Allgemeines
Titel: Only One Note
Autor: Anne Goldberg
Verlag: beHEARTBEAT (1. Juli 2021)
Genre: Liebesdrama
ISBN-10: xxx
ISBN-13: xxx
ASIN: B08XQWNMLF
Seitenzahl: 392 Seiten
Weitere Bände: Only One Song (Band 1)
Only
One Letter (Band 2)
Preis: 6,99€ (Ebook)
10,90€
(Taschenbuch)
Link:
Hier klicken!
Inhalt
Bewertung
Als ich "Only One Letter" im April begeistert beendet hatte, war ich ein bisschen geknickt, dass ich bis zum Erscheinungstermin von "Only One Note" noch drei Monate warten musste. Als mich dann die Autorin angeschrieben hat, sie könnte noch ein zusätzliches Augenpaar bei der letzten Kontrolle vor der Freigabe zum Druck gebrauchen, habe ich nicht lange gefackelt und strahlend zugesagt. Aus diesem Arrangement entwickelt hat sich dann - da wir beinahe zeitgleich durch die Geschichte gegangen sind- ein total grandioser Buddyread, der mir im Endeffekt nicht nur den früheren Zugang zu Charles´ und Nells Geschichte, sondern auch eine Menge Hintergründe, Insider und Überlegungen zur Geschichte beschert hat. Vielen Dank, Anne, hier ist ein Lesertraum in Erfüllung gegangen!
So, doch nun zum Wesentlichen! Das Cover ist mit dem bordeauxrot eingefärbten Close-Up eines Paares und dem sehr großen Titel zwar sehr hübsch anzusehen, hat aber meiner Meinung nach keinen besonderen Wiedererkennungswert. Auch der Titel hat mich nicht unbedingt vom Hocker gehauen. "Only One Note" setzt das Reihenmotiv zwar wieder stimmig fort, ist mir aber wieder zu generisch. Dasselbe habe ich schon bei Band 1 und 2 kritisiert, positiv anmerken muss ich aber, dass die drei Teile der Reihe optisch ganz wunderbar zusammenpassen und im Bücherregal nebeneinander ein schönes Bild abgeben. Ebenfalls ein großes Plus gibt es dafür, dass es hier endlich eine ausführliche, dem Buch hinten angefügte Triggerwarnung gibt, die ich bei den Bänden zuvor etwas vermisst hatte.
"Die Rechnung war ziemlich simpel und logisch. Wer die Schuld trug, konnte nicht auch noch Entscheidungen treffen. Allerdings war ich mir ehrlich nicht sicher, ob das fair oder eher grausam war."
Der Rezension kurz voranstellen will ich noch, dass es sich hier um den dritten Teil einer Reihe handelt, deren drei Bände sich um EIN verbindendes Ereignis (Spoiler: einen Amoklauf in einer Londoner Konzerthalle) drehen. Die Ansatzpunkte der drei Geschichten, die sich darum entspinnen sind jedoch sehr unterschiedlich, genau wie das Alter der Figuren, die Stimmung der Geschichte und die Behandlungstiefe des Themas. Während der Vorfall in Band 1 den Höhepunkt der Geschichte darstellte, es dort viel um Träume, Chancen und neue Liebe ging und die Stimmung einer Rockstar-Romance entsprechend eher lockerer war, ging es im zweiten Band vermehrt um den Umgang mit dem Erlebten. Doch nicht nur Zeitpunkt und Themenschwerpunkt veränderten sind von Band 1 zu Band 2 - die beiden Protagonisten sind jünger, die Erzählart ganz anders, der Erzählton ernster. Ebenso unterscheidet sich auch Band 3 in vielen Punkten von seinen Vorgängern. In "Only One Note" geht es nun um Entfremdung, Verzeihen, Glück, Verlust und Trauer. Die Handlung setzt eine ganze Weile vor dem Ereignis an, spielt im irischen Belfast und die Figuren sind schon etwas älter und kennen sich seit 14 Jahren. Da die Geschichten sich alle nur minimal überschneiden, können sie auch wunderbar als Einzelbände gelesen werden.
"Kinder sind nicht die unfertigen, minderintelligenten Gnome, für die Erwachsene sie halten. Nell und ich wussten das aus eigener Erfahrung eigentlich ziemlich gut. Aber man vergisst ein paar Dinge, wenn man groß wird. Manchmal vergisst man sogar eine ganze Menge."
