Dienstag, 23. Mai 2023

Serienempfehlung: Queen Charlotte - A Bridgerton Story

Seit Netflix nach dem weltweiten Erfolg von Bridgerton 2021 eine Prequel-Serie in Auftrag gegeben hat, war ich sehr gespannt auf die Geschichte von Queen Charlotte. Das von Shonda Rhimes (Grey's Anatomy) geschriebene Spinn-Off, das am 4. Mai erschien, erzählt nun in sechs Folgen die Geschichte von drei starken Frauen und eine ganz besondere Liebesgeschichte, mit deutlich mehr Tiefe, als ich es dem fröhlichen Bridgerton-Universum zugetraut hätte...

Darum geht´s:

Als junge Charlotte aus Deutschland (India Ria Amarteifio; Golda Rosheuvel) gegen ihren Willen mit dem König von England, George III (Corey Mylchreest; ), verheiratet wird, weiß sie nicht, was sie in London erwarten wird. Nach ihrer Ankunft im Palast erkennt sie jedoch schnell, dass die Königsfamilie einige Geheimnisse verbirgt. Georges Mutter Prinzessin Augusta (Michelle Fairley) hat bei überall ihre Finger im Spiel und auch Charlottes neuer royaler Ehemann ist überraschend unberechenbar. Während sie lernt, sich im Palast und den Adelskreisen zurechtzufinden und um ihre Ehe kämpft, reift sie langsam zu einer nie dagewesenen Monarchin.


Deshalb sollte ich mir die Serie ansehen:

"Queen Charlotte" unterscheidet sich in verschiedener Hinsicht stark von der Bridgerton-Hauptserie. Zunächst ist die Erzählstruktur deutlich komplexer und weniger linear als in der Hauptserie. Die in Staffel 1 und 2 bisher nur angedeutete Geschichte von Queen Charlotte wird hier nämlich auf zwei Zeitsträngen erzählt. Der erste beginnt 1761 mit Charlottes Hochzeit mit König George und erzählt, wie die beiden trotz schwieriger Umstände zueinander finden, 15 Kinder bekommen und weshalb die Königin in der Hauptserie trotzdem alleine und unglücklich regiert. 

Immer wieder unterbrochen wird die Erzählung allerdings von einem zweiten Handlungsstrang, der 1817 mit dem Tod des ersten royalen Erben beginnt und davon erzählt, wie die erwachsene Queen Charlotte ihre Kupplungs-Ambitionen auf ihre eigenen Kinder richtet, um den Fortbestand ihrer Linie zu sichern. Nebenbei haben außerdem Lady Agatha Danbury (Arsema Thomas; Adjoa Andoh) und Lady Violet Bridgerton (Connie Jenkins-Greig; Ruth Gemmel) auf beide Zeitsträngen Auftritte, weshalb die Rollen ebenso wie die von Charlotte doppelt besetzt sind. An dieser Stelle ein großes Kompliment an das Casting - die Besetzung der jungen Rollen so wahnsinnig passen zu den älteren DarstellerInnen gewählt, dass man oft vergisst, dass die Rolle von zwei verschiedenen Personen gespielt wird. Über die sechs Folgen hinweg steht der frühere Handlungsstrang aber eindeutig im Vordergrund und die Auftritte der älteren Figuren, die oft von Lady Wistledown anmoderiert werden, sind eher ein nicht zwingend notwendiges, aber nettes Plus. 

Neben der komplexeren Erzählart ist auch der Erzählton deutlich düsterer als die pompöse, problemfreie Scheinwelt der anderen Bridgerton-Staffeln. Klar, der Look der Serie ist mit aufwändigen Kleider, opulenten Bälle, reich gedeckten Tafeln, vergoldeten Palästen und frühlingshafte Gärten voller Blumen ebenfalls luxuriös und strahlend. Durch die psychische Erkrankung von George enthält die Geschichte allerdings auch einige düstere Episoden und bittersüße Momente, die der Serie mehr Tiefe verleihen. Unter welcher Krankheit genau die historische Figur George gelitten hat, ist umstritten. Die Serienmacher stellen George hier aber mit einer bipolaren Störung mit psychotischen, manischen Schüben und Angstsymptomen dar, die nicht nur seine Rolle als König gefährdet, sondern auch seine Ehe mit Charlotte belastet. Zu sehen, wie die beiden trotz allem einen Weg finden, ein gemeinsames Leben aufzubauen und ihre ganz eigene Form der Kommunikation erfinden, ist wirklich herzerwärmend! 

