Allgemeines:
Titel: Never Doubt
Autorin: Emma Scott
Genre: New Adult
Verlag: LYX (28. Juli 2020)
ASIN: B07ZQ6W1SV
ISBN-10: 3736312806
ISBN-13: 978-3736312807
Originaltitel: In Harmony
Seitenzahl: 496 Seiten
Preis: 9,99€ (E-Book)
12,90€ (Broschiert)
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Inhalt:
"Die Liebe war zuerst da."
Manchmal braucht man die Worte eines anderen, um seine eigene Geschichte zu erzählen ... Für das, was vor einem Jahr geschah, hat Willow keine Worte. Erst als sie die Rolle der Ophelia am städtischen Theater bekommt, sieht sie eine Chance, ihren Schmerz mit den Zeilen Shakespeares in die Welt zu schreien. Ihr Hamlet ist Isaac Pearce, der Bad Boy der Stadt. Instinktiv versteht Isaac ihren Hilferuf, und mit jeder Konfrontation der tragischen Liebenden auf der Bühne kommen Willow und Isaac sich näher. Doch um wieder wirklich zu leben, muss Willow ihre eigene Stimme finden ...
Bewertung:
"Never Doubt" ist nun mein sechstes Buch von Emma Scott, welche sich schon mit ihren Liebesdramen "The Light In Us", "Bring Down The Stars", "Light Up The Sky", "All In - Zwei Versprechen" und "All In - Tausend Augenblicke" in mein Leseherz geschrieben hat. Auch in Willows und Isaacs Geschichte zeigen das New Adult Genre und auch die Autorin wieder, was sie können. Emma Scott hat hier (mal wieder) eine tragische, intensive und hochemotionale Geschichte über zwei zerstörte Künstlerseelen, die für immer einen Platz in meinem Herzen haben werden, geschrieben. Ganz zum Jahreshighlight mit vollen 5 Sternen, Gefühlsausbrüchen und monatlichem Reread, hat es aber doch nicht gereicht - denn leider kam kurz vor Ende eine kleine Enttäuschung, die mich dazu gebracht hat, einen halben Stern abzuziehen.
Willow: "Eines Tages, Willow, wirst du dich vielleicht in der Dunkelheit wiederfinden. Ich hoffe, dieser Tag kommt nie. Aber wenn doch, wird es zuerst beängstigend sein. Aber du wirst dein eigenes Licht sehen. Deine eigene Kraft. Und du wirst leuchten."

Erster Satz: "Erzähl mir eine Geschichte."
Keine leichte Kost für eine Liebesgeschichte, dafür ist Emma Scott jedoch auch nicht bekannt. Schon auf den ersten Seiten der Geschichte enthüllt Willow, was beinahe ihr inneres Licht ausgelöscht hat, ist jedoch nicht in der Lage ihre eigene Geschichte zu erzählen. Nicht ihren Freundinnen in New York, nicht ihren distanzierten Eltern, denen nur Ruf und Ansehen wichtig zu sein scheint und schon gar nicht der Polizei, denn wer würde ihr auch glauben, nachdem sie im Schock alle Beweise vernichtet hat? Als ihr Vater dann von der Großstadt in die Provinz von Indiana versetzt wird, sieht sie die kleine Stadt Harmony in erster Linie als Chance auf einen Neuanfang. Richtig Leben in sie kommt aber erst, als sie Isaac Pearce Theaterspielen sieht und begreift, dass das Theater eine Möglichkeit sein könnte, all ihren Schmerz zu katalysieren und ihre eigene Stimme zu finden. Auch Isaac sieht in seiner Kunst ein Ventil für all die Emotionen, die sich in seinem Alltag mit seinem gewalttätigen, betrunkenen Vater in einem schlecht geheizten Trailer, den unbezahlten Rechnungen und der brodelnden Gerüchteküche anstauen. Vor allem ist das Theater und seine Rolle in Shakespeares Hamlet jedoch seine Chance, Harmonys Elend endlich zu entkommen und sich mit seinem unfassbaren Talent ein besseres Leben zu ermöglichen.
Willow: "Meine Eltern liebten mich, wie man einen Kunstwerk liebte: einen Gegenstand, den man im Haus aufstellt und bewundert, und von dem man hofft, dass er eines Tages etwas wert sein würde. Und seit jener Party war ich ein unschöner Anblick geworden."

