Samstag, 15. April 2023

Der Dornenthron


Allgemeines

Titel: Der Dornenthron
Autorin: Jennifer Estep
Verlag: Piper (30. März 2023)
Genre: Fantasy
ISBN: 9783492707527
Seitenzahl: 480 Seiten
Originaltitel: Tear Down the Throne (übersetzt
von Vanessa Lamatsch)
Weitere Bände: Die Saphirkrone (Band 1)
Preis: 14,99€ (Ebook)
18€ (Broschiert)
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Inhalt

Kronprinzessin. Clevere Spionin. Mächtige Mentalmagierin. Gemma Ripley von Andvari hat viele Gesichter, und nun muss sie all ihre Fähigkeiten vereinen, um einen Feind aufzuhalten, der mit magischen Waffen ihr Königreich bedroht. Gemmas Suche nach Antworten führt sie zu einem politischen Gipfeltreffen, bei dem mehrere Königreiche um den brüchigen Frieden zwischen ihren Ländern ringen. Doch Königin Maeven und ihr Sohn Leonidas säen Zwietracht unter den Anwesenden ... Kann Gemma Leonidas dennoch vertrauen, ihren Thron sichern und ein tödliches Attentat verhindern?


Bewertung

Mit "Der Dornenthron" erschien vor zwei Wochen der zweite Teil der "Gargoyle Queen"-Reihe, welche in direkter Verbindung mit Jennifer Esteps "Splitterkrone"-Reihe rund um "Kill the Queen", "Protect the Prince" und "Crush the King" steht. Nach "Die Saphirkrone" wird nun die Geschichte von Andvaris Kronprinzessin Gemma und deren mortanischem Erzfeind Leonidas weitererzählt. Die beiden Reihen können zwar theoretisch unabhängig voneinander gelesen werden, ich kann potenziellen LeserInnen aber definitiv ans Herz legen, die Hauptreihe zuerst zu lesen. Erstens weil sie an sich sehr lesenswert ist, zweitens weil man mehr Spaß hat, wenn man alle Anspielungen und Eastereggs versteht. Da wir die anderen Bücher der Autorin ebenfalls zusammen gelesen haben, habe ich auch "Die Dornenthron" wieder als Buddyread mit Sofia von "Sofias kleine Bücherwelt" (wie immer an dieser Stelle ein kurzes Shoutout!!) gelesen. Leider leidet "Der Dornenthron" ein wenig unter den Schwächen eines Trilogiemittelteils und bleibt für mich hinter Band 1 und der Hauptreihe zurück. Dennoch ist dieses politische, abenteuerliche High Fantasy-Highlight voller Intrigen, Spionage, Verrat und ein bisschen Romantik wieder absolut lesenswert!

Das Cover und der Titel der deutschen Ausgabe erinnern anders als die Originaledition nur wenig an die Gestaltung der Hauptreihe. Während sich im Englischen der Titel "Tear Down the Throne" perfekt in die Reihe der Titel von Band eins bis drei einreiht, stechen der deutsche Titel und das Cover etwas heraus. Zu sehen ist der Titel in weißen geschwungenen Großbuchstaben vor einem dunkelblauen Hintergrund, der von blauen und violetten Lichtpunkten durchzogen ist und im unteren Teil des Bildes einen violetten Kranz aus Dornen zeigt. Die Gestaltung des Covers ist unterm Strich also stimmig und hübsch anzusehen, dabei aber leider recht nichtssagend und für meinen Geschmack zu weit von der Gestaltung der anderen Bände entfernt. Ebenfalls schade fand ich, dass wir hier anders als in der Hauptreihe keine beigefügte Karte von Jennifer Esteps Fantasy-Welt erhalten. Gerade da wir mit unseren Figuren abermals verreisen und viele Vertreter der anderen Königreiche kennenlernen, wäre eine Karte hier sehr hilfreich gewesen! 

Erster Satz: "Manchmal hasse ich mein Leben als Prinzessin".

Wir steigen nur wenige Zeit nach Gemmas Spionage-Mission im feindlichen Morta, welche sie nur knapp überlebt hat, in die Geschichte ein. Mit neuen Narben auf ihren Händen, einem schmerzhaften Verrat im Herzen und neuen Informationen über die gefährlichen Machenschaften von Milo Morricone begibt sie sich abermals Richtung der mortanischen Grenze, um herauszufinden, was Milo mit dem andvarischen Zährenstein vorhat. Antworten verspricht jedoch erst der Gipfel, auf dem sich alle Herrscher des Kontinents treffen, um neue Abkommen zu schließen. Doch kann Gemma umgeben von Feinden sich, ihr Königreich und ihr Herz beschützen...?

"Manchmal sind Feinde die interessantesten Verehrer - und vor allem die besten Liebhaber."

