Allgemeines
Titel: Die Mitternachtsbibliothek
Autor: Matt Haig
Verlag: Droemer (1. Februar 2021)
Genre: Roman
Originaltitel: The Midnight Library (übersetzt von Sabine Hübner)
Seitenzahl: 320 Seiten
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Inhalt
Stell dir vor, auf dem Weg ins Jenseits gäbe es eine riesige Bibliothek, gesäumt mit all den Leben, die du hättest führen können. Buch für Buch gefüllt mit den Wegen, die deiner hätten sein können.
Hier findet sich Nora Seed wieder, nachdem sie aus lauter Verzweiflung beschlossen hat, sich das Leben zu nehmen. An diesem Ort, an dem die Uhrzeiger immer auf Mitternacht stehen, eröffnet sich für Nora plötzlich die Möglichkeit herauszufinden, was passiert wäre, wenn sie sich anders entschieden hätte. Jedes Buch in der Mitternachtsbibliothek bringt sie in ein anderes Leben, in eine andere Welt, in der sie sich zurechtfinden muss. Aber kann man in einem anderen Leben glücklich werden, wenn man weiß, dass es nicht das eigene ist?
Bewertung
"Die Mitternachtsbibliothek" von Matt Haig ist ja mittlerweile zu einem zeitgenössischen Klassiker geworden. Dementsprechend ist es eines der Bücher, zu dem eigentlich mittlerweile schon alles gesagt wurde. Nachdem ich es jetzt endlich (!!) geschafft habe, es auch mal zu lesen, habe ich es mir aber trotzdem nicht nehmen lassen, eine kurze Rezension zu schreiben. Insgesamt hat mich "Die Mitternachtsbibliothek" nicht wirklich überrascht – es lieferte genau das, was ich erwartet hatte: ein nachdenkliches Gedankenexperiment mit einer schönen, wenn auch etwas vereinfachten Botschaft.
Erster Satz: "Neunzehn Jahre bevor sie beschloss zu sterben, saß Nora Seed in der warmen kleinen Bibliothek der Hazeldene School in Bedford."
"Die Mitternachtsbibliothek" beginnt sehr düster mit dem Selbstmord der Protagonistin und stellt auch im weiteren Verlauf existenzielle Fragen und die Suche nach dem Sinn des Lebens in den Mittelpunkt. Wer sich gerade in einer emotionalen
Ausnahmesituation befindet, sollte das Buch also besser nicht zur Hand nehmen. Für alle, die sich darauf einlassen können ist die Grundidee – eine Bibliothek, in der Nora Seed durch alternative Versionen ihres Lebens stöbert – allerdings faszinierend und bietet ein wunderbares Gedankenexperiment: Was wäre, wenn man all die verpassten Chancen und möglichen Lebenswege noch einmal erleben könnte? Was würde man anders machen und zu welchen Resultaten würden die anderen Entscheidungen führen? Damit regt der Autor definitiv zum Nachdenken und Reflektieren über eigenes Potenzial, Reue und zukünftige Lebensentscheidungen an.
Positiv hervorzuheben ist dabei definitiv, dass es Matt Haig gelingt, trotz des schwierigen Themas eine lebensbejahende Botschaft zu vermitteln. So wird durch Noras verschiedene Leben klar, dass auch vermeintlich kleine Gesten eine große unsichtbare positive Wirkung haben können, dass man auf der anderen Seite vieles nicht beeinflussen kann, dass es nie zu spät ist, einen Neuanfang zu wagen und dass das Leben trotz all seiner Unwägbarkeiten wertvoll ist. Zu sehen, wie sich Nora weiterentwickelt und mit jedem Leben Stück für Stück von negativen Gedanken und Reue befreit, ist sehr schön zu lesen und lässt uns LeserInnen darüber nachdenken, von welchen hinderlichen Annahmen und welchen kontrafaktischen Vorstellungen wir uns befreien müssten, um glücklicher zu leben.
"Aber Druck formt uns. Wir beginnen als Kohle, und der Druck presst uns zu Diamanten." Sie korrigierte ihn nicht. Sie sagte ihm nicht, dass Kohle und Diamanten zwar beide aus Kohlenstoff bestehen, Kohle aber zu unrein ist, um zum Diamanten zu werden, da kann der Druck noch so hoch sein. Wissenschaftlichen Erkenntnissen zufolge beginnt man als Kohle und endet als Kohle. Vielleicht war das die eigentliche Lehre des Lebens."
Eine weitere Stärke des Romans, die ihm wohl auch zu solch großer Popularität verholfen hat, ist die leichte Zugänglichkeit zu den Themen und Gedanken. Durch das anschauliche Szenario der Bibliothek und den vielen Metaphern und erklärende Dialoge mit der Bibliothekarin Mrs. Ems kann man ohne große gedanklichen Verrenkungen der Handlung folgen und sich auf die Geschichte einlassen, ohne dass diese trivial wirken würde. Denn der poetisch-bildhafte Stil des Autors so wie seine regelmäßigen Bezüge zur Philosophie sowie zu quantenphysikalischen Theorien täuschen gekonnt darüber hinweg, dass die Botschaft recht simpel ist und Nora beim Zusteuern auf ein recht vorhersehbares Ende viele ähnlich strukturierte Erfahrungen macht.
Auch wenn die Simplizität den Weg zu einem breiten Publikum geebnet hat, habe ich mir in vielen Momenten gewünscht, dass Matt Haig Mut zu größerer Komplexität gewagt hätte. Dies ist besonders beim Grundthema der Depression der Fall. Ich finde es großartig, dass der Autor dieses Störungsbild, das trotz der enormen Verbreitung in der Bevölkerung immer noch stark im Schatten bleibt, hier eine Bühne bietet. Allerdings wird der komplexe Prozess der Selbstfindung und "Heilung" der Protagonistin hier sehr stark vereinfacht, sodass der Lösungsansatz der Geschichte Menschen mit chronischer Depression wahrscheinlich wie ein schlechter Witz vorkommen wird. Besonders aber was das Thema Suizid angeht, hätte ich mir eine tiefgreifendere Auseinandersetzung mit einer stärker ablehnenden Grundhaltung oder vielleicht einen Verweis auf Hilfsangebote am Ende des Buches gewünscht. So bleibt das Buch ein leicht zugängliches Werk, das mehr Denkanstöße bietet, als tatsächlich Antworten oder Erkenntnisse zu liefern.
Fazit
*KEINE WERBUNG, selbstgekauft*
Quelle Informationen: Goodreads.de. Klapptexte und Zitate sind Eigentum des Verlags oder jeweiligen Rechtinhabers.
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