Allgemeines
Titel: Legend - Berstende Sterne
Autorin: Marie Lu
Verlag: Loewe (15. Februar 2016)
Genre: Science-Fiction Dystopie
ISBN-10: 3785583974
ISBN-13:978-3785583975
ASIN:B00K9S05RG
Seitenzahl: 448 Seiten
Originaltitel:
Champion
Weitere Bände: Legend - Fallender Himmel
(Band 1)
Legend - Schwelender Sturm (Band 2)
Legend - Das Prequel (Band 0.5)
Preis: 17,95 €
(gebundene Ausgabe)
9,95€ (Taschenbuch)
3,99€ (Kindle-Edition)
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Inhalt
Day und June haben so viel geopfert für die Republik und füreinander. Nun
scheint das Land endlich vor einem Neubeginn zu stehen. June arbeitet mit
dem Elektor und führenden Politikern zusammen, während Day einen hohen Rang
beim Militär bekleidet. Keiner der beiden hätte die Umstände vorhersehen
können, unter denen sie wieder zusammenfinden. Gerade als ein
Friedensabkommen unmittelbar bevorsteht, drohen Anschuldigungen einen
erneuten Krieg heraufzubeschwören. Um das Leben tausender Menschen zu
retten, soll June nun Day darum bitten, das zu opfern, was ihm am meisten
bedeutet ...
Bewertung
Nachdem mir Band 1, "Legend - Fallender Himmel"
und Band 2 "Legend - Schwelender Sturm"
so gut gefallen haben, musste ich zum Abschluss des Lesejahr 2021 natürlich
auch noch zum dritten und letzten Band greifen, um die Geschichte um Day und
June weiterzuverfolgen. Die gesamte "Legend"-Trilogie von Marie Lu habe
ich zwar schon 2016 in meiner Dystopien-Phase gelesen, da ich sie aber als eine
der besten Dystopien aller Zeiten in Erinnerung behalten habe (und in
Relation dazu nur noch erschreckend wenig über den Inhalt weiß), habe ich
beschlossen, das Jahr mit einem Reread ausklingen zu lassen. Auch das Finale
der Trilogie hat mir noch besser gefallen, als ich es erwartet hatte und mir gezeigt, dass sich mein
Buchgeschmack in den letzten 5 Jahren wohl doch nicht so sehr verändert hat,
wie ich das gedacht hatte. Im Gegensatz zu Band 1 und 2 habe ich aber
deutlich länger gebraucht, bis ich die 448 Seiten durchgelesen hatte und
komme deshalb zum Schluss, dass der Finalband zwar alles in allem
überzeugend, aber dennoch der schwächste Teil der Reihe ist.
June: "Verzweifelt sehe ich mich um, mein Blick tränenverschleiert, die Welt
ein Gewirr aus Blut und Qualm, Licht und Asche. Alles, was ich höre, sind
Schreie und Schüsse und blanker Hass, und ich bin so erschöpft nach dem
Kampf, so frustriert, wütend und hilflos. Sag mir, ob es das Gute auf der
Welt noch gibt. Sag mir, ob es noch Hoffnung für uns gibt."
Die gesamten Cover der Reihe bestechen durch minimalistische Eleganz. Vor dem
Hintergrund, der bei Band 3 im Taschenbuchformat weiß ist, während einem vom
gebundenen und dem Ebookformat ein violetter Hintergrund entgegenblickt, ist
dieses Mal eine goldene, stilisierte Flamme zu sehen. Auch beim Cover des
dritten Bandes ist das Motiv demnach dem englischen Original stark
nachempfunden. Schade ist hier jedoch, dass der Titel recht nichtssagend ist.
Ich habe ja schon bei meinen Rezensionen zum ersten und zweiten Teil
geschrieben, dass mich die deutsche Gegebenheit, englischsprachigen Titel des
ersten Bandes als Reihenname zu übernehmen und dann einen mehr oder weniger
bedeutungslosen Untertitel für jeden Band zu erfinden, mittlerweile ziemlich
nervt. Nach meinem Geschmack hätte es sich hier besser angeboten, die
englischen Titel von Band 2 "
Prodigy" (Wunderkind) und Band 3
"
Champion" zu übernehmen, anstatt die ganze Reihe "
Legend" zu
taufen.