Nach einem flotten Einstieg inklusive Beinahetod, Kampfszenen und Lebensgefahr nimmt sich "Der Dornenthron" recht viel Zeit, die politischen Beziehungen auf dem Gipfeltreffen auszuloten und Gemmas Beziehung zu Leo zu vertiefen. Das ist auch keineswegs ein Problem, an manchen Stellen reichen gezielte Intrigen zwischen Kaffeekränzchen und ein Kampf hier und dort jedoch einfach nicht aus, um darüber hinwegzutäuschen, dass Jennifer Estep von Zeit zu Zeit etwas zu sehr ins Schwafeln gerät. In der Splitterkrone-Reihe waren Informationen über Setting und Figuren eher beiläufig platziert und ließen mehr Raum für die aufs Ganze gehende Handlung. Hier werden Kleidung, Zimmer, Magie und Gärten manchmal seitenlang beschrieben. Die ausführlichen, teilweise abschweifenden Beschreibungen regen zwar die Fantasie stark an und kreieren eine düstere Ästhetik, bremsen die Handlung jedoch ein wenig aus und lassen den Eindruck entstehen, dass die Geschichte im Verhältnis zur Handlung etwas zu viele Seiten hat. Zwar erhalten wir neben der Haupthandlung ab und an spannende Rückblicke in die Kindheit der Protagonistin, die auch ihre erste Begegnung mit Leonidas beschreiben und uns Hintergründe der Handlung besser verstehen lassen, hier wäre zur weiteren Auffrischung aber eventuell ein paralleler Handlungsstrang oder eine weitere Erzählperspektive hilfreich gewesen... 

Neben den vielen Wiederholungen und ausufernden Beschreibungen, gibt es leider auch recht viele Überschneidungen zur Hauptreihe (ein Gipfel, ein Turnier mit Gladiatorenkämpfen, Attentate und eine gewisse Szene in einem Pavillon), sodass man hat bei vielen Aspekten der recht dürftigen Handlung das Gefühl hat, es schonmal gelesen zu haben. Auch wenn ich die Geschichte wieder sehr gerne verfolgt habe und mir die Figuren mittlerweile sehr ans Herz gewachsen sind, wurde für mich also schon bald deutlich, dass diese Fortsetzung handlungstechnisch deutlich schwächer ist als Band 1.

"Vertrauen. Respekt. Dass einem die Gefühle des anderen so wichtig sind, dass man sie vor die eigenen stellt, egal, was auf dem Spiel steht, oder wie übel das für einen ausgehen mag. Das ist wahre Liebe, Gemma, und sie ist viel kostbarer als alles Gold und alle Juwelen in Glitnir."

Denn auch die zwei großen Hauptkonflikte der Handlung sind meiner Meinung nach nicht besonders gut aufgezogen und reichen nicht aus, um die 480 Seiten vollständig zu tragen. Das wäre zum einen die Bedrohung durch Milo und die restliche Morricone Familie aus Morta. Über 470 Seiten kommen wir der Frage, was er eigentlich plant und wofür er die rätselhaften Pfeile aus Zährenstein braucht, kein Schritt näher und werden mit einem gesichtslosen Attentäter nach dem anderen hingehalten. Schon in Band 1 konnte ich ihn als Bösewicht nicht ganz ernst nehmen und finde ihn auch hier deutlich zu stark aufgeblasen. Der zweite Hauptkonflikt ist die sich anbahnende Liebesgeschichte zwischen Leonidas und Gemma, welche Gemma versucht zu verdrängen und auszubremsen, da die beiden ja aus verfeindeten Familien kommen. Auch dieser Konflikte hätte schon in den ersten Kapiteln dieses Buchs aufgelöst werden können und wurde für meinen Geschmack viel zu lange in die Länge gezogen, sodass ich im letzten Drittel über Gemma nur noch genervt die Augen verdrehen konnte.

"Leonidas´ Blick huschte über mein Gesicht, als versuchte er, sich meine Züge genau einzuprägen - den Winkel meiner Nase, die Wölbung meiner Wangen, selbst die Form meines Kinns. Ich tat dasselbe, um seine klassische Nase, die hohen Wangenknochen und das kantige Kinn in meinem Gedächtnis abzuspeichern. Ich wusste nicht, wie lange wir dort standen und uns festhielten. Wir waren beiden so unbeweglich wie Tänzer, deren Musik verklungen war. Doch ich wollte nicht, dass dieser Moment ein Ende fand. Nicht jetzt. Niemals."

Wenn man von Gemmas nervtötender Blindheit im Umgang mit Leonidas absieht, ist sie auch in dieser Fortsetzung eine sympathische Hauptfigur, die sich stimmig weiterentwickelt und neue Stärke in sich entdeckt. Da sie sehr mutig, loyal ihrem Land gegenüber, dabei aber auch voll Mitgefühl, Wärme und dem genau richtigen Maß an zerbrechlichem Selbstbewusstsein ist, habe ich sie aber sehr schnell ins Herz geschlossen und für ihre Stärke bewundert. Genau wie in der Hauptreihe blieb sie nicht die einzige starke Frau, die sich nichts sagen lässt und die wir hier bewundern dürfen. Neben Gemma, der geheimnisvollen Spionin Reiko und der Prinzessin Delmira ist vor allem die Antagonistin, die skrupellose mortanische Königin Maeven, eine vielschichtige ambivalente Figur, die mich sehr fasziniert hat. Ich bin ein großer Fan von feministischer Fantasy, in der es Königinnen und Kämpferinnen gibt, die sich nicht von irgendwelchen Rittern retten lassen oder von gutaussehenden Prinzen abgelenkt werden, sondern selbst das Heft in die Hand nehmen, wodurch Jennifer Estep noch weitere Pluspunkte sammeln konnte.

