Sonntag, 10. März 2019

Die Helden von Midgard



Allgemeines:

Titel: Die Helden von Midgard
Autor: Liza Grimm
Verlag: Knaur (1. März 2019)
Genre: Fantasy
ISBN-10: 342652371X
ISBN-13: 978-3426523711
ASIN: B07JZ24RN2
Seitenzahl: 304 Seiten
Preis: 9,99€ (Kindle-Edition)
12,99€ (Taschenbuch)
Weitere Bände: Die Götter von Asgard
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Inhalt

Der junge Krieger Erik ist dazu bestimmt, ein wahrer Held zu werden. Beistand auf diesem schwierigen Weg erhält er vom Gott Tyr und der Walküre Kára. Für Kára keine leichte Aufgabe, denn sie ist heimlich in den jungen Mann verliebt, der nicht ahnt, wer sie wirklich ist. Doch dann erfahren die beiden von Loki dem Listenreichen, dass Göttervater Odin es allen Bewohnern Asgards strengstens untersagt hat, sich den Menschen zu nähern. Tyr und Kára ahnen nicht, dass Loki ein falsches Spiel mit ihnen spielt. Denn sollte Erik sein Schicksal erfüllen, würde ihn das direkt nach Walhall an die Tafel der Götter führen. Und es gibt jemanden, der den jungen Mann dort keinesfalls sehen möchte.


Bewertung:

Mit "Die Götter von Asgard" präsentierte YouTube-Shooting-Star Liza Grimm letztes Jahr ein originelles, spannendes Abenteuer einer jungen Heldin, die in der fremden Welt der nordischen Mythologie mit ihren tiefsten Ängsten und Träumen konfrontiert wird und auf dem Weg nach Niflheimr lernt, an sich zu glauben, was mich sehr überzeugen konnte. Dass ich natürlich auch das Prequel lesen werde, dass die Handlung mehrere Jahre vor ihrem ersten Teil erzählt und die Geschichte altbekannter Protagonisten aufgreift, stand für mich natürlich außer Frage. Leider ist dieses Prequel noch unstringenter als sein Vorgänger und kann außerdem dessen spielerischen Abenteuer-Charme nicht aufweisen. Es folgt also eine knapp 300 Seiten lange Vorgeschichte, die zwar einiges zu bieten hat, deren Handlungskonzeption mich jedoch nicht überzeugen konnte und deshalb weit hinter "Die Götter von Asgard" zurück bleibt.


Die Covergestaltung ist der des ersten Teiles sehr ähnlich, wodurch der Zusammenhang der beiden Geschichten passend verdeutlicht wird. Anstatt der eiskalten Blau- und Weißtönen, die uns zuvor auf die nordische Kälte von Niflheimr, der Welt der Eisriesen, vorbereitet hat, erwartet uns hier ein saftiges Grün, das in die Wälder von Midgard mitnimmt. Die verzierte Doppelaxt in der Mitte lässt an das Schwert von Band 1 denken und spielt wohl auf Eriks Lieblingswaffe an. Die sprießenden, weißen Blüten, die die Axt auf zarten Ästen umranken, runden das Bild ab und versetzen in eine sagenumwobene Stimmung. Dazu passt auch der dunkelgrüne Titel mit den verschlungenen Linien ganz wunderbar, der sich durch die Größe der Buchstaben gut vom Grund abhebt, ohne aufdringlich zu wirken. Auch der Titel an sich passt gut zum Inhalt - insgesamt also eine stimmige und hübsche Gestaltung! Innerhalb der Buchdeckel ist die Geschichte sehr schlicht in 23 Kapitel, einen Prolog und einen Epilog eingeteilt.

Erster Satz: "Loki saß auf einem Dach und lauschte den Todesschreien."

