Allgemeines
Titel: Das Weltendreieck
Autorin: Melli Rebel
Verlag:
Selfpublished (4. November 2025)
Genre: Fantasy/Science-Fiction
Seitenzahl: 540 Seiten
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Inhalt
Bewertung
Mit "Das Weltendreieck" von Melli Rebel hat mir der Lesemonat November nochmal ein überraschendes und originelles Fantasy-Highlight beschert. Von der Selfpublisherin habe ich bereits mehrere Bücher in verschiedenen Genres gelesen und ausnahmslos alle gemocht, weshalb ich auch auf ihre neuste Mischung aus Fantasy und Science-Fiction sehr gespannt war. Auf 540 Seiten führt die Autorin in gleich drei interessante Welten und verknüpft sie zu einem frischen, unvorhersehbaren Abenteuer!
Dass hier drei völlig unterschiedliche Welten im Vordergrund stehen und sich die Geschichte weder an klassische Genregrenzen, noch an Geschlechterrollen oder Erzählarchetypen hält, sieht man schon am ungewöhnlichen Cover. Das dreigeteilte Covermotiv zeigt jeweils einen kurzen Ausschnitt aus den drei Welten mit den drei Hauptfiguren Tem, Ecconie und Lupitha. Damit passt das Design natürlich wunderbar zur Geschichte und ist genau wie der Titel - benannt nach dem Portal, das die drei Welten miteinander verbindet - treffend gewählt. Meinen persönlichen Geschmack trifft die Gestaltung zwar nicht, dafür überzeugte mich der Inhalt umso mehr!

Nach einem rätselhaften Prolog steigen wir an der Seite der jungen Sephine Lupitha in die Geschichte ein. Sie nimmt uns mit in eine Welt, in der geflügelte Wesen in warmen Steinkesseln leben und von einer anderen Spezies mit Ressourcen versorgt . Werden die Sephinen nicht von ihren Beschützern und Bestimmern in einen anderen Kessel gebracht, um dort verpartnert zu werden, verbringen sie ihr gesamtes Leben in den selben Höhlen. Für die freigeistige Lupitha ist das kein akzeptables Schicksal, weshalb sie die erste Gelegenheit ergreift, um zu fliehen und ihr eigenes Leben in die Hand zu nehmen. Allerdings muss sie bald feststellen, dass außerhalb des schützenden Kessels eine ganz andere Welt wartet, als sie angenommen hatte...
Parallel dazu führt uns Ecconie in die technologisch fortgeschrittene Unterwasserwelt der Pnexxianer, die auf den ersten Blick utopisch wirkt: gastfreundlich, neugierig, offen. Doch unter der Oberfläche (im wahrsten Sinne des Wortes) brodelt ein gesellschaftlicher Konflikt, der besonders im Umgang mit Identität deutlich wird. Denn Ecconie ist unentschlossen - etwas, was bei den Pnexxianiern geächtet ist. Diese werden zwar geschlechtslos geboren, müssen sich aber nach einigen Jahren entscheiden, welches Geschlecht sie annehmen möchten. Doch Ecconie möchte am liebsten einfach nur Ecconie sein. Als eine Besucherin aus einer anderen Welt ausgerechnet wünscht, von Ecconie umhergeführt zu werden, scheint sich auch das Schicksal der Pnexxianer zu wenden...
Die dritte Welt, die wir kennenlernen, ist die von Prinz Temassin, die nach 14 Kapiteln hinzukommt. Er ist der Sohn und Erbe des Königs der Eluun, ein Volk, dass sich unsichtbar machen kann und auf nebligen Inseln wohnt, die nebeneinander auf immer gleichen Bahnen durch die Luft schweben. Anders als die friedfertigen Pnexxianer in ihrer reichen Unterwasserwelt sind die Ressourcen auf den knappen Inseln mit ihren kargen Böden knapp und die Eluun ein aggressives, gewaltbereites Volk, bei dem Zurschaustellung von Aggressivität zum guten Ton gehören. Vor allem für einen Prinzen. Doch Temassin gehört heimlich zu den sogenannten "falschen", Eluun die seit ihrer Geburt anders als ihre Artgenossen Gewalt nicht genießen können...
Die Autorin erzählt abwechselnd aus der Ich-Perspektive der drei Hauptfiguren und führt uns durch die drei Handlungsstränge nach und nach in ihre jeweiligen Welten ein. Tems, Ecconies und Lupithas Welten könnten eigentlich hinsichtlich gesellschaftlicher Ordnung, Geografie und Klima nicht unterschiedlicher sein, mit der Zeit wird jedoch klar, dass sie sich alle im Umbruch befinden, Konflikte hochkochen, alte Geheimnisse enthüllt und Unrecht gesühnt werden müssen. Verbunden sind die drei Welten neben ähnlichen Konflikten durch das titelgebende Weltendreieck - ein Portal in Form einer Pyramide. So lesen wir von teilweise parallelen Entwicklungen, die sowohl eigenständig als auch miteinander verwoben sind. Wohin die Handlung der drei Welten schlussendlich führen wird, war mir lange Zeit nicht klar. Die Handlungsstränge verflechten sich aber auf wundervolle Art und Weise und halten einige Überraschungen bereit, die ich so nicht habe kommen sehen.
So entsteht auf 540 Seiten eine komplexe und abwechslungsreiche Geschichte genau nach meinem Geschmack. Der Autorin gelingt wunderbar, uns einen greifbaren Eindruck der drei Welten zu vermitteln, ohne sich zu sehr mit Details auszubremsen. Sie flicht gerade so viele Erklärungen mit ein, dass man der Handlung gut folgen kann, aber weiterhin neugierig bleibt. Dabei überzeugt sie wie gewohnt mit frischen Ideen und originellen Einfällen. Wie schon der Klapptext abgrenzt, sind Eluun keine Geister, Sephinen keine Feen und Pnexxianer keine Meermenschen. Stattdessen entstehen hier ganz neue Völker und Welten, die man so noch nirgends gelesen hat.
„Das Weltendreieck“ ist allerdings nicht nur unterhaltsame Fantasy, sondern verarbeitet nebenbei sehr interessante Art und Weise Themen wie Ausbeutung, toxische Aggression und Gender-Binarität. Besonders Ecconies Perspektive trifft wunderbar den Zeitgeist und ist utopisches und dystopisches Gedankenexperiment zugleich, was ich so in einem Fantasy-Roman noch nicht gelesen habe. Während Ecconie intellektuel am interessantesten war, hat mich Lupithas Handlungsstrang, der auch für Charakterentwicklung und Beziehungsdynamik am meisten Raum bekommt, emotional am meisten abgeholt. Temassin bleibt im Vergleich mit den beiden etwas blasser, vervollständigt das Figurenensemble aber sehr stimmig. Mit der Zeit sehr ans Herz gewachsen sind mir auch Nebenfiguren wie Narilup, Dalion und die flauschigen Bopps.
Nach 64 Kapiteln findet die verschlungene Geschichte dann ihr Ende. Aufgrund des toll ausbalancierten Erzähltempos habe ich das Buch in kürzester Zeit gelesen und besonders die letzten 300 Seiten an einem Stück weggelesen. Vor allem der Schluss, der die vierte Wand durchbricht und elegant zum Prolog zurückführt, hat mich zum Lächeln gebracht. Es war einer dieser Momente, in denen man ein Buch zuklappt und denkt: Ja. Genau so sollte es enden. Danke, Melli Rebel für diesen besonderen Ausflug durch das Weltendreieck!
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