Sonntag, 12. Juni 2022

Kurzrezension: Wie man sich einen Lord angelt


Die Fakten

Titel: Wie man sich einen Lord angelt
Autorin: Sophie Irwin
Verlag: Knaur (1. Juni 2022)
Genre: Historische Romanze
Seitenzahl: 416 Seiten
Originaltitel: A Lady's Guide to Fortune-Hunting (übersetzt von: Kristina Koblischke und Hannah Brosch
Link: Hier klicken!


Der Inhalt

Kitty Talbot ist jung, hübsch und clever – leider aber auch arm wie eine Kirchenmaus. Als ihr Verlobter sie sitzen lässt, stehen Kitty und ihre vier Schwestern vor dem Ruin, denn die Spielschulden ihres verstorbenen Vaters können sie aus eigener Kraft niemals begleichen. Also wagt Kitty sich für ihre Schwestern auf das gefährlichste Schlachtfeld im England des Jahres 1818: die Bälle der Lords und Ladys in London. Obwohl die unkonventionelle Kitty sich mindestens so viele Feinde wie Freunde macht, erliegt bald ein märchenhaft reicher Junggeselle ihrem Charme. Doch dessen älterer Bruder, Lord Radcliffe, durchschaut Kittys Spiel und unternimmt alles, um eine Hochzeit zu verhindern. Eigentlich wäre Lord Radcliffe ein wunderbar ebenbürtiger Gegner für Kitty – hätte die Liebe nicht längst ihre eigenen Pläne …


Die Eindrücke

Handlung: "Wie man sich einen Lord angelt" ist genau zur richtigen Zeit für meinen aktuellen Bridgerton-induzierten Regency-Hype erschienen. Die Geschichte aus der Feder der britischen Autorin Sophie Irwin bildet den Auftakt der neuen Lady´s Guide-Reihe, welche ins romantische London des frühen 19. Jahrhunderts entführt. Gelesen habe ich das Buch in den letzten Tagen mal wieder als Buddyread zusammen mit Sofia von @SofiasworldofBooks (wie immer ein kleines Shoutout an dieser Stelle - schaut unbedingt mal auf Ihrem Blog oder Instagram vorbei!). Da ich die Geschichte parallel zur "Bridgerton"-Reihe von Julia Quinn gelesen habe, kam ich leider nicht darum herum, die beiden Romane miteinander zu vergleichen und musste schon sehr früh feststellen, dass die Handlung von "Wie man sich einen Lord angelt" das Rad alles andere als neu erfindet. Tatsächlich sind mir gleich mehrere Parallelen zu den Bridgerton-Romanen aufgefallen (wir lesen hier von beinahe derselben Konstellation wie in "The Viscount Who Loved Me" nur mit umgekehrte Geschlechterrollen), da Sophie Irwins Debüt die bekannten Elemente aber so charmant verpackt, kann man dies der Geschichte nicht übelnehmen. 

Schreibstil: Dazu kommt, dass die Autorin genau wie Julia Quinn eine sehr humorvolle Art zu Schreiben gewählt hat, bei der teilweise ein sarkastischer Unterton durchblitzt. Besonders die Konfrontationen der beiden Hauptfiguren Kitty und Radcliffe haben mich immer wieder grinsen lassen und lassen die Geschichte eine gute Balance aus modernem, lockeren Esprit und historischer Glaubwürdigkeit finden. Die Londoner Ballsaison wird dabei mit Bällen, Soirées, Tees und allerlei anderen sozialen Events zum Leben erweckt und versprüht den typischen, oberflächlichen Regency-Glamour. Dabei bleibt jedoch leider London als Setting recht blass. Bis auf wenige Ballsäle und kurze Spaziergänge bekommen wir nicht so viel von der Stadt mit, wie das angesichts des ersten Aufenthalts der beiden Frauen in London möglich gewesen wäre. 