Dennoch: erst gemeinsam entfalten sie ein stimmiges Gesamtbild voller gegenseitiger Andeutungen, Begegnungen und Überschneidungen (Stichwort: Songzeilen am Ende jedes Bandes). Außerdem habe ich das Gefühl, dass die "Only One"-Reihe von Band zu Band besser geworden ist, ganz so, als hätte sich die Autorin mit jedem Teil etwas von der typischen Romanze gelöst und mehr zu ihrer eigenen Form gefunden. Was den Aufbau ihrer einzelnen Geschichte und die Einstiege in die Kapitel angeht, hat sich Anne Goldberg bei jedem ihrer Romane etwas anderes überlegt. Bei "Only One Song" waren es Textnachrichten, die einen geheimnisvollen Ausblick auf das Kommende geliefert haben, bei "Only One Letter" war es die Abwechslung von Gegenwart und eines rückblickenden "Logbuchs" und bei "Only One Note" sind die 29 Kapitelanfänge nun mit "Weißt du noch"-Post-its versehen. Die kurzen Erinnerungsschnipsel zu Beginn jedes Kapitels verwirren zunächst noch, mit fortlaufender Handlung beginnen sie dann jedoch immer mehr zum Inhalt der jeweiligen Kapitel zu passen und die fragezeichenversehene Leerstellen im Kopf füllen sich mit immer mehr Szenen und Erinnerungen, die die Geschichte bis zu dem Punkt lebendiger machen, an dem klar wird, was dahinter steckt...
Erster Satz: "Shampoo, Duschgel, Bodylotion"
Doch ich greife zu weit vor: lasst uns erst noch kurz über den Beginn der Geschichte sprechen. Wir steigen nämlich sehr ungewohnt mit einem ordentlichen Fehltritt des männlichen Protagonisten und Erzählers Charles in die Geschichte ein. Wer jetzt denkt "oje, das ist ja denkbar ungünstig, wie soll eine solche Figur Sympathieträger werden?", der unterschätzt wie geschickt uns Anne Goldberg diese Figur ins Herz schmuggelt. Schon nach wenigen Kapiteln hatte ich Charles alles verziehen, was er seiner Verlobten Nell so unbedacht angetan hat und war hilflos verliebt in diesen reflektieren, feinfühligen Charakter, der mit seinen scharfsinnigen Beobachtungen, spannendem Input aus seinem Kommunikationspsychologie-Repertoire und einmaligen Charles-Zitaten jede Szene bereichert. Wie kann man jemanden, der Dinge sagt wie "Nicht jeden macht unüberwindbare Hilflosigkeit laut. Manche von uns werden leise" oder "Man kann von Fehlern halten, was man will, aber Fakt ist: Ein schlechtes Gewissen rückt manche Dinge wieder gerade. Prioritäten, zum Beispiel" oder "Zuweilen ist es erstaunlich, wie viel besser ich darin bin, Dinge richtig zu machen, wenn ich das mit dem Denken einfach überspringe." oder (setze hier jedes beliebige andere tolle Zitat von Charles ein - und davon gibt es eine Meeeeenge...) auch nicht lieben?
"Wir wollten es besser machen, schon vergessen? Wir wollten es verdammt noch mal perfekt machen. Es war über dreizehn Jahre her, dass wir uns das versprochen hatten. Doch wie gesagt – man vergisst sehr viel, wenn man erwachsen wird. Und viel zu oft das Wesentliche."
Auch wenn man von Charles und Nell absieht, steckt "Only One Note" voller großer und kleiner Alltagshelden. Egal ob die Peter Harolds und Octis dieser Welt (sorry, ich musste einfach ein paar Insider einbauen), oder Nells beste Freundin Chris und deren fünfjährige Tochter Sadie, die den beiden in jeder Lebenslage zur Seite stehen - dieses Buch hat einige schrecklich liebenswerte Figuren, die uns darüber hinwegtrösten, dass die Autorin anscheinend Spaß daran hat, Wunden aufzureißen und ordentlich darin herumzurühren. Der bekannte Ausdruck "emotionale Achterbahnfahrt" trifft es hier nicht ganz. "Only One Note" ist eher eine emotionale Bergsteigetour. Wir beginnen ganz unten im Tal und kämpfen uns zusammen mit Nell und Charles Schritt für Schritt den Berg empor. Mit jeder Seite, mit jedem Konflikt, mit jeder Erinnerung können wir weiter in die Vergangenheit der beiden sehen und uns langsam auch eine gemeinsame Zukunft vorstellen. Geführt wird diese emotional anstrengende Wanderung durch den gewohnt intensiven, aber lockeren Schreibstil, der mit vielen wiederkehrenden Motiven, treffenden Beobachtungen und vielschichtigen Figuren glänzt. "Kein Melodrama, nur handfeste Gefühle, kein Glitzer, nur Konfetti", so hat die Autorin ihre Geschichte in unserem "Buddyread" bezeichnet und ich finde das trifft den Nagel genau auf den Kopf.
"Aber so verhält sich das wohl mit der Verlustangst. In ihrem Licht erhalten Kleinigkeiten ein fast schon erdrückendes Gewicht. Und sie werden zu schwer, um sie weit zu tragen."
