Montag, 20. April 2020

Götterfunke - Liebe mich nicht



Allgemeines:

Preis: Götterfunke - Liebe mich nicht
Autorin: Marah Woolf
Genre: Romantasy
Verlag: Dressler (20. Februar 2017)
ISBN-10: 9783791500294
ISBN-13: 978-3791500294
ASIN: 3791500295
Seitenzahl: 464 Seiten 
Preis: 13€ (Taschenbuch)
9,99€ (Kindle-Edition)
18,99€ (gebundene Ausgabe)
Weitere Bände: Götterfunke - Hasse mich nicht
Götterfunke - Verlasse mich nicht




Inhalt:

"Sag das nie wieder, hörst du? Hast du verstanden, Jess?" Seine Stimme klang drohend und seine Augen glitzerten vor Zorn. "Liebe mich nicht."

Eigentlich wünscht Jess sich für diesen Sommer nur ein paar entspannte Wochen in den Rockys. Doch dann trifft sie Cayden, den Jungen mit den smaragdgrünen Augen, und er stiehlt ihr Herz. Aber Cayden verfolgt seine eigenen Ziele. Der Göttersohn hat eine Vereinbarung mit Zeus. Nur wenn er ein Mädchen findet, das ihm widersteht, gewährt Zeus ihm seinen sehnlichsten Wunsch: endlich sterblich zu sein. Wird Cayden im Spiel der Götter auf Sieg setzen, auch wenn es Jess das Herz kostet?



Bewertung:

Nachdem ich letzte Woche "Staub und Flammen" von Kira Licht gelesen hatte, habe ich richtig Lust auf eine weitere Geschichte auf Basis der griechischen Mythologie bekommen. Wie gut, dass der erste Teil von Marah Woolfs "Götterfunke"-Trilogie seit Ewigkeiten ungelesen bei mir herumsubte (übrigens: Neologismus, der). Leider habe ich aber keine spannende Adaption auf die griechischen Sagen bekommen sondern in erster Linie ein viel zu kindisches und stellenweise nerviges Teenie-Drama, das sich eigentlich in zwei Sätzen zusammenfassen lässt: "Cayden ist so heiß. Jess ist so eifersüchtig."


Das Cover hat mir nie gefallen. Während die der Ebook-Ausgabe einfarbig und mit goldenen Ornamenten verziert sind und ein einzelner Flügel das Hauptmotiv ist, ist
die gebundene Ausgabe ein einziges Durcheinander aus bunten Lichtpunkten, wildem Rankenmuster, einem viel zu großen, übertrieben geschminkten (und meiner Meinung nach überhaupt nicht passenden) Modellgesicht und dem überdimensionalen etwas verwirrend formatierten Titel. Innerhalb der Buchdeckel gefällt mir die Gestaltung schon viel besser. Eine grob gezeichnete Karte in den Innenseiten der Buchdeckel, eine mit Ranken verzierte Schonseite, eine vorangegangene Erklärung der Regeln des göttlichen Wettstreits und am Ende ein äußerst hilfreiches (wenn auch durch die Beifügung von zwei Leseproben schwer auffindbares) Glossar mit einem Götterstammbaum. 

Erster Satz: "Prometheus hatte sich diesen lächerlichen menschlichen Namen gegeben."

Dass die Geschichte aus der Sicht des Götterboten und heimlichen Kommentator der Geschichte Hermes so selbstkritisch beginnen würde, hat mir große Hoffnung gemacht. Ich meine, es ist ja tatsächlich etwas unfreiwillig komisch, dass Prometheus, sich als einziger der auf der Erde wandelnden Götter einen neuen Decknamen verpasst hat, die anderen aber ihre normalen Namen behalten haben. Wenn sich die Autorin schon dafür entschieden hat, dass man eine Athene namens Ash und ein Apoll namens Ayden nicht hätte ernst nehmen können, warum benennt sie dann ihren Hauptprotagonisten anders? Was aber Ausgangspunkt für einen Insiderwitz hätte sein können, wird nicht das einzige bleiben, was in dieser Geschichte unfreiwillig komisch erscheint und sich dem Leser nicht ganz erschließt. Ich war grundsätzlich sehr gespannt auf die Umsetzung von Prometheus´ Geschichte, da dieser eine Figur ist, die in sonstigen mir bekannten Romanen eher ausgespart wurde. Da in dieser Geschichte jedoch die Mythologie nichts mehr als eine nette Kulisse ist, rate ich allen interessierten, die Sagen lieber zu googeln. Denn mehr als die hinten im Glossar stehenden Kurzerklärungen erfahren wir nicht über die Götter und Titanen, die eigentlich Hauptfokus der Geschichte sein sollten. 

