Sonntag, 11. November 2018

Serienempfehlung: Babylon Berlin

Wenn ihr in Deutschland wohnt, habt ihr mittlerweile bestimmt schon davon gehört, denn diese Serie ist die bislang teuerste deutsche Fernsehproduktion und gerade in aller Munde: Babylon Berlin.
Die deutsche Kriminal-Fernsehserie wurde von X Filme Creative Pool in Koproduktion mit ARD, Sky und Beta Film produziert und von Tom Tykwer, Achim von Borries und Henk Handloegten als Regisseuren betreut. Die Drehbücher der ersten beiden Staffeln, die bereits öffentlich sind, basieren auf Volker Kutschers Kriminalroman "Der nasse Fisch", der im Berlin der Weimarer Republik spielt. Bislang sind 16 Folgen von jeweils rund 45 Minuten mit einem Budget von knapp 40 Millionen Euro gedreht worden. Eine dritte Staffel wurde schon angekündigt.
 
 
Worum geht´s?
 
Gereon Rath, junger Kommissar aus Köln, wird nach Berlin versetzt, um den Kriminalfall eines von der Berliner Mafia geführten Pornorings zu lösen. Was auf den ersten Blick eine simple Erpressung zu sein scheint, entpuppt sich bald als Skandal, der Gereons Leben und das seiner engsten Vertrauten für immer verändern wird. Zusammen mit der Stenotypistin Charlotte Ritter und seinem Partner Bruno Wolter sieht sich Rath einem Dschungel aus Korruption, Drogen- und Waffenhandel gegenüber, der ihn in einen existentiellen Konflikt zwischen Loyalität und Wahrheitsfindung zwingt. Denn wer ist Freund, und wer ist Feind in dieser Geschichte?

 
Warum sollte ich es mir unbedingt ansehen?
 
Die historische Krimiserie nach den Romanen von Volker Kutscher entführt uns ins Berlin am Ende der 1920er Jahre, als sich wegen der zunehmenden wirtschaftlichen Probleme sowie des daraus resultierenden Erstarkens und der wieder zunehmenden Radikalisierung der extrem rechten und linken Organisationen bereits das Scheitern der Weimarer Republik abzeichnet. Ich würde "Babylon Berlin" unbedingt als politische Serie bezeichnen, denn man bekommt nicht nur einen unfassbar umfangreichen Eindruck von der Mentalität der Menschen zu der Zeit, lernt ihre Hoffnungen, Ängste und Träume kennen sondern kann im Vorbeigehen die wichtigsten historischen Eckpunkte dieser Zeit durch die Augen der Protagonisten erleben und somit die darauffolgenden Ereignisse unserer Geschichte besser verstehen.

Dass in den 20er Jahren gesellschaftlich wie politisch unglaublich vieles und vor allem auch gegensätzliches passiert ist, macht diese Zeit zu einem reichhaltigen Nährboden für eine spannende Geschichte. Von den Nachwirkungen des ersten Weltkrieges, also von dem Leiden der Veteranen unter posttraumatischen Belastungsstörungen, die sich im sogenannten Kriegszittern äußerte, der Nahrungsmittelknappheit, den restlichen Zerstörungen und der Dolchstoßlegende ausgehend werden viele Strömungen und Machtverschiebungen der Zeit erklärbar und verstehbar: der Stolz auf die wackelige Demokratie in der Weimarer Republik, die Restaurationskräfte der alten Monarchie, die Arbeiterbewegungen des Kommunismus, der zunehmend rechte Extremismus, der sich unter dem Deckmantel der Demokratie entwickelt und nicht zuletzt die Einflüsse aus dem Ausland wie die der Siegermächte oder der russischen Revolution gegen Stalin.  Es macht sehr viel Spaß zu verfolgen, wie etliche Fraktionen ihre politischen Intrigen spinnen und die schwache Regierung langsam immer mehr unterwandern.
 
Durch etliche verschiedene Handlungsstränge, die alle auf starken und interessanten Protagonisten aufbauen, bekommen wir einen guten Überblick über die Vorgänge und Denkweisen in dieser Zeit, werden aber zu keinem Zeitpunkt mit Daten, Fakten und überdimensional erforderlichem Vorwissen überfordert. Denn in erster Linie geht es hier immer noch um die dargestellten Charaktere und ihre Problemen in der Gesellschaft. Dabei entstehen immer wieder neue Bindungen, andere lösen sich wieder, es kommen neue Sichtweisen und Erkenntnisse auf, anderes wird widerlegt, während Protagonisten kommen und gehen. Die Beziehungen der Protagonisten und auch diese selbst werden hier beindruckend dynamisch und vielschichtig präsentiert. Auf sehr subtile Art und Weise bringt jeder der Charaktere eine andere Facette der 20er Jahre mit ein und erweitert unser Bild, macht es komplexer und authentischer.

 Dass unser Hauptprotagonist Gereon Rath bei der Polizei arbeitet, erst bei der Sitte und dann bei der Mordkommission, ermöglicht uns einen umfangreichen Einblick in die Abgründe der Stadt, die sich die Serie nicht zu schade ist, ausführlich darzustellen. Es wird hemmungslos gesoffen, gemordet, gefoltert, gehurt, geschwitzt, geblutet, getanzt, gemetzelt, geschlagen, gevögelt, gekotzt und nicht alles davon ist besonders appetitlich anzusehen. In Anbetracht dessen ist der Titel natürlich mehr als passend gewählt. Der Bezug auf die historische Stadt Babylon spielt auf die Sünde, die Gewalt und die Schande an, die die biblische Stadt auf sich gezogen hat und die sich auch auf Berlin mit seinen vielen Kontrasten und Abgründen beziehen lässt. Von Leid, Armut und Hunger werden die Menschen in Gewalt und Prostitution getrieben während andere rauschende Feste feiern.
 
Die sozialen Unterschiede und die vielen Nuancen zwischen den Entbehrungen und Konflikten der Zeit und der Feierwut und Ekstasen werden nicht zuletzt auch durch Kulisse, Maske und Kostüme auf den Punkt gebracht. Ich habe noch nie eine so meisterhaft ausgearbeitete historische Serie gesehen, bei der von Licht über Text bis hin zur Musik wirklich alles stimmte. Man sieht der Produktion das riesige Budget, die drei Regisseure und die lange Drehzeit wirklich an.
 

Nicht zuletzt muss ich natürlich auch noch die Leistung der Schauspieler loben, die diese Serie erst so besonders machen. Neben Volker Bruch als Gereon Rath und Liv Lisa Fries als Charlotte Ritter spielen etliche bekannte deutsche Schauspieler mit und lassen die Zeit neu aufleben.

Ich bin mittlerweile schon mit der Serie durch und warte nun (nachdem mich das Staffelfinale ganz schön fertig gemacht hat) voll Spannung auf die dritte Staffel!


Fazit:
 
Insgesamt ist die Serie ein mitreißendes, authentisches und wundervoll ausgearbeitetes Porträt der 1920er Jahre, welches nicht nur durch die Komplexität der Handlung beeindruckt sondern auch mit dynamischen Protagonisten besticht, die uns die Probleme der Zeit greifbar machen.


 
Hier noch der Trailer:
 
 


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