Erster Satz: "Von all meinen bisherigen Verkleidungen ist mir diese möglicherweise die
liebste."
Anders als zu Beginn von Band 2 beginnt die Handlung von "Legend - Berstende Sterne" erst einige Monate nach Ende des vorangegangenen Teils, was schon der erste Indikator dafür
ist, dass die Autorin nicht ganz nahtlos an die spannende Handlung der
beiden ersten Bände anknüpfen kann. Während zuvor Day und June in einem
ständig wechselnden, kampfumtosten Setting von einer Bedrohung zur nächsten
rannten und sich laufend damit auseinandersetzen mussten, welche Seite nun
die richtige ist und wie sie zueinander stehen, bricht zu Beginn des dritten
Teils der für die Reihe so typische und mitreißende Erzählfluss erstmal ab.
Anstatt wie gewohnt gemeinsam die Probleme anzugehen, sind die beiden zu
Beginn von "Legend - Berstende Sterne" seit acht Monaten getrennt und
versuchen, ihren eigenen Weg in der immer noch auf der Kippe stehenden
Republik zu finden. Genau wie in Band 1 und 2 hat sich Marie Lu deshalb wieder dazu
entschieden, abwechselnd aus der Ich-Perspektive von Day und June zu
erzählen. Während Day seinen Bruder Eden wieder hat, in einem schicken Apartment
wohnt und gegen seine Kopfschmerzen betäubende Zigaretten raucht, muss
sich June durch die Intrigen des Senats kämpfen, um als Princeps-Anwärterin
an der Seite von Anden die Reformen durchzusetzen, die die Republik dringend
braucht. Erst als die Kolonien nach einem unerwarteten Seuchenausbruch der
Republik erneut den Krieg erklären, treffen Day und June wieder aufeinander
und das Ringen um Einheit, Freiheit und einer besseren Zukunft beginnt
erneut.
June: "Alles, was er tut ist aufrichtig, und aus diesem Grund lieben ihn die
Menschen. Er kann es sich leisten, auf sein Herz zu hören."
Neben der Tatsache, dass der Erzählfluss durch den anfänglichen Zeitsprung
unterbrochen wurde und die Figuren eine Weile getrennt bleiben, spielt auch
die Tatsache, dass gegen Ende von Band 2 ja schon eine Menge der Handlung (definitiv mehr als
bei anderen Dystopien üblich, wo das große Drama erst in Band 3 startet) in
trockenen Tüchern war, eine negative Rolle beim Spannungsaufbau. Wir
erinnern uns: Gegen Ende von "Legend - Schwelender Sturm" hat Day
seine Unterstützung für den jungen Elektor Anden erklärt, sodass der sich
anbahnende Volksauftand gerade noch verhindert und die intriganten
Patriotenführer Razor und Commander Jameson festgenommen werden konnten. Der
Weg ist nun also frei für Reformationen und ein langsamer Prozess des
Umkrempelns. Für Band 3 blieb nun also nur noch zu klären, wie sich der schwelende
Konflikt mit den Kolonien weiterentwickelt, welche Rolle June in der
zukünftigen Republik einnimmt und was es mit der Erkrankung auf sich hat,
die gegen Ende von Band 2 bei Day festgestellt wurde.
Day: "Glauben Sie denn im Ernst, dass ein Volk seine Entscheidungen allein
treffen kann? Was für eine beängstigende Vorstellung. Menschen können oft
gar nicht selbst beurteilen, was sie wirklich brauchen. Das sollten Sie
besser als jeder andere wissen, Day."
