Allgemeines:
Titel: A Single Kiss
Autorin: Ivy Andrews
Genre: New Adult
Verlag: Blanvalet (21. Dezember 2020)
ASIN: B07ZTGBQ12
ISBN-10: 3734108586
ISBN-13: 978-3734108587
Preis: 9,99€ (Kindle-Edition)
12,99€ (Broschiert)
Seitenzahl: 544 Seiten
Weitere Bände: "A Single Night" (Band 1, Libby & Jasper)
"A Single Word" (Band 2, Oxy & Henri)
"A Single Touch" (Band 3, Val & Parker)
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Inhalt:
Seit Ella denken kann, dreht sich alles um »French Chic«, das Mode-Unternehmen ihrer Familie. Während ihr Bruder Henri die Geschäftsleitung übernehmen wird, soll Ella eines Tages die Designabteilung der Firma leiten, etwas anderes stand nie zur Debatte. Dabei ist Mode in Wahrheit gar nicht Ellas Ding, das wird ihr während des Auslandsjahrs in Plymouth nur allzu bewusst. Viel lieber würde sie mit einer Kamera bewaffnet durch die ungezähmte Landschaft Cornwalls streifen oder sich in einer Dunkelkammer verschanzen. Doch dann läuft ihr Callum vor die Linse. Callum, der tätowierte Bad Boy, der ihr Herz in Aufruhr versetzt, der sie ermuntert, ihren Träumen zu folgen – der aber so ganz anders ist, als der Mann, den ihre Eltern an der Seite ihrer Tochter sehen …
Bewertung:
Nach Titel, Klapptext und Cover hatte ich bei "A Single Kiss" ehrlich gesagt mit einer recht oberflächlichen Geschichte gerechnet. Der tätowierte Bad Boy und die verwöhnte Prinzessin? Das klingt doch auf den ersten Blick wie ein laufendes Klischee. Doch falsch gedacht! Was Ivy Andrews hier aus diesem Ansatz macht, ist alles andere als oberflächlich. Statt sich komplett auf Callum und Ellas Liebesgeschichte zu konzentrieren, setzt sie weit vor deren ersten Begegnung an und erzählt viel breiter von deren Leben und Entwicklung, als man das sonst vom New Adult Genre kennt.
Ella: "Als Fotograf hat man viel Macht. Man kann Leute, Landschaften, aber auch Dinge schön oder hässlich in Szene setzen. Manchmal kann man die Intension des Fotografen spüren. Wollte er provozieren? Wollte er etwas verbergen und vom Wesentlichen ablenken? Bei diesem Porträt hier sieht man die Liebe. Cals Liebe zu mir. Jeder Millimeter Fotopapier strahlt sie aus."
Das Cover passt ganz wunderbar zu den anderen drei Bänden der L.O.V.E.-Reihe, welche sich um die vier Mitbewohnerinnen einer WG in Plymouth dreht, deren Initialen zusammen den Schriftzug LOVE ergeben. Die Geschichten von Libby, Oxana und Val wurden schon in den ersten drei Bänden erzählt, hier wird nun ausgebreitet, wie die Französin Ella in einem spontanen Auslandssemester ihr Glück findet. Zu sehen ist auf allen vier Bänden eine Textur, die an einen ausgebreiteten Tüllrock erinnert und in unterschiedlichen Farben schimmert. Dieser Abschlussband ist ganz in einem hellen Blau mit türkisgrünen Einstichen gehalten. Wie auch bei den Vorgängern ist der Titel in großen weißen Buchstaben abgedruckt.
Wer jetzt Angst bekommt und denkt, "oje, ich habe die ersten Bände ja gar nicht gelesen, dann ist das vielleicht doch nichts für mich", dem sei gesagt, dass Ivy Andrews in jedem ihrer vier Bände ungefähr dieselbe Erzählzeit abdeckt. Dass die drei anderen Bände zu genau derselben Zeit spielen sorgt natürlich dafür, dass es die Handlung betreffend einige Überschneidungen gibt und dieselben Ereignisse immer wieder aus einer anderen Perspektive erzählt werden. Wie die drei anderen Mädels ihre Liebe finden, bekommen wir in "A Single Kiss" nur am Rande mit, sodass man die Teile der Reihe ohne Probleme unabhängig voneinander lesen kann und auch keine bestimmte Reihenfolge beachten muss. Die Autorin setzt hier mit einem sehr langen Prolog sogar schon ein bisschen vor dem Beginn des Auslandssemester an, als alle Uhren noch auf Null stehen und deckt dann mit ihrer Erzählung die Entwicklungen von mehr als einem Jahr ab, bis ein Epilog sogar nochmal ein gutes Jahr in die Zukunft springt.
