Allgemeines:
Titel: Die zwei Monde
Autor: Luca Tarenzi
Genre: Fantasy
Verlag: Heyne Verlag (13. August 2012)
ISBN-10: 3453267206
ISBN-13: 978-3453267206
ASIN: B008TCYCPA
Originaltitel: Le Due Lune
Preis: 11,99€ (Kindle-Edition)
13,80€ (Taschenbuch)
Seitenzahl: 512 Seiten
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Inhalt:
Bei Vollmond ist deine Zeit abgelaufen!
Als die siebzehnjährige Veronica Meis am Morgen nach einer Party mit dröhnenden Kopfschmerzen und Übelkeit erwacht, kann das nur eines bedeuten: Sie hat einen Kater! Doch als die Symptome auch nach ein paar Tagen noch nicht verschwunden sind, beginnt Veronica sich Sorgen zu machen. Warum ist sie plötzlich so geräusch- und geruchsempfindlich? Wieso sieht sie plötzlich die fantastischsten Gestalten auf den Straßen Mailands? Woher hat sie diese seltsame Wunde am Bein? Und was hat der ebenso geheimnisvolle wie attraktive Ivan mit alldem zu tun? Als Veronica schließlich die Wahrheit herausfindet, ist es fast schon zu spät …
Bewertung:
"Geh mit mir, Veronica von den Wölfen. Geh mit mir durch die Schleier der Welt."
Kennt ihr diese Bücher, die ihr vor Jahren mal irgendwo spontan gekauft habt, die seither Staub im Regal angesammelt haben und über die ihr beim Sortieren plötzlich stolpert ohne euch zu erinnern, sie jemals gekauft zu haben? Dies ist so ein Buch! Ich habe vor ein paar Tagen mein Regal umsortiert und bin dabei auf diese interessante Geschichte gestoßen, die ich schon so lange schmählich ignoriert habe. "Zutritt zur verborgenen Welt der Feen, Unsterblichen und antiken Gottheiten" steht auf dem Buchrücken - das klingt doch ganz gut, dachte ich bei mir und habe mit Lesen angefangen. Leider ist das definitiv ein Fehler im Klapptext und es erwarten uns hier keine fantastischen Parallelwelten. Stattdessen haben wir es hier mit einem mystischen Urban-Fantasy-Roman zu tun, der in die düstere Sagenwelt von Mailand entführt. Nicht unbedingt etwas total Neues aber definitiv mal anders verpackt und definitiv lesenswert!
Das Cover ist zwar nicht unbedingt außergewöhnlich originell, dennoch aber hübsch anzusehen und mit den vielen kleine Details durchaus stimmig. Durch die dunkel-violette Färbung des Hintergrunds kommt der strahlend-weiße Titel mit dem Leuchteffekt sehr gut zur Geltung und zusammen mit den schwarz-glänzenden, toten Ästen ergibt sich ein düsterer erster Eindruck. Wenn man genau hinsieht, entdeckt man an den Ästen zwei schwarze Mondsicheln, die gut mit dem Titel korrespondieren. Durch die weißen Blumen werden weitere Kontrastakzente gesetzt und relativ bald wird klar, dass auch sie für die Geschichte eine Bedeutung haben. Komplettiert wird das Design durch die großen Monde, die jeden Kapitelanfang zieren und die jeweilige Mondphase zeigen. Auch wenn ich den Titel weder für besonders einprägsam, originell oder schön halte, passt er gut, da die Geschichte in zwei Mondphasen eingeteilt ist und diese für die Handlung eine große Rolle spielen. Alles in allem bin ich mit der Gestaltung also recht zufrieden.
