Dienstag, 12. März 2024

Filmempfehlung: Damsel


Seitdem ich im Dezember Evelyn Skyes Fantasy-Thriller "Damsel - Der Pfad des Feuers" mit großer Begeisterung gelesen habe, warte ich gespannt auf die Netflix-Verfilmung. Seit dem 08. März kann man nun den 108-minütigen Film zu dieser düsteren, spannenden und magischen Geschichte streamen - etwas, was ich Fans von weiblicher Fantasy nur sehr empfehlen kann!

Darum geht´s:

Elodie (Millie Bobby Brown) kommt aus Inophe, einem kleinen, armen Herzogtum, das seit Jahren von einer Dürre heimgesucht wird. Als Prinz Henry (Nick Robinson) aus dem Königreich Aurea um ihre Hand anhält und Inophe Unterstützung verspricht, stimmt sie zu und reist gemeinsam mit ihrer Schwester Floria (Brooke Carter), ihrem Vater Lord Bayford (Ray Winstone) und ihrer Stiefmutter (Angela Bassett) in das entfernte Königreich. Doch nach der Hochzeit erfährt Elodie das dunkle Geheimnis Aureas: Die Königsfamilie hat einen Pakt mit einem Drachen geschlossen. Der Drache sorgt für ewigen Wohlstand, im Gegenzug werden ihm jedes Jahr drei Prinzessinnen geopfert – und Elodie ist als Nächste an der Reihe. Wenn sie ihr Leben und das Tausender anderer Frauen retten will, muss sich Elodie dem Drachen stellen …


Das denke ich über den Film:

Schon als ich den ersten Trailer gesehen habe, war ich optimistisch, denn hier sah bereits alles genauso aus, wie ich es mir beim Lesen vorgestellt habe und Atmosphäre, Setting, Look und Cast schienen total treffend zu sein. Auch nachdem ich nun den Film gesehen habe, finde ich ihn trotz kleinerer Schwächen sehr gelungen!

Der Titel "Damsel" spielt auf das typische Märchenklischee der "Damsel in Distress", also der "Jungfrau in Nöten", an, die in Schwierigkeiten gerät und von ihrem Prinzen in glänzender Rüstung gerettet werden muss. Da die Geschichte vordergründig mit diesem Rollenklischee spielt, finde ich den Titel sehr gelungen. Aus der Inhaltsangabe wird bereits deutlich, dass die Geschichte viele klassischen Märchentropes verwendet. Sei es die "böse Stiefmutter", die arrangierte Hochzeit mit dem "Prince Charming", das Opfer der "Damsel in Distress" an den Drachen oder das verfluchte Königreich - man erkennt viele Elemente sofort aus anderen Geschichten wieder. Bevor ihr allerdings anfangt, den Film unoriginell zu schimpfen: Die Besonderheit an "Damsel" ist, dass all diese Tropes am Ende eine andere Wendung nehmen, als man es ursprünglich und nach dem Konsens der Klischees erwarten würde (Spoiler: Die Jungfrau in Nöten rettet sich selbst, der Prinz entpuppt sich als feige und unbrauchbar, die böse Stiefmutter liebt ihre neuen Töchter von Herzen und am Ende verschont die Hauptfigur den Drachen und geht mit ihm eine ganz besondere Verbindung ein...). Außerdem werden viele moderne Elemente in das klassische Märchen eingeflochten - sei es starke Frauenfiguren, weibliche Solidarität oder ein diverser Cast -, die den aktuellen Zeitgeist widerspiegeln.