 So steigen wir mit einem Prolog in eine wichtige Schlüsselszene des Buches ein, die von einem vergangenen Ereignis erzählt, welches das Schicksal von unseren Protagonisten entscheidend prägen sollte. Danach war ich total gespannt, was für eine Geschichte Liza Grimm diesmal erzählen will - denn was eignet sich besser als ein schicksalhafter, blutiger Wendepunkt unter der Einmischung von zwei Göttern, um eine Geschichte zu beginnen? Als wir dann aber in die Haupthandlung geschmissen werden, die mir nach wenigen Seiten schon sehr unübersichtlich erschien, war ich erstmal enttäuscht. Statt eines langsamen Kennenlernens von Kára und ihrem "Auftrag" Erik und einer Einführung in die Welt der Menschen zu der gegebenen Zeit, werden wir mit einer Situation konfrontiert, in der Kára und Erik sich schon kennen, unsterblich ineinander verliebt sind und ein großer Kampf bevorsteht. Da stellte sich mir natürlich die Frage, wer gegen wen kämpft und warum und in welcher Zeit und an welchem Ort wir uns gerade befinden. Doch das wird einfach alles übergangen und stattdessen wird von Plünderern, Dörfern und Todesopfern geredet, als müssten wir verstehen, was vor sich geht. Wer denn genau wen überfällt, warum und was denn mit "Plünderern" und Raubzügen" gemeint ist, wurde mir erst nach der Mitte der Geschichte klar, als mir kam, dass wir es hier mit einer Art Wikingersiedlung zu tun haben und die Geschehnisse wohl im mitteleuropäischen Frühmittelalter anzusiedeln sind. So kommt es, dass wir erst nach etwa hundert Seiten sehr konfuser und nicht wirklich packender Handlung und verwirrendem Gefühlschaos das Dorf und die Charaktere wirklich kennenlernen und verstehen, worum es hier eigentlich geht. Normalerweise finde ich einen Start mitten in der Handlung sehr gut aber dieser ist mir viel zu verwirrend und mit der Vorwegnahme der Bekanntschaft und Liebe von Kára und Erik nicht besonders gelungen.

"Je länger sie sich ansehen, desto sicherer fühlte sie sich. Mit ihm an ihrer Seite konnte sie alles erreichen und sie würde alles tun, um ihn wieder lächeln zu sehen. Sie hatte in ihrem Leben bereits gegen Drachen und Hexen gekämpft. Wie schwer konnte es im Vergleich dazu sein, einen kleinen Jungen zu finden? "Ich glaube an dich", sagte sie schließlich. (…) Ein Blick in Eriks Gesicht reichte, um die Unsicherheit zu vertreiben. Seine Haut war noch immer fahl, aber der traurige Glanz in seinen Augen hatte sich durch ihre Worte in Zuversicht verwandelt. "Ich glaube an uns", erwiderte er und erhob sich."

Auch die weitere Konstruktion der Handlung ist mir viel zu unstringent. Auch wenn die Geschichte durch viele spannende Einwürfe, Kampfszenen und dem Settingwechsel zwischen Asgard und Midgard wirklich ereignisreich verläuft und auch an Vielseitigkeit einiges zu bieten hat, steuert der Plot nicht wirklich auf einen klaren Punkt zu, sondern dümpelt in einer Masse aus Plänen, Überlegungen, Motiven und Aktionen, die alle recht kurz und unrund abgewürgt werden. Dass mehrere Partien in dem Durcheinander die Finger im Spiel haben ist von Anfang an klar, aber warum genau Loki, der Listenreiche, sich einmischt (ja klar, um einer anderen Person einen Gefallen zu erfüllen aber warum tut er das?), was Tyr mit seiner heldenhaften Rettungseinstellung (die beinhaltet, Káras große Liebe umzubringen ohne ihr zu sagen, was überhaupt los ist) bezwecken will und warum zum Teufel ein liebender Vater es sich wüschen sollte, dass sein Sohn kein Held wird, ihm ein glückliches Leben verwehrt und dafür sorgt, dass er als Verräter stirbt, blieb mir aber ein großes Rätsel. Die Beweggründe einzelner Personen bleiben also höchst fragwürdig und lassen vermuten, dass die ganze Handlung viel zu kompliziert und zu verheddert geplant wurde, ohne dass die einzelnen Motive bei genauer Betrachtung wirklich wasserdicht sind.

Wenn man diese Geschichte jedoch ohne kritisches Auge liest und weder hintergründige Handlungsfäden noch seitenlange Actionszenen oder eine tiefgründige Protagonistenkonzeption erwartet, kann man auf den kurzen 300 Seiten durchaus Spaß haben. Sollte man also nur auf nette Unterhaltung aus sein, kann die nett verpackte Neuauflage der nordischen Mythologie mit ihren liebevollen Ideen und vielseitigen Akteuren durchaus über einige Wiederholungen und Fragwürdigkeiten in der Handlung hinwegtrösten. Denn im letzten Drittel legt Liza Grimm nochmal einen Zahn zu und schafft es am Ende auch, mich mit dem Ausgang ein wenig zu überraschen.

"Über ihr spannte sich eine Steindecke, in der unzählige Edelsteine das flackernde Licht der Fackeln reflektierten, welche die Kieswege säumten. Die Pfade schlängelten sich zwischen Büschen und Bäumen hindurch. Die Blätter leuchteten rot und blau, vereinzelt streckten sich Blüten in Geld und Grün dem wenigen Licht entgegen. Von den Ästen hingen Schlingpflanzen, deren Enden in kleinen Seen verschwanden, welche die Edelsteine an der Höhlendecke reflektierten und glitzerten, als trügen sie einen Teil des Universums in sich."