Doch wie bei jeder Wanderung kann es natürlich nicht für immer nach oben gehen und durch den neu gewonnenen Weitblick sieht man nicht nur, woher man kommt, sondern erahnt auch, welchen Weg man noch gehen muss. Irgendwann ist man auf dem Gipfel angelangt und man weiß, dass es jetzt unvermeidbar wieder bergab gehen wird. Das ist das fieseste an der Geschichte: dass man als aufmerksamer Leser der Reihe schon früh weiß, in welche Richtung es sich bewegen wird und befürchtet, welche emotionale Zerstörung noch auf einen zukommen wird. Das tut der Spannung jedoch keinen Abbruch, sondern verstärkt sie eigentlich nur noch, da man gleichzeitig unbedingt wissen will, wie es enden wird, auf der anderen Seite aber niemals an eben jenem Ende abkommen würde.
"Ich weiß. Nell nippte an ihrer Flasche, und wieder verzog sie das Gesicht. Kurz dachte ich, dass wir mittlerweile sehr gut darin geworden waren, als Einheit vor dem Scherbenhaufen unserer Beziehung zu sitzen und dieses Chaos zu bewundern – in kollektiver Ratlosigkeit."
Das eigentliche Ende kommt dann genauso erbarmungslos dramatisch wie erwartet, ist dabei aber auch so authentisch und herzerwärmend, dass ich es nur als "schlimmschön" bezeichnen kann. Ich hasse es, ich bin aber auch so verliebt in die vielen Kleinigkeiten, die Anne Goldberg hier geschickt miteinbringt: die Zettel, die Wächter gegen die Albträume und die leise Andeutung, dass es auch nach der schlimmen siebten Welle immer weitergeht... "Only One Note" reiht sich somit in die Reihe der wenigen Bücher ein, die mich jemals richtig zum Weinen gebracht haben. Und so enden wir, wie wir begonnen haben: wieder unten am Boden, abgekämpft von dieser Erfahrung, aber auch glücklich, sie gemacht zu haben und mit leisem positiven Ausblick auf die nächste Tour... Ich bin dann auf jeden Fall wieder dabei!
"Mittlerweile glaube ich, dass Trauer aus beidem besteht – aus Momenten, die okay sind. Und aus solchen, an denen man erstickt. Nur die Aufteilung ist nicht immer fair."
Fazit
Hier noch ein paar weitere Zitate:
"Und ich atmete auf, weil es sich anfühlte, als hätte ich tatsächlich die Lösung für ein Problem gefunden. Dabei war es bestenfalls ein Pflaster. Aber ein Pflaster war zuweilen besser als nichts, oder?"
"Danke." Da lag ich also, während Nell ihren Kopf auf meiner Brust bettete und einen Arm um mich legte. Ich lag da und hielt sie fest. Und ich hatte keine Ahnung, was zum Teufel sie meinte. Wie ich schon sagte: Manchmal sind es die Ahnungslosen, die das größte Talent dafür zeigen, Gespenster in die Flucht zu schlagen."
"Nell hüpfte mehr die Stufen hinunter, als dass sie lief, weil sie versuchte, sich dabei ihre Turnschuhe anzuziehen. Und sie schüttelte noch immer fassungslos den Kopf. Das hörte erst auf, als sie mich erreichte und ohne ein weiteres Wort ihre Hände in meinen Nacken legte, mich zu sich zog und küsste. Das war kein vorsichtiger Kuss, auch kein hungriger. Es fühlte sich an, als würde man nach langem Heimweh endlich wieder nach Hause kommen. Ja, ich denke, so kann man das beschreiben."
"Ich glaube, es ist nicht nur die Erleichterung, die Menschen sehr viel reden lässt. Glück macht das Gleiche. Und ich glaube auch, dass es sich genau so anfühlt, wenn man wieder Luft holen kann. Dann, wenn die siebte Welle vorbeigezogen und man nicht in ihr ertrunken ist."
"Ich zögerte kurz. Dann nahm ich die Bilderreihe und steckte sie ein. Für Sadie. Weil schöne Erinnerungen Albträume vertreiben können, auch wenn sie wehtun. Wie Medizin, die bitter schmecken muss, damit sie helfen kann."
"Sie lachte kurz, was noch mehr Tränen mit sich brachte, die das Lachen wieder erstickten. Was zurückblieb, war ein Nicken. Wie ein Echo all der Reaktionen, zu denen man einmal fähig gewesen war. Davor … Und nun tat alles davon weh. Außer das Nicken. Das ging."
"Mittlerweile heulte sie. So richtig. Auf die Weise, die ihren kleinen Körper schüttelte und in großen Körpern, die ihn festhielten, Herzen brechen konnte."
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Ich freue mich, wenn Du einen Kommentar dalässt.
Egal ob Kritik, Verbesserungsvorschläge, Lob, Anmerkungen, Fragen oder eigene Meinung - das ist der richtige Ort dafür ;-)