Erster Satz: "Noch immer keine Nachricht von Étienne."
Ivy Andrews hat hier also eine etwas andere Zeiteinteilung gewählt, als ich angenommen hatte. Statt mit der ersten Begegnung ihrer zwei Hauptfiguren einzusteigen, nimmt sie uns erst mit in deren jeweiliges Leben und es gehen ca. 130 Seiten ins Land, bis Callum und Ella sich im Copyshop des College in Plymouth zum ersten Mal über den Weg laufen. Weitere 300 Seiten dauert es dann, bis die beiden sich näherkommen. Das ist zum einen der Tatsache geschuldet, dass Ella in Paris einen festen Freund hat und ihm gegenüber loyal ist, auch wenn sie sich schon seit ihrer ersten Begegnung stark zu dem schottischen Fotografen hingezogen fühlt. Auch Cal will Ella zu nichts drängen und gibt ihr den Raum und die Zeit, die sie braucht, um sich über ihre Gefühle klar zu werden. Zum anderen stehen den beiden auch jede Menge Arbeit für die Uni, Trips ins Ausland und andere Aktivitäten im Weg, denn während sich die Anziehung zwischen den beiden steigert, passiert auch unabhängig von ihren gelegentlichen Begegnungen noch einiges an Handlung.
Callum: "Man sagt gemeinhin, sie (die Augen) seien das Fenster zur Seele, und meine Erfahrungen als Porträtfotograf stimmen damit überein, doch noch nie habe ich so viel in den Augen eines Menschen gesehen wie in ihren. Da sind kühle Intelligenz und feurige Leidenschaft, die sich mit etwas anderem paaren, das ich nicht ganz greifen kann, das mir aber unwahrscheinlich bekannt vorkommt."
Hierzu muss man sagen, dass "A Single Kiss" mit 544 Seiten etwas umfangreicher als die typische Liebesgeschichte ist und man der Geschichte das auch in vielen Aspekten anmerkt. Egal ob Protagonisten, Nebenfiguren, Handlungsstränge, Setting oder Atmosphäre - alles hat durch den größeren Umfang ein bisschen mehr Zeit, sich zu entwickeln. Eine Insta-Love gepaart mit einer sehr langsamen Entwicklung? Das funktioniert unter anderem auch durch Ivy Andrews Erzählstil. Sie schreibt nicht nur sehr lebendig und kreiert eine tolle Wohlfühlatmosphäre, sondern lässt auch wahnsinnig viele Details in ihre Geschichte einfließen. Die Autorin geht mit vielen Szenen stark in die Breite und reißt auch die Geschichten weiterer Nebenfiguren an. Der Fokus liegt zwar schon auf Ella und Cal, deren Leben wird aber viel komplexer geschildert als das in vielen Liebensgeschichten der Fall ist, in denen die Handlung nur aus Szenen besteht, in denen die beiden Figuren aufeinandertreffen. Mir persönlich hat das sehr gut gefallen, da die Figuren dadurch nicht nur auf die Sicht und den Kontakt mit dem jeweils anderen beschränkt sind.
Ella: "Du bist außergewöhnlich! Außergewöhnlich klug, außergewöhnlich temperamentvoll, außergewöhnlich schön." Die Art, wie er es sagte - so, als würde er jede einzelne Silbe auch wirklich so meinen -, jagt mir einen Schauer über den Rücken."
Dass das in Gesamtheit dem ein oder anderen Leser ein bisschen zu ausführlich sein könnte, kann ich mir aber schon vorstellen. Gerade auch der recht flache Spannungsbogen, der nicht durch viele Dramen und Skandale gepusht wird, sondern sich sehr auf die Entwicklung, die Gefühle und die Kunst der Protagonisten fokussiert, könnte nach einigen Geschmäckern wohl zu Längen führen. Die sehr langen Kapitel könnten diesen Eindruck noch verstärken. Ich als passionierte Fantasy-Leserin hingegen bin ein sehr großer Fan von ausführlichen Beschreibungen und langsamen Entwicklungen und habe das deshalb vor allem als positiv empfunden. Kritisieren will ich aber, dass das letzte Drittel, in dem sich die Beziehung zwischen Cal und Ella endlich aufbaut im Vergleich zum sehr ausführlichen Anfang doch ein wenig kurz ist. In der heißen Phase springen wir nur noch von einer Schlüsselszene zur nächsten, während in der Anfangszeit das ganze Alltagsgeschehen der beiden ausgebreitet war. Protagonisten, Setting, Atmosphäre und Handlung tun das langsame Erzähltempo also sehr gut, die Liebesgeschichte an sich bleibt aber ein kleines bisschen auf der Strecke.
