Allgemeines:
Titel: Die Farben meiner Hoffnung
Autorin: Lisa Summer
Genre: Dystopie
Verlag: Selfpublishing über BoD (6. August 2020)
ASIN: B0893KKFC1
ISBN-10: 3751902775
ISBN-13: 978-3751902779
Seitenzahl: 408 Seiten
Preis: 5,99€ (Kindle-Edition)
19,95€ (gebundene Ausgabe)
12,95€ (Broschiert)
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Inhalt:
Für die jungen Frauen im System steht die jährliche Türkise Nacht an. Heute werden sie das erste Mal den unverheirateten Männern aus der Spike vorgestellt. Wer sie ersteigert, den werden sie heiraten. Eliza und Kyra sehnen sich schon lange nach diesem Tag: Endlich werden sie frei sein, endlich eine Familie gründen können, endlich das Tageslicht sehen. Aber eine Sache quält Eliza dabei. Was wird passieren, wenn sie eine Tochter gebärt? Für Mädchen ist kein Platz in der Spike.
Als dann auch noch Kyra kurz vor dem Fest in der Wüste verschleppt wird, begreift Eliza, dass nicht alle Männer aus der Turmstadt gut sind. Sie muss sich entscheiden: Spielt sie die Regeln dieser Welt mit oder geht sie ihren eigenen Weg?
Bewertung:
"Die Farben meiner Hoffnung" ist in vielerlei Hinsicht vor allem eins: eine positive Überraschung! Ich sage das nur ungern, weil das ja implizit bedeutet, dass ich anscheinend immer noch Vorurteile gegenüber Selfpublishern und geringe Erwartungen hinsichtlich Jugenddystopien habe, will der Young-Adult-Dystopie aus der Feder der bayrischen Selfpublisherin Lisa Summer aber ganz ausdrücklich zugutehalten, dass sie meine Erwartungen weit übertroffen hat. Trotz kleiner Schwächen konnten mich Gestaltung, Schreibstil, Protagonistin, Setting und Handlung überzeugen, sodass ich "Die Farben meiner Hoffnung" sehr gerne weiterempfehle!
Bei der Gestaltung fängt es schon an. Das bunte, leuchtende Motiv auf dem Cover erinnert an eine Rosenblüte, was in Kombination mit dem schwarzen Sternenhimmel des Hintergrunds und der Typografie des Titels gleichzeitig edel und ansprechend wirkt. Der Titel, den ich zu Beginn nur für eine schön klingende Plattitüde gehalten hatte, entwickelt im Laufe der Geschichte außerdem eine tiefere Bedeutung, sodass ich ihn nun sehr gelungen finde. Auch dass neben dem Buch auch Lesezeichen und Postkarten gedruckt und an mich verschickt wurden zeigt, dass dies nicht die erste Veröffentlichung der Autorin ist. In den Leselaschen der broschierten Ausgabe finden sich Zitate und weitere Lesetipps, außerdem beginnt jedes der 42 Kapitel mit einer schön ausgestalteten Ranke. Für Selfpublishing sind Satz und Gestaltung also beeindruckend hochwertig. Ein paar wenige Fehler haben sich zwar eingeschlichen, doch darüber kann man angesichts der ansonsten großartig gearbeiteten Geschichte problemlos hinwegsehen.
Erster Satz: "Verflucht!"