Stattdessen hat die Autorin ihren Fokus sehr stark auf den Romantik-Anteil konzentriert und die Fantasy-Komponente bis auf einzelne Szenen eher in den Hintergrund gedrängt. Ich hatte mich zu Beginn gewundert, dass Caydens Ziel und Aufgabe den gewöhnlichen Flüchen entgegengesetzt ist. Anstatt ein Mädchen dazu zubringen, sich in ihn zu verlieben, wie wir das aus tausenden Beauty-and-Beast-Adaptionen kennen, muss er die Eine finden, die seinem göttlichen Charme widerstehen kann. Das fand ich erstmal eine sehr spannende Idee, dass das aber als Geschichte überhaupt nicht funktioniert, ist mir (und wohl auch der Autorin) erst im Verlauf der Geschichte aufgefallen. Irreführend dabei ist auch, dass nicht mal Jess die Auserwählte und Zentrum seiner Aufgabe wird, wie ich das aufgrund des Klapptextes eigentlich dachte. Stattdessen muss Cayden dafür sorgen, dass ihre beste Freundin Robyn ihn abweist und benutzt dabei sie als reinen Spielball um bei Robyn für Unmut zu sorgen. Dass dabei viel Drama, Eifersucht und Zickenkrieg vorprogrammiert ist, wird bald klar und nach wenigen Seiten bin ich aus dem Augen-verdreh-Modus gar nicht mehr herausgekommen. Während Jess den normalen Camp-Alltag mit Kursen, neuen Bekanntschaften und Abendprogramm bestreitet dreht sich jede weitere freie Minute um Cayden, sein Aussehen, sein neustes Anhängsel, sein Verhalten und das Chaos, das er mal versehentlich und mal aus purer Berechnung auslöst. In all dem Drama und den vielen Wiederholungen plätschert die eigentliche Rahmenhandlung eher ziellos dahin und auch die "große Enthüllung" der Götterwelt und ein paar Begegnungen mit Monstern, eine Verschwörung und das Auftauchen eines Bösewichts, konnten die Story nicht mehr retten.

Das Camp-Thema ist ja schon bekannt aus anderen Büchern des Genres wie zum Beispiel die Shadow Falls Reihe oder Percy Jackson. Statt dies als dynamisches Setting mit vielen verschiedenen Handelnden auszuspielen, konzentrieren wir uns jedoch nur auf einzelne ausgewählte Personen und haben bald das Gefühl, in einem Hühnerstall aus kochenden Hormonen gelandet zu sein. Selbst die auftauchenden Götter wirken eher wie ein Haufen pubertierender Jugendlicher und nicht wie uralte, weise Götter, sodass ich bald keinen einzigen Protagonisten mehr wirklich ernst nehmen konnte. Die einzigen Figuren mit Potential - Leah, Apoll und Athene - haben äußerst seltene und kurze Auftritte, sodass sie in dem Cayden-Wahnsinn unter gehen. Andere Nebenfiguren wiederum wie zum Beispiel Jess´ Kindheitsfreunde Cameron und Josh hätte man problemlos aus der Gleichung streichen können, ohne auch nur ein Detail zu verändern. Während ersterer nach Strich und Faden von seiner Freundin Robyn betrogen wird, ohne dass es irgendeinen zu stören scheint, ist Josh der typische gutaussehende beste Freund, bei dem ich stark befürchte, dass er uns in Zukunft noch ein Liebesdreieck bescheren wird. 

"Ich hatte gedacht, ich würde ihm etwas bedeuten. Aber er hatte mich getäuscht, genau wie all die Mädchen vor mir."