Callum: "Ella. Ella. Ella. Wie die Laute von Buschtrommeln durch den Dschungel, geistert ihr Name wieder und wieder durch meinen Kopf. Meine Gedanken drehen sich unentwegt um sie, und es vergeht keine Nacht, in der ich nicht von ihr träume. Ich bin wie ein Seefahrer, der den Ruf des Meeres hört, aber ihm nicht folgen kann. Zumal das Meer irgendwie die dumme Angewohnheit entwickelt hat, sich eilig zurückzuziehen, sobald es mich erblickt."
Zum vielversprechender "tätowierter Fotograf mit schottischem Akzent, der seine wilden Jahre schon hinter sich hat und genau weiß, was er will, trifft auf skandalträchtige reiche Erbin eines Modeimperiums, die in einem Auslandssemester das erste Mal die Chance bekommt, sich selbst auszuprobieren und ihren Weg zu finden"-Motiv gesellen sich eine wundervolle Mädels-WG, deren besondere Freundschaft auf jeden Fall dafür gesorgt hat, dass ich die Geschichten von Libby, Oxy und Val auch noch lesen will und einen Ausflug in die Welt von Fashion und Fotografie. Beide Themen sind leidenschaftlich, künstlerisch, aber auch sehr gut recherchiert mit in die Geschichte integriert. Ob es nun um verschiedenen Fototechniken geht, Halloweenkostüme, Fotoshootings, die Abschlusskollektion oder den Streit um die richtige Kamera - Ivy Andrews beschreibt das Fachgesimpel und die Ergebnisse der künstlerischen Arbeit ihrer Figuren so anschaulich, dass Laien sich alles wunderbar vorstellen können und Leser mit ein bisschen mehr Vorwissen keine Widersprüche finden. Dass die Autorin selbst als Hochzeitsfotografin und Designern gearbeitet hat, hat ihr dabei bestimmt auch geholfen.
"Du lachst, Ella, also hat es bereits funktioniert", erwidert er so ernsthaft, das mein Herz einen Schlag aussetzt. Für einen kurzen Moment scheint die Welt zu stehen, und alles ist gut - sogar mehr als gut, wenn ich ehrlich bin. Es ist perfekt."
Was dem Lesevergnügen leider einen Dämpfer verpasst hat, ist der extrem unnötige Prä-Happy-End-Breakdown, der auf das zuckersüße Beisammensein von Cal und Ella ziemlich bald folgt. Dieser typische "oje, ohne mich bist du viel besser dran"-Turn gefolgt von einem schweren Fall des "du bist zu gut für mich"-Moments, ist ein oft genutztes Klischee, das aber mal so gar nicht zu Callum und Ella gepasst hat, die ja eigentlich sehr offen über ihre Ängste und Hoffnungen gesprochen hatten und sehr weit waren in ihrer Beziehung. Die letzten Seiten der Geschichte und die Handlungen der beiden Figuren während dieser Phase, die übrigens auch in wenigen Sätzen abgefertigt wird, haben mich also überhaupt nicht überzeugt. Nicht nur, weil sie nicht besonders kreativ waren, sondern viel mehr, weil es einfach nicht zu den Figuren gepasst hat und man einfach nur die Augen verdrehen und zum Happy End springen wollte.
Fazit:
Ivy Andrews nimmt hier zwei bekannte Klischees, entwickelt sie über einen längeren Zeitraum zu komplexen Figuren und kombiniert das Ergebnis mit einer tollen Freundschaft und Einblicken in Fashion und Fotografie. Was dabei herauskommt ist eine vielseitige und liebevoll erzählte Liebesgeschichte über ein prägendes Jahr im Leben zweier Künstler, die trotz vieler Schwierigkeiten zusammenfinden. Schade sind nur das etwas unpassende Ende und die leichte Überlänge der Einleitung.
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PS: Vielen Dank an den Verlag für das Rezensionsexemplar, was meine ehrliche Meinung jedoch nicht beeinflusst hat.
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