Etwas dürftig für das große Finale einer Reihe, die sich zuvor vor lauter
Problemen und Bedrohungen fast überschlagen hat - und das schlägt sich
leider auch im Spannungsbogen nieder. Zwar bietet Marie Lu auch hier wieder
politische Intrigen vom Feinsten und mischt ihre Handlung ordentlich mit
Verfolgungsjagden, Explosionen und gefährlichen Missionen auf, trotzdem gab
es lange zähere Passagen im Mittelteil, in denen die Charaktere begannen, sich im Kreis zu drehen. Kritisieren möchte ich zum Beispiel die angeteaserten Dreiecksgeschichte, die ich persönlich wirklich nicht gebraucht hätte und die
angesichts der noch sehr frischen und wackligen Liebesgeschichte alles zu sehr
verkomplizieren und vom Plot ablenken. Mir hätte es besser gefallen, wenn die
Autorin sich erstmal mehr darauf konzentriert hätte, die Beziehung von June
und Day weiterzuentwickeln, da diese in diesem letzten Band ja durch genügend
Hürden und Hindernisse auf die Probe gestellt wird. So erscheint die zuvor
aufgrund der fehlenden Zeit und der ständigen Rennerei von A nach B immer nur
sehr nebenbei mit eingebrachten Liebesgeschichte hier viel Raum einzunehmen,
ohne aber sichtbar einen Schritt nach vorne zu machen, oder wirkliche Tiefe zu
erreichen.
June: "Vor mir liegt der Junge, der in den Straßen von Lake meine Wunden
versorgt hat, der mit jeder Faser seines Körpers seine Familie verteidigt
hat, der trotz allem, was passiert ist, an meiner Seite geblieben ist, so
voller Licht und Lachen und Leben, voller Trauer und Wut und Leidenschaft,
der Junge, dessen Schicksal auf ewig mit meinem verbunden ist. "Ich liebe
dich", flüstert er. "Kannst du noch ein bisschen bei mir bleiben?"
Trotz dieser kleinen Schwächen, die Band 3 für mich zum schlechtesten der
Reihe machen, hat mir vieles an "Berstende Sterne" aber wieder gut
gefallen. Als erstes kann ich Marie Lu positiv zusprechen, dass sie ihr
dystopisches Worldbuilding hier nochmals weiterentwickelt. Nachdem sich Band 1
ausschließlich auf den Straßen des futuristischen San Francisco abgespielt
hat, wir in Band 2 mit den beiden Figuren auch ins staubtrockene Vegas, in die
verschneite Republikhauptstadt Denver und in die Kolonien reisen durften,
wagen wir in diesem dritten Teil nun auch mal einen Blick über die Grenzen des
ehemaligen Amerikas hinaus und landen im aufstrebenden Industriestaat
Antarktis. Mehr als einen kurzen Einblick in die dortige Lebensweise, die
Technik und die Weltpolitik außerhalb des amerikanischen Territoriums passt
zwar nicht in diese immer noch sehr handlungszentrierte Geschichte, dennoch
hat diese Erweiterung des Blickwinkels die Handlung aus meiner Sicht sehr
bereichert. Wie jede gut erzählte Dystopie wird hier also allein durch das
Worldbuilding, das viele beunruhigend realistische Szenarien und Ideen
enthält, schon eine Menge Spannung erzeugt.
June: "Du treibst mich noch in den Wahnsinn, June", murmelt er in mein Haar.
"Du bist der Furcht einflößendste, cleverste, mutigste Menschen, den ich
kenne, und manchmal bin ich einfach fix und fertig, weil ich mir solche
Mühe gebe, mit dir mitzuhalten. Jemanden wie dich werde ich nie wieder
finden. Das ist dir doch klar, oder?" Ich hebe das Gesicht und blicke ihn
an. In seinen Augen spiegelt sich das ferne Leuchten der JumboTrons, ein
Regenbogen aus Abendlichtern. "Es werden noch Milliarden von Menschen nach
uns diese Welt bevölkern", sagt er leise, "aber keiner davon wird so sein
wie du."