Abgesehen von dem Grundkonzept, das mir sehr gut gefallen hat und mal wieder zeigt, dass man aus bekannten Elementen eine neue, frische Geschichte erzählen kann, ist auch die Optik des Filmes wirklich solide. Die CGI und die Kostüme sehen für das Budget ordentlich aus und besonders der Drache konnte mich überzeugen. Viele Szenen und Settings aus dem Buch wie beispielsweise die Glühwürmer oder die Kristallwand habe ich 1:1 wiedererkannt. Besonders gelungen umgesetzt fand ich allerdings die Veränderung von Farben-, Helligkeit und Hintergrundmusik beim abrupten Übergang der kitschigen Märchenschnulze zu einem Survivalthriller, als wir gemeinsam mit Elodie bemerken, dass das hier keine "und sie lebten glücklich und zufrieden bis an ihr Lebensende"-Liebesgeschichte wird, sondern sie um ihr Leben kämpfen muss. Sobald sie in die düstere Drachenhöhle gefallen ist, verändert sich die gesamte Atmosphäre und das Erzähltempo des Filmes und wir hasten von einer Action-Szene zur nächsten. 

Durch die Laufzeit von fast zwei Stunden wirkt die Geschichte trotz des hohen Erzähltempos glücklicherweise nicht gehetzt. Viele Kritiker beklagen sich allerdings, dass dem Film für ein Fantasyepos zu viel Tiefgang und Worldbuilding fehlt. Zwar hätte man durchaus noch mehr über die Königreiche Aurea und Inophe und die Randfiguren erfahren können, aber da der Fokus hier auf Elodie und dem Drachen sowie deren Showdown im Mount Khaevis lag, hätten weitere Details über die Rückblicke und Perspektivwechsel hinaus die Geschichte nur ausgebremst und ihrer enormen Sogwirkung beraubt. Allerdings ist durchaus zu kritisieren, dass der Film, leider einige Komplexität in Handlung, Figuren und Setting streichen musste, um zu funktionieren. So verzichten Juan Carlos Fresnadillo und Dan Mazeau hier auf die unterschiedlichen Perspektiven (z.B. die von Schwester Floria, der Stiefmutter Lucinda, der Matrosin Alexandra, ihrer Tochter Cora oder Königin Isabelle) genau wie auf die kurzen Abschnitte aus der Sicht der ersten geopferten Prinzessinnen. Die unterschiedlichen Handlungsstränge und Zeitebenen haben dem Buch im Vergleich zum Film mehr Schichten verliehen und nebenbei dabei geholfen, die Geschichte des Landes und den Umfang des an den Prinzessinnen begangenen Verbrechens besser erfassen zu können. Ebenfalls nicht in den Film geschafft hat es die Hintergrundgeschichte der Drachin selbst und ihre Sprache, die Elodie eigentlich erst lernen muss. Zuletzt wurde auch das Ende stark verkürzt und vereinfacht und wirkte auf mich in dieser Form leider sehr abrupt und etwas überzogen. 

Positiv überrascht hat mich allerdings die Umsetzung der Hauptfigur Elodie durch Millie Bobby Brown, die eine überzeugende One-Woman-Show abliefert. Statt einer starken Überfliegerin, die auf jedes Problem sofort eine Lösung hat und glamourös in den Kampf zieht, lernen wir sie zunächst als ganz normale junge Frau kennen (zwar etwas schlagfertiger, körperlich fitter und aufgeweckter als der Durchschnitt - weil würde die Geschichte sonst Spaß machen?), die in eine unmögliche Lage gebracht wurde und so viel Angst hat, wie es wohl jeder in ihrer Situation haben würde. Sie hat Schwächen, Momente in denen sie kurz davor ist aufzugeben und überlebt die ersten Tage in der Drachenhöhle nur knapp und mit mehr Glück als Verstand. Sie blutet, sie leidet, sie weint und macht dennoch weiter weil die einzige Alternative wäre zu sterben. Dadurch ist man ihr beim Zusehen sehr nah, fühlt mir ihr, hofft für sie und hat gleichzeitig Angst, wie es am Ende für sie ausgehen wird. Mit ihrer anfänglichen Naivität und ihrer starken Loyalität und Opferbereitschaft gegenüber ihrem Königreich schien sie sich zunächst ein wenig im Prinzessinnen-Klischee zu verlieren, konnte dann aber genau diese Attribute zu ihren größten Stärken ummünzen, um nicht nur sich selbst und ihre Familie, sondern auch ein fremdes Königreich zu retten, das sie ursprünglich verdammt haben. Damit ist das Klischee der "Damsel in Distress" wohl endgültig widerlegt und jeder, der schreibt, Filme mit ausschließlich weiblichen Hauptrollen, könnten nicht fetzen, soll bitte einfach selbst mal einem hungrigen Drachen begegnen.