Isaac: "Willow Holloway sah aus wie die Weide, von der sie ihren Namen hatte: hübsch, zart und trauernd. Nicht von außen, sondern von innen. Martin Ford hatte mir beigebracht, darauf zu achten, wie Menschen in ihren Körpern wohnten, und nicht, was sie sagten oder taten. Dieses Mädchen war tiefgründig. Ihre Augen hatten sie verraten, als unsere Blicke sich begegnet waren."

Willow: „Jede Geschichte hat ein „bis“. Wenn das Schlimme passiert, das der Figur zeigt, was sie am meisten will. Aber wo ist das „bis“, was alles wiedergutmacht?"
Die Magie der Geschichte liegt zwischen den Zeilen, zwischen den Worten, in den Emotionen der Figuren und deren vorsichtiger Entwicklung. Emma Scott schafft es wie keine Zweite, intensiv Schmerz und Liebe gegenüberzustellen und den Leser damit zum Weinen, zum Lachen und zum Mitfiebern zu bringen. Die Sensibilität, mit der sie dem Leser einen Blick ins Innere ihrer Protagonisten gewährt, die Grausamkeit, mit der sie uns und ihre Geschöpfe konfrontiert und die viele Liebe, mit der sie ihre und unsere Herzen heilt, sind wirklich erstaunlich. Die zarte, gebrochene Willow ist am Ende... bis zu ihrem persönlichen "bis" der Geschichte. Bis sie Isaac trifft, in dem sie ihren eigenen Schmerz widergespiegelt sieht. Und oh man, habe ich mich in diese Figur verliebt. Zwar schließt man als Leser auch Willow sehr ins Herz und beobachtet mit starker emotionaler Beteiligung, wie sie langsam wächst, Isaac gehört jedoch zu den anbetungswürdigsten Charakteren, von denen ich je gelesen habe. Ich weiß auch nicht wieso, aber die Autorin hat einfach ein Händchen dafür, männliche Protagonisten zu erschaffen, die mich mit ihrer poetischen Tiefgründigkeit und gequälte Intensität immer wieder vom Hocker hauen.
Willow: "Plastics. Ich hasste die Bezeichnung. Ich schwor, sie nicht mehr zu benutzen. Ich spürte die leichte Panikattacke, die in meinen Adern surrte und zuzuschlagen drohte, und der Gedanke, ein anderes Mädchen zu hassen, fühlte sich wie Verrat an. Ich war nicht allein. Ich wusste, viele der Mädchen auf der Tanzfläche hatten Ähnliches erlebt wie ich. Vielleicht waren sie wie Plastik behandelt worden: billig und austauschbar. Etwas, das man einmal benutzte und dann entsorgte. Vielleicht hatte man sie schikaniert. Damit sie sich minderwertig fühlten. Hässlich. Fett. Scharfmacherin. Schlampe. Plastik."