Auch die Figuren haben der Geschichte mal wieder einige Pluspunkte
eingebracht. June und Day sind starken, mutigen und schlagfertigen Persönlichkeiten, die die Geschichte
tragen und sich durch die zurückliegenden Strapazen spürbar
weiterentwickelt haben. Sehr für mich eingenommen hat mich in diesem Band
auch der junge Elektor Anden, welcher zwar in Band 2 kurz nach seinem ersten Auftritt in ein wenig schmeichelhaftes
Liebesdreieck eingebaut wurde, hier aber endlich ein bisschen von seinem
Potential zu spannender Ambivalenz ausschöpfen kann. Zerrissen zwischen
seinem Stolz, seiner Wut, der Liebe zu seinem verstorbenen Vater und seinem
Wunsch, ein besserer Herrscher zu sein als er, gibt er sein Bestes, tänzelt
aber lange Zeit an der Grenze zur Dunkelheit entlang, ohne dass uns Lesern
klar ist, in welche Richtung er sich entwickeln wird. Neben seiner
Charakterisierung gibt es auch weitere grandios vorbereitete Wendungen, sodass "Gut und Böse" ständig wechseln. Die Autorin manövriert die Geschichte
geschickt zwischen allen Fronten hindurch und hat mich ebenfalls das ein
oder andere Mal aufs Glatteis geführt.
June: "Gut möglich, dass sein Vater als junger Mann ganz ähnlich war: ein
Idealist, voller Hoffnungen und Wünsche, mit den besten Abschichten,
mutig und ehrgeizig. Wie konnte er zu einem Elektor werden, der ein
solch düsteres Land geschaffen hat? An welcher Stelle hat er diese
Richtung eingeschlagen? Und mit einem Mal, wenn auch nur für eine
Sekunde, habe ich das Gefühl, die frühere Republik zu begreifen. Und
gleichzeitig weiß ich ganz sicher, dass Anden nicht denselben Weg
gehen wird. Anden erwidert meinen Blick, so als hätte er meine
unausgesprochenen Worte gehört. Und zum ersten Mal seit Monaten sehe
ich, wie sich die dunkle Wolke von seinen Augen hebt, jene Schwärze,
die den Momenten blinder Wut den Weg bereitet. Ohne den Schatten
seines Vaters, der über ihm hängt, ist er einfach
umwerfend.
"Ich werde mein Bestes versuchen", flüstert er."
Gegen Ende fährt die Autorin dann nochmal alle Geschütze auf und lässt
den Krieg mit den Kolonien, Days Krankheit, Junes Loyalitätskonflikt und
andere Erzählstränge in einem Höhepunkt zusammenlaufen, der es ganz schön
in sich hat und auch nochmal altbekannte Gegenspieler auf den Plan bringt.
Auch wenn der Showdown definitiv zum Buch passt und am Ende alle wichtigen
Fragen geklärt sind, finde ich es schade, dass auf den letzten
Seiten alle Probleme gleichzeitig gelöst werden und gerade die zuvor lange
vorbereiteten politischen Schachzüge nur in Nebensätzen vorbeiziehen
(Spoiler:
Das Heilmittel, das zuvor unerreichbar schien, wird innerhalb von
wenigen Sätzen gefunden, dass die Antarktis doch noch zu Hilfe eilt
und die Kolonien besiegt werden nur in einer Randnotiz erwähnt und auch
um die darauffolgenden Friedensverhandlungen und den Waffenstillstand
geht es nur in einem Nebensatz des Epilogs). Was das direkte Schicksal der beiden Figuren angeht hat Marie Lu in
meinen Augen aber das perfekte Ende gefunden: realistisch, hoffnungsvoll
und mit genau der richtigen Priese Offenheit.
Fazit
Mit "Legend - Berstende Sterne" geht eine hochspannende,
wendungsreiche und intelligent erzählte Dystopie in einem lesenswerten,
aber etwas schwächeren Finale zu Ende. Marie Lu gelingt es hier, ihr
Setting nochmals weiterzuentwickeln, die Nebenfiguren auszubauen und dabei
ein wendungsreiches, originelles Handlungskonstrukt aufzustellen. Etwas
schade ist nur, dass im Mittelteil einige Längen auftauchen und das
Ende etwas überstürzt alle Probleme gleichzeitig löst.
*keine WERBUNG, selbst gekauft*
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