Mein Urteil:

Trotz im Vergleich zum Buch weggelassener Komplexität an verschiedenen Stellen finde ich "Damsel" sehr treffend umgesetzt: Der abrupte Übergang von einer kitschigen Märchenschnulze zu einem Survivalthriller, die düstere Optik der Drachenhöhle, die geschickt aufgeweichten Geschlechterrollen und die starke Hauptfigur überzeugen hier genau wie im Buch! 


Zum Trailer:



Bild-Quellen: Moviepilot.de

4 Kommentare:

  1. Hallo Sophia!

    Nachdem meine Tochter, meine Freundin und schließlich du sich für diesen Film ausgesprochen haben, hab ich ihn mir jetzt angeschaut (obwohl ich eigentlich erst das Buch lesen wollte, aber das wird noch dauern...)
    Ich muss gestehen - ich fand ihn streckenweise langweilig. Der Anfang war sehr gut gemacht und hat mich neugierig gemacht, was hier jetzt wohl passiert, aber sobald es in die Höhlen ging (weil ich davon ausging dass sie überlebt), hat sich alles für mich irgendwie gezogen. Schade dass hier die Hintergrundgeschichten nicht mehr mit eingewoben wurden, das hätte es für mich sicher aufgepeppt.
    Die Optik, ja war okay, vor allem die Glühwürmer, das war schon sehr cool! Aber es hat mich insgesamt einfach nicht so wirklich fesseln können...

    Das hier gemeckert wird zwecks "Epos" und mehr zum Worldbuilding fehlt ... wir haben hier ja keine High Fantasy sondern Low Fantasy und das sollte man schon unterscheiden. Hier gehts natürlich schon um die Hintergründe, aber die Figur steht ja im Vordergrund. Deshalb hat mir das hier nicht gefehlt. Nur deine erwähnte Geschichte zur Drachin hätte mich natürlich schon interessiert.

    Liebste Grüße, Aleshanee

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Hey Aleshanee,

      schade, dass dich der Film nicht so überzeugen konnte wie gehofft. Ich glaube in diesem Fall wäre es wohl tatsächlich besser gewesen, das Buch zuerst zu lesen. In diesem ist es nämlich lange Zeit tatsächlich unklar, ob sie die Höhlen überleben wird. Auch die vielen Erzählperspektiven und Hintergrundgeschichten haben mir hier wie gesagt gefehlt, so wurde die Erzählung deutlich gradliniger und actionreicher, aber auch etwas weniger interessant...
      Die Optik mit den Glühwürmern hat mir auch gut gefallen und besonders die Kristallhöhle sah wirklich 1:1 aus, wie ich sie mir beim Lesen vorgestellt hatte.
      Tja, vielleicht lohnt es sich ja doch noch irgendwann, das Buch zu lesen (wenn sich die Erinnerung an den Film etwas gelegt hat).

      Liebe Grüße
      Sophia

      Löschen
    2. Ja, das Buch möchte ich definitiv noch lesen, aber wie du schon sagst, etwas später, wenn die Erinnerung an den Film schon etwas verblasst sind :)

      Deinen Beitrag hab ich heute gerne wieder in der Stöberrunde dabei!

      Liebste Grüße und ein schönes Wochenende!

      Löschen
    3. Huhu,

      vielen Dank für das Verlinken in der Stöberrunde! Leider habe ich deinen Kommentar eben erst gesehen, da es den Kommentar seltsamerweise als Spam markiert hatte. Das kommt in letzter Zeit häufiger vor, da muss ich mal nach möglichen Gründen forschen.

      Viele liebe Grüße
      Sophia

      Löschen

Ich freue mich, wenn Du einen Kommentar dalässt.
Egal ob Kritik, Verbesserungsvorschläge, Lob, Anmerkungen, Fragen oder eigene Meinung - das ist der richtige Ort dafür ;-)