Nach meinem "Haus des Geldes"-Rewatch im Frühjahr hatte ich mal wieder richtig Lust auf eine spanische Serie und bin durch eine Empfehlung bei dem spanischen Kriminalthriller "Toy Boy" gelandet.
Darum geht´s:
Nachdem der Stripper Hugo Beltrán (Jesús Mosquera) sieben Jahre unschuldig im Gefängnis verbracht hat, nutzt er seine Freilassung, um seine Unschuld zu beweisen, indem er die wahren Hintergründe des Verbrechens, das er nicht begangen hat, ergründet. Zusammen mit der jungen Anwältin Traina Marín (María Pedraza) und unterstützt von seinen Stripperkollegen Iván (José de la Torre), Germán (Raudel Raúl Martiato), Óscar (Carlos Scholz) und Jairo (Carlo Costanzia) aus dem Club Inferno beginnt er in den Tiefen der Stadt Marbella nach der Wahrheit zu wühlen und gerät dabei ins Kreuzfeuer zwischen den beiden mächtigen Familien Medina und Rojas...
Das denke ich über die Serie:
"Toy Boy" ist definitiv keine Serie, die ich uneingeschränkt weiterempfehlen würde, dennoch hat sie mich über 21 Folgen in 2 Staffeln hinweg gut unterhalten. In der Serie von César Benítez und Juan Carlos Cueto trifft "Magic Mike" auf Mafiaclans, eiskalte Mörder, machthungrige Intrigantinnen, düstere Familiengeheimnisse und einen ungeklärten Fall, den man - einmal angefixt - unbedingt lösen möchte.
Zwar erscheinen manche Wendungen etwas konstruiert und die Folgen sind in der ersten Staffel mit teilweise weit über einer Stunde sehr lang(-atmig), der mittelmäßig spektakuläre Krimiplot wird aber durch eine moderne und sexy Optik ordentlich aufgepeppt. Ganz dem Motto "sex sells" folgend gibt es kaum Szenen, in denen nicht mindestens eine Figur mindestens zur Hälfte unbekleidet ist und natürlich wird hier auch ganz viel gestripped und in tollen Choreografien getanzt. Neben der vielen nackten Haut tragen auch der sommerliche Flair der Küstenstadt Marbella, die gezielt ausgewählten, dekadenten Schauplätzen mit häufig neonfarbenen Akzenten sowie der leicht überladene Soundtrack mit stimmungsvollen Elektrobeats zur lebendigen, schillernden Atmosphäre der Serie bei.
Garantiert, dass man wirklich dabeibleibt, wird jedoch weder durch die Handlung noch den Look der Serie, sondern durch die recht undurchsichtigen und dynamischen Figuren. Zwar bleiben manche der Figuren über beide Staffeln hinweg nicht mehr als hübsche Lückenfüller, bei weitem sind einem nicht alle sympathisch und auch die schauspielerischen Leistungen schwanken sehr stark (vor allem die beiden Hauptfiguren konnten mich hier leider eher wenig überzeugen), das wird jedoch durch großartige Einzelleistungen wieder aufgefangen.
Vor allem drei Figuren haben es mir besonders zugesagt. Zum Einen hat mich die eiskalte, unabhängige Macarena Medina de Solís (Cristina Castaño) sehr beeindruck, welche als Oberhaupt einer einflussreichen Unternehmerfamilie gemeinsam mit ihren beiden Brüdern Mateo (Álex Gadea) und Borja (José Manuel Seda) seit Jahren einen intriganten Krieg gegen die Familie Rojas führt, die wiederum von der ebenso skrupellosen Matrone Benigna Rojas (Adelfa Calvo) angeführt wird. Gefangen in einem Kampf zwischen Machthunger, Angst, Rache, Kontrolle, Verrat, Verzweiflung und Liebe versucht sie ein Imperium zu führen und gleichzeitig ihre Familie zusammenzuhalten, worin sie eklatant versagt und mir deshalb trotz einer Menge fragwürdiger Entscheidungen ans Herz gewachsen ist. Als spannendsten Charakter würde ich ihren Sohn, Andrea Norman Medina (Juanjo Almeida), bezeichnen, welcher seit einem sexuellen Übergriff auf ihn als Kind unter einem Trauma mit psychotischen Schüben leidet. Die Art und Weise, wie er mal laut und mal leise gegen seine Familie rebelliert, dabei mal verletzlich und mal eiskalt erscheint und erst in dem stummen Stripper Jairo (Carlo Costanzia) einen Freund findet, hat mich sehr berührt. Die sich langsam anbahnende Liebesgeschichte zwischen den beiden ist definitiv die glaubwürdigste und am besten erzählteste der gesamten Serie!
Ergänzungen zur Staffel 2: Die zweite Staffel von "Toy Boy" setzt mit geringem zeitlichen Abstand die Erzählung der ersten Staffel fort, bezieht aber leider nicht mehr alle Handlungsstränge mit ein und schafft es außerdem nicht, die nach dem Staffelfinale verbliebenen offenen Fragen zum Krimifall zu beantworten. Statt weiter aufzuklären, wer hinter der Marbella-Verschwörung steckt und wer genau für wen arbeitet, bekommen wir mit den Geschwistern Giallo, die nach der Explosion im Inferno mit dem "
One Percent" einen neuen Stripclub eröffnen, zwei weitere spannende Gegenspieler vorgesetzt. Auch die Längen der Folgen und die Erzählart ändern sich hier. Während ich die Kürzung auf ein 50-Minuten-Format sehr begrüßt habe, konnte ich mit den häufig achronologisch zusammengeschnittenen Szenen mit vielen Vorausdeutungen und aufgeteilten Bildern nicht unbedingt etwas anfangen. Auch die Kriminalhandlung, welche schon in Staffel 1 zwar wenig originell war, aber wenigstens Hand und Fuß hatte, wird hier nun sehr abgefahren und künstlich. Zugunsten von Ästhetik und Atmosphäre werden viele Handlungsstränge wie beispielsweise Trianas Genesung und ihre bröcklige Beziehung zu Hugo nur am Rande behandelt, während manche Figuren wie zum Beispiel Iváns Familie oder Óscar ohne Vorwarnung einfach nicht mehr vorkommen. Ebenfalls auffällig ist, dass die Serie in ihrer Darstellung von Gewalt und Sexszenen deutlich expliziter wird und zugunsten spektakulärer Szenen auch die Glaubwürdigkeit der Figuren opfert. Es gibt einige Stellen, an denen ich den Figuren ihre Handlungen schlichtweg nicht abgenommen habe und am Ende mochte ich leider keinen einzigen von ihnen mehr. Weitergeschaut habe ich tatsächlich nur, da wir mit El Turco (Álex González) und dessen Schwester Rania (Federica Sabatini) zwei sehr interessante, dynamische und undurchsichtige Figuren dazubekommen, auf deren Hintergrundgeschichte ich sehr gespannt war. Staffel 2 endet genau wie Staffel 1 mit einem fiesen Cliffhanger. Dennoch bin ich mir nach dieser schwachen Staffel nicht sicher, ob ich eine (rein hypothetische - bisher wurde noch keine 3. Staffel bestätigt) weitere Fortsetzung anschauen würde.
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