Die Art und Weise, wie die nordischen Sagen und Legenden hier aufgearbeitet wurden, gefiel mir außerdem auch wirklich gut. Gerade da auf 300 Seiten nicht wirklich viele Hintergrundinformationen und Beschreibungen erwartet werden können, finde ich, hat die Autorin recht viel auf dem wenigen Platz untergebracht, was mich dann schlussendlich auch dazu gebracht hat, bei der Stange zu bleiben und weiterzulesen. Neben den Menschen in Midgard treffen wir auf etliche Figuren der nordischen Mythologie. So lernen wir den Göttervater Odin mit seinen beiden Raben Hugin und Munin und die Legenden um Mimirs Brunnen und den Riesen Ymir kennen, treffen auf eine von Odins etlichen Geliebten und Gattinnen, die immer eifersüchtige Frigg, und dürfen auch mehr über Thors und Tyrs Kämpfen mit der Midgardschlange oder mit dem Fenriswolf erfahren, bei dem Tyr seine rechte Hand verlor, wobei auch der bevorstehende Weltuntergang, inklusive Tod der Götter, welchen sie Ragnarök nennen, angesprochen wird. Auch andere Teile des Weltenbaumes Yggdrasil wie Hel oder Niflheimr oder die Grotte der Nornen werden thematisiert und wir dürfen uns zusammen mit den Protagonisten von Hexen, Werwölfen, Höllenhunden, Banshees, Nixen und natürlich dem gewitzten Loki fürchten.

"Loki stand hinter einem Baum und verdrehte genervt die Augen. Liebe war eine wirklich befremdliche Sache, deren Bedeutung sich ihm nicht erschloss. Er hatte bisher noch nie etwas aus Liebe getan, und er hatte nicht vor, das jemals zu ändern. Als der Mensch blindlings in den Wald stolperte, folgte er ihm leichtfüßig und mit federnden Schritten. Ob Njal ihm den Auftrag aus Liebe erteilt hat?"

Die Protagonistin ist hier eindeutig Kára, die aus p
ersonaler Erzählperspektive erzählt, sodass wir ihre Gedanken und Gefühle erfahren können. Auch wenn wir nicht besonders viel von ihr erfahren, hat sie mir als starke Kämpferin, die sich nicht mit ihrem Schicksal und ihrer Aufgabe als Walküre abfinden und mehr sein und ihre eigenen Träume verwirklichen will, gut gefallen. Ihre Liebe zu Erik bleibt leider ein wenig oberflächlich da wir sie nicht wirklich von Anfang an verfolgen können, dafür rückt aber ihre tiefe Freundschaft zu Tyr, dem Gott des Kampfes und Sieges, weiter in den Mittelpunkt. Auch wenn sie manchmal Dinge tut, die man nicht wirklich nachvollziehen kann, fand ich sie in ihrer Rolle authentisch. Ein kleiner Wermutstropfen ist aber wieder, dass das Bild, das hier von Kára gezeichnet wird für mich nicht besonders gut zur jungen, lebensfrohen Walküre passt, die wir in "Die Götter von Asgard" kennenlernen. An einigen Stellen schweift der Erzählstrang von ihr ab zu anderen Charakteren, bei diesen bleibt die Erzählhaltung jedoch relativ neutral, was eine gewisse Distanz schafft. So bleiben die anderen Charaktere mehr Rahmenfiguren, die zwar hübsch und hilfreich sind, jedoch während der Handlung recht farblos und blass bleiben und nur einer der Nebencharaktere ist mir wirklich ans Herz gewachsen: der mutige Junge Irik.

Interessant ist dann noch der Schreibstil, der gleichzeitig locker, humorvoll und modern ist, dabei jedoch nicht auf die Beschreibungen verzichtet, die notwendig sind, um uns die verschiedenen bereisten Welten und getroffenen Wesen vor Augen zu führen. Mit schwungvollem Elan schlägt Liza Grimm ein flottes Tempo an, gerade am Ende hätte ich mir für die Geschichte jedoch gewünscht, dass sie sich ein wenig mehr Zeit nimmt.



Fazit:

Eine knapp 300 Seiten lange Vorgeschichte, die zwar einiges zu bieten hat, deren Handlungskonzeption mich aufgrund von Logikproblemen und einem schwachen Einstieg jedoch nicht überzeugen konnte, und deshalb weit hinter "Die Götter von Asgard" zurück bleibt. Für alle Fans der nordischen Mythologie eine interessante Geschichte, die auch unabhängig von "Die Götter von Asgard" gelesen werden kann - wer jedoch mehr als ein unterhaltsames Prequel erwartet, wird schwer enttäuscht werden.
 

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*unbezahlte WERBUNG* 
Vielen Dank an den Verlag für das Rezensionsexemplar, was meine ehrliche Meinung jedoch nicht beeinflusst hat. 
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