Freitag, 10. April 2020

All of Me



Allgemeines:

Titel: All of Me
Autorin: K. L. Kreig
Genre: Liebesgeschichte, Erotik
Verlag: LYX (27. März 2020)
ISBN-10: 3736311095
ISBN-13: 978-3736311091
ASIN: B07RQ5RGBV
Seitenzahl: 448 Seiten 
Originaltitel: Lost in Between
Preis: 4,99€ (Kindle-Edition)
12,90€ (Broschiert)
Weitere Bände: All of You (29.05.2020)



Inhalt:

"Sie ist alles, was ich sehe. Und alles, was ich will."

Erfolgreicher Geschäftsmann bei Tag, Playboy bei Nacht - das ist das Leben von Shaw Mercer. Doch als ein Skandal um sein ausschweifendes Liebesleben seinen Vater die Wahl zum Bürgermeister kosten könnte, tut er alles, um sich ein neues Image zu verpassen - das eines Mannes, der endlich sein Herz verloren hat. Dazu engagiert er Willow Blackwell. Für 250.000 Dollar ist sie bereit, seine Freundin zu spielen. In seinem Bett zu landen oder sich gar in ihn zu verlieben stand jedoch nicht im Vertrag ...


Bewertung:

Bevor ich ganz schonungslos meine Meinung zu diesem Roman sagen will, möchte ich mich erst noch beim Lyx-Verlag und der Bloggerjury für das Rezensionsexemplar bedanken, über das ich mich sehr gefreut habe, auch wenn die Geschichte absolut nicht mein Fall war. Ich hatte aufgrund des Klapptextes keine tiefgründige oder berührende Geschichte erwartet, ich hatte noch nicht mal auf eine halbwegs klischeefreie Zone gehofft, doch was wir hier vorgesetzt bekommen ist wirklich seeeehr weit an "Romance" vorbeigeschrammt. Kaum Handlung, ein nervtötender dauergeiler Protagonistin, überzogene Sexszenen und kaum Romantik - wer gerne Erotikromane liest und dabei komplett den Kopf ausschalten will, der kann hier Spaß haben, ganz gewöhnlichen "New Adult"-Fans kann ich die Geschichte aber nicht weiterempfehlen. 

"Er ist nicht der Richtige. Er benutzt mich. Ich benutze ihn. Er wird mir wehtun, wenn auch unbeabsichtigt. Vielleicht werde ich ihm genauso wehtun. Ich weiß es. Unser Fundament ist nichts als eine unsichere Basis aus kreativ gesponnener Irreführung. Wie Seidenpapier wird es sich beim geringsten Druck auflösen, weil es schwach ist."


Das Cover wirkt mit dem silbergrauen, verwaschenen Hintergrund, den schwarzen Farbwolken am Rand und den goldenen und roten Farbakzenten geradezu irreführend seriös und niveauvoll.  Auch wenn die Gestaltung weder etwas über den Inhalt verrät noch zentrale Motive enthält (bei genauerem Nachdenken - zum Glück, sonst könnte man diese Geschichte wohl nicht ohne Schamgefühle in der Öffentlichkeit lesen) finde ich sie insgesamt ansprechend. Auch der Titel, der relativ wenig verrät und zu ungefähr 80% aller Liebesromane passen würde, ist nicht das Problem. Tatsächlich ist es die Geschichte selbst, die selbst meine geringen Erwartungen, mit denen ich an Bücher aus dem Genre "New Adult" oder "Adult" herangehe - nämlich dass sie mich gut unterhalten und nicht nerven - nicht erfüllen konnte. Ich habe aufgrund von Cover und Klapptext auf eine etwas andere Story gehofft und wurde enttäuscht.


Erster Satz: "Ich blicke auf den leicht zerknitterten Abschiedsbrief in meiner Hand, dessen schlicht weißes Papier mit meiner unordentlichen Schrift bekritzelt ist."