Erster Satz: "Mein Name ist Veronica Meis und als mein düsteres Märchen seinen Anfang nahm, fehlten weniger als fünf Wochen bis zu meinem achtzehnten Geburtstag"
Wir lernen die junge Veronica kennen, die nach einer Partynacht mit furchtbaren Kopfschmerzen, übersteigerten Sinneswahrnehmungen und einer Bisswunde am Bein aufwacht und sich an den vorangegangenen Abend nicht mehr erinnern kann. Sie schiebt es zuerst auf einen miesen Kater und setzt ihr normales Leben fort, ohne zu wissen, dass sich bald alles ändern wird. Doch während sie sich mit ihren Eltern streitet, um die Anerkennung ihrer Klassenkameraden kämpft, heimlich für den coolsten Typen der Schule schwärmt und versucht, sich in Mailand endlich einzuleben, verändert sie sich immer mehr, bis sie es einfach nicht mehr ignorieren kann. Sie hört und sieht plötzlich Dinge, die andere Menschen nicht sehen können und als dann der geheimnisvolle Graf Gorani auftaucht und ihr offenbart, dass sie mitten in ein Geflecht aus uralten und gefährlichen Mächten geraten ist, will sie einfach nur noch normal sein. Doch ein Teil von ihr genießt es auch, Macht über ihre Mitmenschen zu haben und Teil der dunklen, verborgenen Welt zu sein. Wie gefährlich das Spiel ist, dass sie spielt, wie leicht man sich darin verlieren kann und wie schwer es ist, jemanden zu finden, dem man vertrauen kann, erfährt sie erst, als sie den attraktive Ivan kennenlernt. Kann sie aus dem Teufelskreislauf noch ausbrechen oder wird sie für immer die Sklavin dunkler Mächte werden?
"Ich stand auf, ging ins Band und machte das Licht über dem Spiegel an: die ganz normale Veronica. Schmales Kinn, volle Lippen, rot gegen die sehr helle Haut. Braune Augen und kurze, zerzauste Haare. Sag es, Veronica, sprich es laut aus. Ich sah meinem Spiegelbild fest in die Augen. "Ich bin ein Werwolf"
Wir werden sehr ausführlich in das Leben von Veronica eingeführt, die mit ganz normalen Teenager-Problemen zu kämpfen hat, seit sie von Ravenna ins anonyme Mailand gezogen ist. Als Außenseiterin mit einem exzentrischen Modegeschmack, trockenem Humor und angeknackstem Selbstbewusstsein wächst sie dem Leser sehr schnell ans Herz man fiebert mit ihr, wenn sie der Horror-Clique Elena - Susanna - Angela - entgegentritt und sich gegen die Yoga-Reiki-Anwandlungen ihrer Guru-Mutter verteidigen muss. Doch diese Probleme rücken sehr schnell in den Hintergrund. Denn seit sich nach der Partynacht schlagartige viele Dinge in ihrem Leben geändert haben und sie auf verborgene Geheimnisse stößt, die sie niemals erwartet hätte, traut sie ihren eigenen Augen nicht mehr und weiß nicht, was sie glauben und tun soll. Erst durch den Conte Giuseppe Gorani, der ihr die Mythen und Sagen Mailands erzählt, beginnt sie, die Stadt mit anderen Augen zu sehen. Zuerst langsam und dann immer mehr werden wir mit Veronica in eine düstere, magische Sagenwelt gezogen, über die wir kaum etwas wissen und deren Gefährlichkeit wir noch nicht abschätzen können. Ein Mädchen mit Blumenhaaren, ein Bettler mit Schlangenaugen, dunkle Männer in schwarzen Kutten, sprechende Totenschädel, geflügelte Hexenwesen, uralte Sekten und … ein mächtiger Wolfsgott, der davon träumt, menschlich zu sein. All diese Dinge werden plötzlich Teil ihrer Welt und bevor sie wirklich Zeit hat, die Kuriositäten zu bestaunen, beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit. Denn beim nächsten Vollmond wird sie für immer auf schreckliche Art und Weise Teil dieser neuen Welt sein und um das zu verhindern, muss sie eine schreckliche Entscheidung treffen...
"Im Grunde war das alles ein Maskenspiel, eine Art Bühnenspektakel, in dem zu viele Rollen zu besetzen und zu wenige Schauspieler vorhanden waren. (…) Aber wer stand hinter all diesen Figuren? Wann waren es Masken und wann wahre Gesichter? Und wer war Veronica, eine Kämpferin oder eine Heulsuse?"