Mit dem Mentalmagier und Gemmas Nemesis aus Kindertagen Leonidas haben wir einen nach Geißblatt-duftenden, Bibliothek-besitzenden, gutaussehenden und beschützerischen Love Interest, der mir in Band 1 schon sehr schnell ans Herz gewachsen ist. Auch wenn er als mortanischer Prinz alles verkörpert, was Gemma hasst und die beiden eine komplizierte, belastete Vergangenheit verbindet, sehen wir sofort, dass er anders ist als seine Familie und es trotz einiger bedauernswerter Ausrutscher tief im Herzen gut meint. Ich hatte sehr gehofft, dass die beiden, die in Band eins eine sehr interessante Dynamik und eine überraschende Chemie entwickelt haben, sich hier näherkommen würden und dabei auch Leonidas Charakter noch mehr Tiefe erhalten würde. Leider ist das durch Gemmas Sturheit nicht wirklich passiert und wir sehen Leo die meiste Zeit im vollen Schmachtmodus, wie er von ihr Abfuhren kassiert. Schon zuvor habe ich ja angemerkt, dass die Erzählung von einem Perspektivwechsel hin zu Leo sehr hätte profitieren können. Das zeigte sich hier also abermals.

"Das ist Wahnsinn", erklärte ich erneut, auch wenn ich nicht besonders überzeugend klang. "Dann sei mit mir zusammen wahnsinnig", gab Leonidas zurück."

Ebenfalls ein wenig mehr erhofft hatte ich mir bezüglich der Nebenfiguren. Diese blieben bis auf Reiko, Maeven und Gemmas Gargoyle Grimley erstaunlich blass und hätten noch deutlich mehr Potenzial gehabt. Außerdem warte ich immer noch auf eine Begegnung mit Lucas Sullivan und Everleigh Blair aus der Hauptreihe. Ich kann verstehen, weshalb die Autorin es hier größtenteils bei kurzen Nennungen von Evie, Lucas, Alvis, Xenia und Co gelassen hat, da es sich um eine unabhängige Reihe handelt. Wenn die Autorin die Spin-Off-Reihe verstreichen lässt, ohne ein einziges Wiedersehen oder ein Easter Egg für ihre Fans, bin ich sehr enttäuscht!!!

Trotz dass ich mir bezüglich der Handlung und der Figuren also etwas mehr erhofft hatte, wird es trotzdem nie langweilig. Dafür sorgen zum einen der für High Fantasy recht temporeiche und dynamische Erzählstil, der die Handlung zu jeder Zeit vorwärts treibt und immer wieder eine gute Portion Humor einsetzt (unbezahlbar ist beispielsweise eine gewisse Szene mit dem grummeligen Grimley und einem Babystrix....). Mit spannenden Kämpfen, Intrigen, Geheimnissen, Reisen durch mehrere Königreiche, der Vorstellung von Fabelwesen wie Gargoyles oder Strixen und dem Kennenlernen von verschiedenen Arten von Magiern - Murkse, die eine verbesserte Körpereigenschaft besitzen, Morphe, die sich in Monstergestalten verwandeln, Magier, die Elemente kontrollieren und Meister, die aus Materialien die beeindruckendsten Dinge herstellen können - bekommen wir zu zum anderen genügend Spannendes präsentiert, dass man darüber wegsehen kann, dass auch hier einige Fantasy-Klischees verbaut wurden und die Handlung nicht immer unvorhersehbar und zweifelsfrei logisch ist.

"Mein Vater sagt immer, Macht ohne Mitgefühl wäre einfach nur Grausamkeit. Und damit hat er recht."

Das Ende hat mich (wenn auch nicht groß überrascht) dann doch nochmal überzeugt. Nach einem spannenden Showdown lösen sich viele der Probleme und Konflikte auf und es werden genügend offene Fragen beantwortet, um die Wartezeit auf den nächsten Band nicht allzu schlimm werden zu lassen. Mit "Conquer the Kingdom" ist in Originalsprache schon das Finale der Gargoyle-Queen-Reihe erschienen. Wann es auf Deutsch weitergehen wird, ist allerdings noch unklar.

Fazit

"Der Dornenthron" ist abermals ein politisches, abenteuerliches High Fantasy-Highlight voller Intrigen, Spionage, Verrat und einem Schuss Romantik. Leider ist diese Fortsetzung deutlich handlungsschwächer als Band 1 und auch bezüglich der Figuren hätte ich mir ein wenig mehr erhofft.


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Vielen Dank an den Piper Verlag für das Rezensionsexemplar, was meine ehrliche Meinung jedoch nicht beeinflusst hat. Quelle Informationen: Amazon.de. Klapptexte und Zitate sind Eigentum des Verlags oder jeweiligen Rechtinhabers.

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