Willow: "Es wird immer schwerer, die Realität von der Fiktion zu unterscheiden."
Angie runzelte die Stirn. "Es ist schwer, die Realität von einem uralten Stück über Hofleute und Prinzen und Totengräber zu unterscheiden?"
"Das ist Kunst"; sagte ich und erinnerte mich an Isaacs Worte. "Je besser sie ist, desto mehr kann man sich darin wiedererkennen."
Der zweite Akt startet dann im letzten Drittel des Buches, als Isaac und Willow endlich zusammengefunden haben. Die Besonderheit bei diesem eher kürzeren zweiten Teil, der einige Wendungen, Entwicklungen und auch den ersten Höhepunkt der Geschichte enthält, ist die starke Verschmelzung von Theater und Realität. Schon zuvor steht die Einbindung vieler Shakespeare-Zitate, Stücke, Motive und Gedanken durch die das Vorsprechen, die Vorbereitung und die Proben des Stücks auf der Tagesordnung. Ich kannte den Klassiker "Hamlet" vorher noch nicht, Emma Scott schiebt jedoch beiläufig an den richtigen Stellen die nötigen Erklärungen ein, sodass man auch als unwissender Laie mitkommt. Hier lernt man jedoch nicht nur am Rande mehr über diesen Klassiker, sondern verfolgt auch mit, wie die Figuren ihre Emotionen mit ins Stück hineinbringen und durch die fremden, uralten Worte ihre Geschichte erzählen. Mit fortschreitender Handlung lassen sich dadurch immer mehr Parallelen zwischen Stück und Realität erkennen, welche wie zwei Handlungsstränge nebeneinander und ineinander laufen. Wer zu Beginn der Geschichte ein bisschen aufgepasst hat, weiß, dass "Hamlet" eine Tragödie ist, die für alle Beteiligten nicht gut ausgeht. Die zunehmende Verwebung von herzzerreißender Liebesgeschichte und verstaubtem Stück gibt also eine leise Vorausdeutung auf einen dramatischen Ausgang der Geschichte und verleiht gerade dem zweiten Akt eine unglaublich fesselnde Dynamik und Atmosphäre.
Isaac: "Ich stand jetzt alleine da, den Blick auf Willow und nichts sonst gerichtet, und sprach den Text, der mir gegeben worden war. "Ich liebe Ophelia."
Niemand sagte etwas. Niemand bewegte sich.
Willow machte die Augen auf, und ihre Lippen öffneten sich bei einem leisen Seufzer. Ein winziges Einatmen, das über die stille Bühne wisperte."
Akt drei, der kürzeste der drei Teile, beinhaltet dann das berühmt berüchtigte retardierende Moment mit dem zweitem Höhepunkt sowie das Happy End am Ende und hat mich leider ziemlich enttäuscht. Denn nach dem großen, von Missverständnissen und Schmerz geprägten Ende des zweiten Akts, habe ich umgeblättert und wäre fast vom Stuhl gekippt, als ich die ersten Zeilen der nächsten Seite gelesen habe. Statt die Figuren etwas leiden zu lassen, bevor sie die Kurve bekommen und ihre Probleme aus der Welt schaffen, setzt die Autorin an dieser Stelle einfach einen Zeitsprung ein und springt drei Jahre in die Zukunft. Warum ich das nach der langsamen Hinführung der vorangegangenen Handlung als starken Bruch empfunden habe, muss ich wohl kaum erklären. An die spektakuläre Endszene des Theaterstücks mit dem Streit und der Trennung hätte man wunderbar anknüpfen und die Geschichte linear zu Ende erzählen können. Endkonfrontation und die finalen Entwicklungsschritte der Figuren hätte meiner Meinung nach auch ohne Zeitsprung geklappt. Dass Emma Scott sich die plötzliche Wendung nicht zu nutzen macht, um noch mehr Tiefe in die Geschichte zu bekommen, und sie stattdessen wichtige Schlüsselszenen einfach durch den Zeitsprung überspringt, finde ich einfach nur enttäuschend. Insgesamt ist auch ihr letzter Akt logisch und in sich stimmig, man verliert die Figuren aber zwischenzeitlich aus den Augen und die Geschichte büßt emotionale Nähe ein.
Willow: "Du bist mein "bis". Das "bis", das alles besser macht".

Willow: "Er küsste mich sanft. "Zweifle nicht."
Ich schüttelte den Kopf. "Niemals."
Wenn man die Geschichte nach ihrem Grad der emotionalen Zerstörung, der Happy End-Schönheit, der Protagonisten-Fuckability oder dem Schreibstil beurteilt, bekommt sie ganz klar 5 Sterne. Nimmt man jedoch eine Variable, nämlich das Leserherz, aus der Gleichung heraus und betrachtet die Geschichte mit ein wenig Abstand, lassen sich vor allem im letzten Akt einige kleine Baustellen entdecken, die es mir leider nicht erlauben, eine uneingeschränkte Leseempfehlung auszusprechen. Gerade am Ende gibt es einige Stellen, an denen ich mir eine etwas andere Lösung gewünscht hätte, weshalb ich "nur" 4,5 Sterne vergebe.
Fazit:
Emma Scott hat hier (mal wieder) eine tragische, intensive und hochemotionale Geschichte über zwei zerstörte Künstlerseelen geschrieben, die für immer einen Platz in meinem Herzen haben werden. Die Magie der Geschichte liegt zwischen den Zeilen, zwischen den Worten, in den Emotionen der Figuren und deren vorsichtiger Entwicklung.
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