Statt uns mit langen Einführungen zu langweilen, geht es gleich auf den allerersten Seiten der Geschichte ans Eingemachte. Wir begleiten die Protagonistin und Ich-Erzählerin Eliza auf einen geheimen Ausflug in die Wüste, wo sie sich mit ihrer besten Freundin und Geliebten Kyra ein letztes Mal treffen will, bevor sie beide an den Höchstbietenden als Ehefrau verschachert werden. Auch wenn Eliza Zweifel hat und ihre persönliche Freiheit über alles andere stellen würde, bedeutet die baldige Türkise Nacht und die Heirat ein Aufstieg, denn so kann sie dem System entfliehen und in die Spike ziehen. Statt im von den Wächterinnen überwachten unterirdischen Höhlensystem in der Wüste hausen zu müssen, würde sie ein schickes Appartement in der hochmodernen Turmstadt der Männer beziehen können. Als jedoch der Ausflug in die Dünen schrecklich schief geht, ihre Freundin von Frauenjägern entführt wird und ausgerechnet der Prinz des Reichs an ihr Gefallen findet, muss sie sich fragen, ob ihr Traum nicht eher ein Albtraum ist...
"Es tut mir unendlich leid, was dir passiert ist. Es muss schrecklich gewesen sein."
Das war es. Ich dachte an die Flammen. An die vielen Vertrauensbrüche. An die Schmerzen. An alles. Und dann sah ich meine kleine Ky und wusste, wofür ich all das durchgestanden hatte."
Nach dem düsteren, rasanten aber sehr undurchsichtigen Beginn lernen wir nach der Türkisen Nacht in der Spike zusammen mit Eliza die Welt, in der sie lebt schleichend kennen. Da sie ihr ganzes bisheriges Leben abgeschieden im sogenannten System verbracht hat, sind neben dem Leser auch ihr viele Hintergründe nicht klar. Denn in der dystopischen Welt des Jahres 2175, die von vier Weltkriegen und einem tödlichen nur von Frauen übertragenen Virus geprägt wurde, sind nicht nur große Teile der Erdoberfläche mit Wasser und mit Wüste bedeckt sondern auch die Frauen aus Sicherheitsgründen von den Männern getrennt und leben abgeschieden in der Wüste. Nur einmal im Jahr ersteigern die Männer sich eine Ehefrau und nehmen sie mit in die Spike, um weitere Generationen zu sichern. Jedoch ist nur männlichen Nachkommen das Aufwachsen in der privilegierten Turmstadt erlaubt. Erwartet eine Frau ein Mädchen, muss sie dieses entweder nach der Geburt töten lassen oder mit ihrem Neugeborenen wieder ins System zurückkehren und ihr Leben und ihren Ehemann zurücklassen. Eine heftige, wenn auch sehr spannende Regelung, die für viele Konflikte in der Handlung und in der Protagonistin sorgt und das Thema der Geburtenkontrolle drastisch überspitzt.
"Nur du kannst es beenden. Sei ein Held für dieses Land. Tritt dein Erbe an und zeug den Menschen in Ulanqab, dass Frauen es wert sind, sie in der Stadt zu haben, sie zu lieben und zu achten... Zeig ihnen, dass es kein Verbrechen ist, eine Tochter zu bekommen."
Neben diesen Hauptthemen der Geburtenkontrolle und der Unterdrückung der Frau geht es in dieser Dystopie auch um politische Intrigen, Menschenhandel und Technologien. Im Vordergrund stehen jedoch auch die zarte Liebesgeschichte und Elizas Gefühle. Demnach kommt die eigentliche Handlung im Mittelteil auch kurzzeitig wenig vom Fleck und lebt vor allem von den Figuren und ihren Emotionen, was dafür sorgt, dass das Worldbuilding nur schleichend vonstattengeht. Erst im letzten Drittel verstehen wir die Zusammenhänge der Lebensbedingungen und können die Vorgänge zeitlich und räumlich einordnen, wodurch die Spannung hochgehalten wird. Hier gelingt es der Autorin zwar gut, ihren Figuren Leben einzuhauchen und den Leser ihre Konflikte hautnah erleben zu lassen, dennoch hätte ich mir hier ein paar mehr Details über Hintergründe des Settings oder ein klareres Voranbringen der Handlung gewünscht, da sich einige Kapitel etwas ziehen.
"Gelb den Kindern, die wie die Sonne lachen.
Orange den Älteren, die Jugendspäße machen.
