Sonntag, 14. Dezember 2025

Klassiker Challenge: The Fisherman and His Soul

Im Rahmen der Klassiker Challenge habe ich nach „Das Gespenst von Canterville“ nun auch „The Fisherman and His Soul“ („Der Fischer und seine Seele“) von Oscar Wilde gelesen. Die 1891 erschienene Erzählung ist deutlich später entstanden als das Canterville-Gespenst und gehört zu Wildes symbolistischen Kunstmärchen. Sie ist reich an Bildern, Mythen und religiösen Motiven, konnte mich emotional aber deutlich weniger erreichen. 


Mein Eindruck

Im Mittelpunkt der Geschichte steht ein junger Fischer, der sich in eine Meerjungfrau verliebt. Da diese keine menschliche Seele besitzt und nicht an Land leben kann, steht er vor einer unmöglichen Wahl: Um bei ihr sein zu können, trennt er sich mithilfe dunkler Magie von seiner eigenen Seele. Diese wird fortan zu einer eigenständigen Figur, die jedes Jahr zurückkehrt und dem Fischer von ihren Reisen berichtet – und ihn zunehmend in Versuchung führt.

"And the young Fisherman said to himself: "How strange a thing this is! The Priest telleth me that the Soul is worth all the gold in the world, and the merchants say that it is not worth a clipped piece of silver."

Inhaltlich greift Oscar Wilde damit zentrale Themen seines Spätwerks auf: die Spannung zwischen Körper und Geist, Sinnlichkeit und Moral, christlicher Erlösungsvorstellung und heidnischer Naturverbundenheit. Während „Das Gespenst von Canterville“ seine Ideen mit Leichtigkeit, Humor und klarer Figurenzeichnung vermittelt, wirkt „The Fisherman and His Soul“ über weite Strecken schwer und sehr bewusst kunstvoll. Die Sprache ist reich an Allegorien, Gleichnissen und symbolischen Wiederholungen, was eine märchenhafte, fast liturgische Atmosphäre schafft, den emotionalen Zugang aber erschwert. Besonders die episodischen Rückkehrmomente der Seele von ihren exotischen Schauplätzen und moralischen Versuchungen sind fantasievoll geschrieben, ziehen die Erzählung jedoch in die Länge und nehmen ihr emotionale Dringlichkeit. 

"The world is cruel, give me thy heart to take with me."

Das Ende schließlich ist in sich konsequent, kippt aber für meinen Geschmack zu sehr ins Pathetische und Moralisierende. Oscar Wildes düstere Konsequenz, dass Liebe, Schuld und Erlösung hier nicht harmonisch aufgehen, passt zur inneren Logik der Geschichte, ist aber nicht das, was ich gerne gelesen hätte. 

Fazit

Ein bildmächtiges, ideenreiches Kunstmärchen, das thematisch viel zu bieten hat, mich erzählerisch und emotional aber deutlich weniger überzeugen konnte als andere Werke Oscar Wildes.

*keine WERBUNG, gehört über Bookbeat*

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