Auch abseits der Liebesgeschichte werden viele inhaltliche Themen angesprochen, die zuvor ausgeklammert wurden. Durch Lady Danburys Geschichte wird zum ersten Mal die Rolle der Frau in der damaligen Gesellschaft kritisiert und die Abhängigkeit von einem Ehemann entromantisiert. Außerdem wird hier mit dem "großen Experiment" erklärt, wie das colorblind Casting der Serie entstanden ist und weshalb im Bridgerton-Universum eine dunkelhäutige Königin auf dem Thron sitzt. Mit den beiden Dienern Brimsley (Sam Clemmett; Hugh Sachs) und Reynolds (Freddie Dennis) kommt außerdem erstmalig eine queere Lovestory vor.

Es gibt jedoch auch einige Punkte, in denen "Queen Charlotte - A Bridgerton Story" ganz dem üblichen Bridgerton-Konzept folgt. Der erste Punkt ist wieder die sehr moderne Aufmachung mit Popsongs, die von klassischen Streichorchestern gespielt in Ballszenen eingebaut werden und die bunten Farbgebung von Kostümen, Setting und Natur, die an ein Disney-Märchen erinnert. Auch in Sachen Sexszenen steht das Spinn-Off der Hauptreihe in nichts nach - im Gegenteil. So viele recht freizügigen, aber geschmackvoll inszenierten Sexszenen wie hier gab es noch nie. Ebenso wie bei den anderen Staffeln kann ich abschließen auch nur die Empfehlung aussprechen, die Serie falls möglich im Originalton zu schauen, um den britischen Akzent und die köstlich hochgestochene Sprache genießen zu können ("it was delightful, ideed"😂😁). Wer sich lieber die Übersetzung zu Gemüt führen will, kann sich aber auch an der erstaunlich gut gelungenen Synchronisation erfreuen. Ob nun deutsch oder englisch - die 6 Folgen vergehen wie im Flug und machen Lust auf mögliche Fortsetzungen. Besonders bei Violet Bridgertons Geschichte sehe ich noch Potenzial für weitere Staffeln. Aber auch bei Charlotte und George bleiben nach der letzten Folge noch einige Fragen offen: Was ist mit Reynolds passiert? Wieso leben die beiden schlussendlich doch in zwei getrennten Häusern? Wieso ist Charlottes Beziehung zu ihren Kindern so kalt? ... Über einige erneute Auftritte der Figuren in einem möglichen weiteren Spinn-Off würde ich mich sehr freuen. Nun bin ich aber erstmal sehr gespannt auf die dritte Staffel "Bridgerton", die hoffentlich im Herbst erscheinen wird!

Fazit

"Queen Charlotte - A Bridgerton Story" ist eine moderne Kostümfilm-Romanze mit diversem Colourblind-Casting, opulentem Look, aktuellen Popsongs, liebenswerten Figuren und überraschender Tiefe. Das Spin-Off kann mit einer komplexeren Erzählart, einem düsteren Erzählton und den angesprochenen Themen punkten.


Zum Trailer:



Bild-Quellen: Moviepilot.de

2 Kommentare:

  1. Das Casting fand ich auch unheimlich gut!!! Man könnte fast Verwandtschaft zwischen den Darstellern annehmen haha
    Ich hab die Serie (wie auch Bridgerton) zusammen mit Mama auf Deutsch geguckt und fand die Synchro auch echt gut. Normalerweise cringe ich mittlerweile immer ein bisschen, wenn ich mir was Übersetztes angucke, weil ich alleine alles im englischen Orignal gucke, aber hier nicht! :D
    Was mit Reynolds passiert ist, haben wir uns auch gefragt. Vermutlich gestorben, sonst hätte Brimsley am Ende da ja nicht alleine getanzt :( Habe ihre Lovestory fast noch lieber verfolgt als die von Charlotte und George ♥

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    1. Ja oder? Ich fand auch, dass die DarstellerInnen locker verwandt hätten sein können, so gut waren die ausgewählt!
      Ich habe auch immer ein bisschen Angst vor den Synchronisationen, weil das manchmal ganze Szenen oder Figuren kaputt machen kann (ich erinnere dich mal zum Beispiel an das "dü" von Matthias in "Shadow and Bone"....;-)). Aber super, wenn das bei Queen Charlotte nicht der Fall war!
      Ich weigere mich anzunehmen, dass Reynolds gestorben ist!!! Ich dachte, vielleicht ist er ja einfach beim König, der woanders wohnt und deshalb sind nicht nur ein Paar, also Charlotte und George, getrennt und unglücklich, sondern noch ein zweites. Aber vielleicht kommt für die beiden ja auch nochmal ein Auftritt in einem der weiteren Spin-Offs....?

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