Dabei klang die Idee ja so ansprechend und auch als die Geschichte nach einem kurzen Prolog gemächlich aber bestimmt mit dem ersten Zusammentreffen von Shaw und Willow startet, war ich noch voll freudiger Spannung, was der Verlauf der Story noch so mit sich bringen würde. Was ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht wusste: alle halbwegs spannenden Themen (die es ja zu Genüge geben würde, zum Beispiel Willows Geschichte mit ihrem Exmann, Preston Mercers Bürgermeisterwahl, die Alzheimer-Erkrankung von Willows Mutter, Shaws Geschäft oder das Drogenproblem seiner Schwester Annabelle) werden erfolgreich ausgeklammert und stattdessen ist der Roman von vorne bis hinten gefüllt mit unnötigem Drama, Gedanken über Sex, Gerede über Sex und - wen überrascht es - Sex höchst persönlich. Versteht mich nicht falsch, ich habe nichts gegen ein bisschen Erotik in einer Liebesgeschichte, aber noch viel wichtiger ist mir eine Handlung. Ich erwarte auch gar keine spannenden Abenteuer und gut durchdachten Wendungen aber ein bisschen mehr Aktivitäten der Protagonisten abseits des Bettes hätten der Geschichte schon gut getan.


"Als ich Willow Blackwell traf, haben keine Engel gesungen. Ich hörte weder Orgeln noch Chöre oder melodische Stimmen. Nein. Was ich in dem Moment hörte, als sie ihren klugen Mund aufmachte, war das Kichern des Leibhaftigen, der mir fast mitfühlend zuflüsterte: "Viel Glück mit der hier. Du wirst es brauchen." Das war keine Warnung. Das war eine Aufforderung, die ich nicht ignorieren konnte. Sie ist nichts, was ich wollte, aber alles, was ich brauche."


Ich glaube man kann diesen Roman an einer beliebigen Stellen aufklappen und wenn Shaw und Willow nicht gerade wilden Bettsport betreiben, kündigen sie diesen zumindest mit großen Reden an oder wenigstens denkt einer der Protagonisten daran. Das ist nun wirklich überdimensional viel Erotik für eine Geschichte, was mich daran aber in erster Linie gestört hat ist, dass die überhandnehmenden Sexszenen auch jeder aufkommenden Romantik den Stecker ziehen. Sobald doch mal überraschend eine wichtige Szene kommt, jemand Gefühle offenbart oder die beiden über etwas reden wollen, geht der Abschnitt übergangslos in eine Sexszene über, sodass das bald nur unfreiwillig komisch und nervig war. Sie streiten sich - Sexszene. Willow weint - Sexszene. Willows Exverlobter taucht wieder auf - Sexszene. Willow will einen Mädelsabend mit ihren besten Freundinnen verbringen - Sexszene. Willow lernt Shaws Eltern kennen - Sexszene. Dass über ihr erstes richtiges "Date", bei dem sie sich näher kennenlernen bloß als Drei-Satz-Nacherzählung berichtet wird, nur damit sie danach wieder übereinander herfallen können, ist ein weiterer Punkt, der die Prioritäten des Romans relativ gut beschreibt. Ihr seht also, die Autorin hatte nach meinem Geschmack nicht das richtige Maß und auch nicht das richtige Timing für ein bisschen Erotik und hat mir dadurch die ganze Geschichte versaut.


"Sie hat etwas Magisches. Ich habe das Gefühl, du wirst eine Menge Fallen aufstellen müssen, um sie einzufangen, Bruder. Vielleicht ist sie ein bisschen zu schlau für Shaw Mercer, Geschäftsmann der Extraklasse und Meister im Schiffeversenken."


Ein weiterer Punkt, über den ich zuerst nur die Augen verdreht habe, der mich aber im weiteren Verlauf der Geschichte zur Weißglut gebracht hat, sind die Protagonisten, von denen ich mir bald nicht mehr sicher war, was sie eigentlich darstellen sollten. Eine bindungsgestörte Barbypuppe und ein total gestörter, eifersüchtiger, sexsüchtiger Bad Boy, der mit einer Dauererektion durch die Handlung spaziert? Ihr seht schon, vor allem der furchtbare männliche Protagonist ging mir ordentlich auf den Wecker. Shaw Mercer, Playboy, Unternehmer, Bad Boy, Geschäftsmann... Man kann ihm so viele Titel geben wie man will, sein Macho-Gehabe auf schlimmstem Niveau, seine unbeherrschte, krankhaft eifersüchtige und animalische Art mit Willow umzugehen und an sie zu denken lässt sich nicht einfach wohlwollend in die Kategorie "Alpha" stecken, sondern wirkte auf mich vor allem abstoßend. Er wirkte auf mich eher übergriffig als dominant, mehr rücksichtslos als zielstrebig und bei all dem Gerede darüber, dass er Willow markieren will, dass sie ihm gehört oder er sie besitzt wurde mir echt schlecht. Bezeichnend ist auch, dass mir Willows kurz auftauchender Exverlobte sofort viel sympathischer war als Shaw und ich mir nur dachte - ja nimm doch einfach den. Ab und zu lässt er auch halbwegs sympathische Seiten durchblitzen, im Grunde führt er sich aber über den Großteil der Zeit auf wie ein besessener Neandertaler. Und können wir mal darüber reden, dass er zehn Jahre älter ist als sie und das kein einziges Mal thematisiert wird??