Figuren: Erzählt wird die Geschichte von einem auktorialen Erzähler, der hauptsächlich von den Gefühlen und Gedanken der beiden Hauptfiguren Kitty und Radcliffe berichtet, aber auch den ein oder anderen Blick in die Köpfe von Nebenfiguren wirft und zusätzliche Informationen bereithält. Kitty - eigentlich Katherine Talbot - hat dabei einige widersprüchliche Gefühle in mir ausgelöst. Auf den ersten Blick wirkt sie mit ihrem Plan, sich so schnell wie möglich einen vermögenden Ehemann zu angeln, um die Schulden ihrer Familie zu tilgen rücksichtslos, herzlos, manipulativ und unsensibel. Je länger man ihre Bemühungen verfolgt, desto mehr bemerkt man, dass ihre Beweggründe über jeden Zweifel erhaben sind und beginnt, sie für ihren Starrsinn und ihre Cleverness zu bewundern. Sie ist sich nicht zu schade ihre eigenen Wünsche zurückzustecken und genau zu dem zu werden, was ihr Gegenüber von ihr will, um sich so berechnend ihren Weg nach oben in die High Society zu erschleichen. Auch wenn ich sie mit ihrer schlagfertigen Art immer mehr bewundert habe, konnte ich sie über die 416 Seiten aber nicht vorbehaltlos ins Herz schließen. Radcliffe ist mit seinen Motiven, seine Familie zu beschützen ein gut nachvollziehbarer und sympathischer Charakter. Was ihm ein wenig an Tiefe fehlt, macht er mit seinen dunklen Locken und seiner eiskalten Art, Kitty zu durchschauen wieder wett. Gut gefällt mir auch, dass die Liebesgeschichte zwischen den beiden nicht im Vordergrund steht und sich dem Genre und der Epoche entsprechend sehr langsam und züchtig entwickelt. Leider werden die vorhandenen Enemies to Lovers Vibes hier dementsprechend nur oberflächlich ausgereizt und ich hätte mir gerne mehr vertraute Momente zwischen den Beiden gewünscht, bevor sie ihre Zukunft dann endgültig besiegeln. Von der unspektakulären Liebesgeschichte und den teilweise sehr eindimensional agierenden Nebenfiguren (zum Beispiel Archie wirkte durchgängig wie ein 14jähriger Junge auf mich und hat mich teilweise ein bisschen genervt) können charmante Nebenhandlungsstränge rund um Kittys kleine Schwester, Radcliffs Geschwister und Tante Dorothy ablenken. 


Die Zitate


Erster Satz: "Ihr werdet mich nicht heiraten?", wiederholte Miss Talbot ungläubig." 

Menschen, die sich aus Gewohnheit unerreichbare Ziele setzen, trifft man recht häufig. Menschen dagegen, die es sich zur Gewohnheit gemacht haben, diese Ziele auch zu erreichen, sind selten. Doch genau zu dieser zweiten Gruppe gehörte Miss Talbot."

“Radcliffe knallte geräuschvoll die Tür hinter ihr zu, aber Kitty hüpfte zufrieden mit Sally die Stufen hinunter. Sie hatte das Gefühl, alles mitgenommen zu haben, was sie für einen aufsehenerregenden Einstand in die Gesellschaft brauchte." 

Das Urteil

Insgesamt ist "Wie man sich einen Lord angelt" also eine unterhaltsame, moderne und humorvolle erzählte Geschichte in bester Regency-Manier, welche aber dennoch hinter der Bridgerton-Reihe zurückbleibt. Auch wenn ich Sophie Irwings Debüt sehr gerne gelesen habe, ist ihre Handlung ist nicht ganz so skandalös, ihr Schreibstil nicht annähernd so flüssig und amüsant und auch ihre Figuren leicht weniger liebenswert als bei Julia Quinns Vorlage. 


*unbezahlte WERBUNG, Rezensionsexemplar*

Vielen Dank an den Verlag für das Rezensionsexemplar, was meine ehrliche Meinung jedoch nicht beeinflusst hat. Quelle Informationen: Amazon.de. Klapptexte und Zitate sind Eigentum des Verlags oder jeweiligen Rechtinhabers.

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