Mit der vielseitigen Stadt Mailand bekommen wir ein wundervolles Setting vorgesetzt. Denn auch wenn der Autor nur weniger Stellen der Stadt wirklich explizit beim Namen nennt und beschreibt, bekommen wir einen Einblick in den einzigartigen Flair der Stadt abseits der luxuriösen Einkaufshallen und Modetempeln. Wir werden in die geheimnisvolle, düstere, sagenumwobene, gefährliche Sagenwelt dieser uralten Stadt hineingezogen und werden mir unglaublichen Legenden, uralten Riten und übernatürliche Wesen konfrontiert, die alle ausgehend von antiken Überlieferungen oder historischen Gestalten oder Ereignissen entwickelt wurden. So gab es die historische Figur des Conte Giuseppe Gorani wirklich, das dargestellte Blutbad in Mailand des 18 Jahrhunderts hat wirklich stattgefunden und die Riten der Lupercalien entspringen historischen Überlieferungen. Das gibt der Geschichte natürlich eine besondere Authentizität und sorgt dafür, dass das typische Werwolf-Thema komplett neu gedacht daherkommt. Luca Tarenzis Schreibstil ist dabei sehr nüchtern aber angenehm beschreibend. An manchen Stellen habe ich mich aber an der etwas holprigen Übersetzung gestört. Etwas befremdlich ist dabei vor allem auch, dass Veronica obgleich sie aus der Ich-Perspektive erzählt, sehr oft von sich in der dritten Person denkt.
"Sie hatten damit gespielt, den Wolf zu befreien? Jetzt würde der Wolf ihnen nachstellen. Veronica, die leichte Beute, hatten sie gedacht: das schüchtere und einsame Mädchen, das keine Freunde hat, das die Toughe spielt, um stärker zu erscheinen auch wenn es ihr keiner abnimmt. Aber Veronica hat aufgehört, eine leichte Beute zu sein. Rotkäppchen ist in den Walt gegangen, und der Wolf hat es gefressen. Ich sah mir in die Augen: Veronica, der Werwolf. Es ist Zeit für die Jagd."
Da wir neue Informationen nur sehr knapp, kryptisch und häppchenweise präsentiert bekommen, bleibt die magische Welt bis zum Ende ein großes Fragezeichen. Da auch die sich anbahnende Liebesgeschichte, Veronicas Beziehung zu ihrer Familie und ihren Freunden recht blass bleiben, hätte ich mir von dieser Seite ein wenig mehr Informationen gewünscht. Stattdessen fokussiert sich Luca Tanrenzi während der 512 Seiten sehr auf die Entwicklung unserer starken Protagonistin und legt wer darauf, ihren inneren Kampf gegen den Wolf in sich und dessen dunkle Versuchung detailreich zu schildern und uns ihre Entwicklung vom unsicheren Teenager zu einer verantwortungsvollen, starken, jungen Frau nahezubringen. Das gelingt ihm auch sehr gut, sodass man trotz sparsamer Handlung und raren neuen Informationen immer mitfiebert und Veronica sehr gerne auf ihrem Abenteuer begleitet.
"Warum sehnst du dich so sehr nach dem Leben der Menschen?" "Wegen des Wunders, Veronica. Wegen des Fleisches, wegen des Blutes, wegen des Herzens, wegen der Farben, wegen der Musik, wegen der Verrücktheit. Weil eure Welt ein unvorstellbarer Traum ist und ich ihn für immer träumen will."
Gerade am Ende wird das fehlende Informationsgerüst der Geschichte aber deutlich als sich etwas plötzlich alle Probleme ohne wirkliche Klärung in Luft auflösen und einige Personen höchst fragwürdig reagieren. Damit ist das Ende in sich eigentlich schon abgeschlossen, es ist aber dennoch viel Potential für eine Fortsetzung vorhanden.
Fazit:
Spannend, düster, einfallsreich - ein durchaus lesenswertes Urban-Fantasy-Abenteuer mit einer starken Protagonistin und authentischem Sagenhintergrund. Leider bleiben sowohl die Liebesgeschichte als auch die Sagenwelt etwas blass, da sich der Autor sehr auf seine Protagonistin und deren Entwicklung konzentriert. So wird eine Menge Potential verschenkt und die Geschichte bleibt im soliden aber nicht unbedingt umwerfenden Bereich.
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