam klingen. Dazu passt auch die sanfte, träumerische Stimme des Originalhörbuchs, die die im Print-Buch als tagebuchartige Notizen festgehaltenen Szenen als Gedankenstrom zum Leben erweckt. Etwas befremdlich ist dabei, dass viele Worte oder ganze Sätze durchgestrichen sind (im Hörbuch durch ein Geräusch eines Stifts auf Papier verwirklicht) und die meisten Wortbilder keinen Sinn ergeben, was diesen zuvor beschriebenen Eindruck von Verwirrung und Entrückung verstärkt und das Chaos in Juliettes Kopf auf sehr eindringliche Art und Weise widerspiegelt. Einige Abschnitte haben in mir etwas ausgelöst und das Bedürfnis geweckt, nochmal zurückzuspulen, nur um nochmal in den Genuss des Klangs der Worte zu kommen. Andere Abschnitte wiederum haben mich ratlos zurückgelassen und besonders bei der 50. lyrischen Beschreibung von Adams Augen wollte ich nichts anderes tun, als das Buch gegen die Wand zu werfen. Ich verstehe also die Personen, die sich Hals über Kopf in Tahereh Mafis Schreibstil verliebt haben, ich kann aber auch alle nachvollziehen, die ihre Art zu schreiben aufgebauscht substanzlos und nervtötend verwirrend finden. Ein paar Beispiele für diesen ambivalenten Schreibstil, der mich ein bisschen ratlos und unentschlossen zurückgelassen hat, findet Ihr am Ende meiner Rezension.
Figuren: Anders als die Handlung und der Schreibstil konnte ich mir zu den Charakterzeichnungen gleich eine klare Meinung bilden: sie haben mich überhaupt nicht überzeugen können. Juliette wird durch den Schreibstil und ihre Darstellung zu Beginn als fragile Persönlichkeit am Rande des Nervenzusammenbruchs beschrieben. Nach einer lieblosen Kindheit, traumatischer Schuld und nicht zuletzt einem Jahr ohne menschlichen Kontakt in dunkler Isolationshaft ist es kein Wunder, dass ihre Gedanken ein wenig wirr klingen und ihr dringendes Bedürfnis nach menschlicher Nähe sie ab und zu auf Abwege führt. Dass sie sich nach wenigen Tagen in Freiheit nicht nur in Windeseile unsterblich in den ersten Mann zu verlieben, den sie sieht, sondern auch plötzlich zur mental gesunden Kämpferin in einem Konflikt wird, von dem sie zuvor noch nichts wusste, finde ich einfach von Grund auf unrealistisch. Auch die Insta-Love-Liebesgeschichte zu Adam und vor allem dessen Figurenzeichnung wirkte für mich bestenfalls auf Wattpad-Niveau. Etwas verwirrend fand ich auch, dass der von der Bookcommunity hochgehypte Aaron Warner, der ein Grund für mich war, das Buch überhaupt zur Hand zu nehmen, hier als psychopathischer Bösewicht auftaucht. Wie er zum besten Bookboyfriend aller Zeiten werden soll, ist mir zwar noch schleierhaft, aber wir haben ja immerhin noch fünf Bände vor uns...
Die Zitate
I am a raindrop.
Ich habe das Buch damals nach Erscheinen gelesen. Mir ging es ähnlich wie dir. Ich habe das Buch auch schnell (in zwei Tagen durchgelesen), aber wirklich packen konnte es mich nicht. Interessant finde ich ja, dass das Buch bzw. die Reihe, vor kurzem auf Instagram wieder einige Kreise gezogen hat. Ich hatte auch kurz darüber nachgedacht, die Reihe weiterzulesen, bin mir aber noch unsicher.
AntwortenLöschenLG
Nico :)
Hey Nico,
Löschendas Buch lädt auch einfach durch die Kürze dazu ein, es schnell wegzulesen. Hätte es mich nicht trotz allem so mitreißen können, hätte ich nach Band 1 definitiv aufgehört. Jetzt gebe ich der Reihe mit Band 2 noch eine weitere Chance.
Dass "Shatter Me" nach über 10 Jahren nochmal ein solches Revival erlebt und plötzlich wieder im Hype ist, hat mich echt gewundert. Und nachdem ich die Geschichte nun angefangen habe, wundere ich mich noch mehr. Denn bisher kann ich bis auf den Schreibstil noch nichts außergewöhnliches an der Geschichte erkennen. Mal sehen, vielleicht kommt das ja noch in den Folgebänden. Ich berichte dann nochmal, ob sich das Weiterlesen in meinen Augen lohnt.
Liebe Grüße
Sophia