Blau den Anwärtern, bald in Türkis gehüllt.
Gold den Zurückgekehrten, denen der Sohneswunsch nicht erfüllt.
Weiß den Weisen, den Heilern, Ammen, Hebammen.
Grau den anderen, die nichts mehr haben, wofür es sich lohnt zu bangen.
Violett all jenen, die Sünde begangen.
Und Rot den Heiligen Wächterinnen, die um Kontrolle rangen."
Dennoch bleibt die Geschichte über die 408 Seiten hinweg durchgängig flüssig und spannend lesbar, was in Teilen am Schreibstil der Autorin und in Teilen an der Anziehungskraft des Settings liegt. Lisa Summer schreibt eingängig, emotionsbetont und schafft es, die große Zeitspanne von fast einem Jahr, über die sich die Handlung hinweg zieht, geschickt zu raffen. Außerdem sorgen auch die vielen Gegensätze der Kulisse für eine spanende Dynamik, da hier ein arabisches Wüstensetting auf eine dystopische Zukunftsvision trifft. Das einfache Leben der Frauen in den unterirdischen Höhlensystemen stehen dem technisch hochentwickelten Leben in dem hohen Turm, der Spike, gegenüber, aufrichtige Liebe und Freundschaften treffen auf Hass und Unterdrückung, Vertrauen und Loyalität wechseln sich mit Verrat und Intrigen ab und machen die Geschichte somit lebendig.
"Du bist stark. Du hast schon so viel durchgestanden und bist nicht daran zerbrochen. Aber wenn du dieses Kind liebst - und ich sehe dir an, wie sehr du dies tust - dann musst du euch retten."
Einen großen Beitrag zum Aufpeppen des Mittelteils leisten auch die Figuren, allen voran Eliza. Sie ist eine sehr erwachsene, reife Protagonistin, die zwar ein rebellisches Temperament hat, sich aber auch anzupassen weiß und ihre Schlachten weise wählt, um zu überleben. Ihre Liebesgeschichte mit Aslan hingegen beginnt stark und mit viel Potential, entwickelt sich dann aber nur noch wenig weiter, sodass er für mich relativ blass blieb. Da sind mir Nebenprotagonisten wir Elizas Zofe Serafine oder ihre Ziehmutter Maria eher ans Herz gewachsen. Durch die etwas älteren Protagonisten und die angesprochenen Themen wie Heirat, Schwangerschaft oder Erziehung wirkte die Geschichte generell reifer auf mich als übliche Jugenddystopien, weshalb ich "Die Farben meiner Hoffnung" auch eher für ein erwachsenes Publikum empfehlen würde.
Als ob die Autorin dann das Gaspedal entdeckt hätte, nimmt der Plot im letzten Drittel rasant an Fahrt auf und wartet mit vielen Wendungen, Überraschungen, Offenbarungen sowie auch vielen blutigen Kämpfen, Fluchten und Leiden auf. Auf den heftigen Showdown, bei dem ich mir an mehreren Stellen nicht sicher war, wie das noch gut ausgehen soll, kommt das tatsächliche Ende dann etwas plötzlich und lässt uns mit einem relativ vagen Epilog, der einiges unausgesprochen lässt, zurück. Dennoch findet die Autorin einen gelungenen Abschluss für die Geschichte und man kann sie mit einem guten Gefühl beiseitelegen und auf ihren nächsten Streich warten.
Fazit:
Arabisches Wüstensetting trifft auf dystopische Zukunftsvision - "Die Farben meiner Hoffnung" ist eine erstaunliche reife Jugenddystopie mit einer starken Protagonistin, schleichendem Worldbuilding und einem Setting, das vor allem von Gegensätzen lebt.
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*unbezahlte WERBUNG*
Vielen Dank an die Autorin für das Rezensionsexemplar, was meine ehrliche Meinung jedoch nicht beeinflusst hat.
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