"Ja, ja. Tausendmal ja. Er ist die Versuchung, und ich bin eine Sünderin. Mit jedem gemurmelten Ja gebe ich mich auf seinem Altar des Frevels hin, obwohl ich weiß, dass es keinen Engel der Barmherzigkeit geben wird, der mich jetzt noch retten kann."


Auch Willow konnte mich insgesamt nicht überzeugen, sodass ich mich bei all den Rezensenten, die die "tiefgründigen Protagonisten" lobten, nur gefragt habe, ob wir wirklich dieselbe Geschichte gelesen habe. Denn die junge Schauspielerin, die wir zu Beginn als taff und selbstbestimmt kennenlernten, ging mir im Verlauf der Story sowohl mit ihrem hirnlosen Schmachten als auch mit ihrem devoten, unterwürfigen Verhalten auf die Nerven. Ich kann ja akzeptieren, dass man auf Dominaz steht, doch was sie ihm alles mit Herzchenaugen durchgehen lässt, tritt wirklich jede feministische Bestrebung mit Füßen. Dass wir dann auch noch im Laufe der Geschichte erfahren, dass sie aussieht wie ein Supermodel und alle ohne Probleme um den kleinen Finger wickelt, ist ihre Glaubwürdigkeit komplett dahin.


"Omnipotent. Das ist das beste Wort, das mir einfällt, um diesen Mann zu beschreiben. Wenn er blafft, springen die Leute. Jammerschade, dass ich keine Angst davor habe, dass er beißt. Ich sehne mich sogar danach."


Ich wiederhole nochmal: Handlung ist kaum vorhanden, Shaws und Willows gegenseitige Anziehung ist bestenfalls unrealistisch, die ewigen Sexszenen nerven, Shaws Verhalten ist an manchen Stellen besorgniserregend und Willow bleibt einfach nur blass. Viele Dinge bleiben da nicht mehr übrig, die mich hätten überzeugen können. Der Schreibstil der Autorin ist eins davon. Auch wenn viele Szenen dabei sind, bei denen ich die Augen verdrehen musste (zum Beispiel siehe oben), waren auch einige Stellen dabei, die ich wirklich toll fand und habe mir demensprechend viele Zitate aufgeschrieben. Flüssig, locker, mit Humor und einer Leichtigkeit, wie man sie nur bei dieser Art von Liebesgeschichten liest, erzählt sie abwechselnd aus der Ich-Perspektive der beiden Protagonisten und hat mich damit trotz meines Widerwillens bis zum Ende getragen. Dort kommen dann zum ersten Mal so etwas wie Gefühle auf, das Tempo wird etwas angezogen und wir werden tatsächlich mit einem neugierig machenden Cliffhanger zurückgelassen. Dass auch dieses Problem abstrus konstruiert erscheint (Spoiler Alert: ich meine ganz im Ernst, Shaws kleine Schwester soll für den Tod von Willows Vater verantwortlich sein, was soll das? Spoiler Ende) will ich nur am Rande erwähnen. Zum nächsten Band "All of You", welcher am 29. Mai 2020 erscheinen wird, werde ich höchstwahrscheinlich nicht mehr greifen. 





Fazit:

Wer auf überbordende Erotik im "Fifty-Shades-of-Grey"-Style und einen Hauch von unfeministischer Pretty-Woman-Story steht, wird hier viel Spaß haben können, ganz gewöhnlichen "New Adult"-Fans kann ich die Geschichte nicht weiterempfehlen. Kaum Handlung, ein nervtötender dauergeiler Protagonistin, überzogene Sexszenen und kaum Romantik - absolut nicht mein Fall!

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*unbezahlte WERBUNG* 
Vielen Dank an den Verlag für das Rezensionsexemplar, was meine ehrliche Meinung jedoch nicht beeinflusst hat. 
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