Besonders auf den Geist gegangen sind mir aber Jess und Cayden, deren Gefühle, Gedanken und Handlungsmotive trotz ellenlangen Breittretens sehr blass und oberflächlich bleiben. Jess, die wir eigentlich als verantwortungsbewusstes, bodenständiges, kluges Mädchen kennenlernen, nervt nach ihrem Treffen mit Cayden zusehends mit ihrem Herumgesabbere und wechselt im Seitentakt von "was erlaubt er sich, ich bin fertig mit ihm" zu "egal was er macht, ich bete den Boden unter seinen Füßen an". Das ist weder reif, noch zeugt es von besonders viel Stolz, Selbstachtung oder Handlungskontrolle. Zusätzlich zu ihrem äußerst nervigen Verhalten, erscheint sie mit der großen Diskrepanz zwischen ihren Worten und ihren Taten zunehmend unglaubwürdig. Sie verurteilt nämlich alle, die Caydens Anziehungskraft nicht widerstehen können, ist aber selbst die Erste an der Sabberfront und misst jegliches Verhalten mit zweierlei Maßen. Cayden hingegen zieht das Gewinnen seiner Wette, durch die er endlich seine Unsterblichkeit verlieren würde (warum er das so dringend will, ist nicht klar), allem anderen vor und schreckt nicht davor zurück, mit Mädchenherzen zu spielen und Gefühle zu verletzen. Dass er sich dann plötzlich in eines seiner "Opfer" zu verlieben scheint, sich aber erst für sie entscheidet, als er bereits sicher verloren hat, macht ihn in seinem egoistisches Verhalten auch nicht sympathischer. Da kann die Protagonistin noch so oft eine muskulöse Brust oder seine schönen Augen beschreiben - warm wurde ich mit dem rücksichtslosen Titan nicht mehr.

Allgemein hat mir die teilweise sehr überspitzte Darstellung von lebendigen männlichen und weiblichen Klischees im Liebesrausch überhaupt nicht gefallen. Die Jungs sind hier allesamt gutaussehende Playboys, die absolut jeden anbaggern, der nicht bei drei auf dem Baum ist, während die Mädchen als junge, naive Dinger dargestellt werden, die sich jedem an den Hals werfen und Bitch-Fights ausrufen. Das ist nicht nur lächerlich und ziemlich öde zu lesen sondern auch ziemlich sexistisch. Wer die Dinge selbst in die Hand nimmt, wird als Bitch bezeichnet, wer sich nicht schlecht behandeln lassen will, als zickig und hysterisch und wer ein wenig mehr Selbstbewusstsein hat als der Camp-Durchschnitt, gilt schnell als eingebildet - die Protagonistin hingegen darf in Selbstmitleid baden, eifersüchtig sein, zwischen mehreren Polen hin und her pendeln und wird dabei immer als tapfer und mutig beschrieben und bleibt die "ganz besondere Schneeflocke". 

Ich fasse nochmal kurz zusammen: viele sexistische Klischees, eine nervige Protagonistin, ein unsympathischer Protagonist, ein sehr geringer Fantasy-Anteil und ein vernachlässigter Spannungsbogen - der Funke ist bei mir hier definitiv nicht übergesprungen. Daran konnte auch Marah Woolfs Schreibstil nichts ändern, der leider vieles, was zu einer spannenden Schlüsselszene hätte werden können, schnell und plump abhandelt. Auch der für einen New Adult Roman typische umgangssprachliche, schlichte Stil unterstreit nur, dass wir hier nicht mit vielen mystischen Fantasy-Szenen rechnen können. Und um meine ultimative Enttäuschung nochmal auszudrücken: auch die eingeschobenen Berichte von Hermes, die ich anfangs für sehr vielversprechend hielt, deren Funktion sich mir aber rückblickend betrachtet nicht ganz erschließt, wirken eher gezwungen und unnötig. Er fasst häufig einfach nur das vorherige Kapitel kurz zusammen, gibt pseudo-weise und häufig sexistische Kommentare ab und nervt mit offensichtlichen Vorausdeutungen. Band 2 werde ich wohl nicht mehr lesen.




Fazit:

Viele sexistische Klischees, eine nervige Protagonistin, ein unsympathischer Protagonist, ein verkümmerter Fantasy-Anteil und ein vernachlässigter Spannungsbogen - der Funke ist bei mir hier definitiv nicht übergesprungen. Leider habe ich hier keine spannende Adaption auf die griechischen Sagen bekommen, sondern in erster Linie ein viel zu kindisches und stellenweise nerviges Teenie-Drama.

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