Allgemeines:
Titel: Only One Letter
Autorin: Anne Goldberg
Genre: New Adult
Verlag: beHEARTBEAT (26. Februar 2021)
Seitenzahl: 280 Seiten
ISBN-10: 3741302295
ISBN-13: 978-3741302299
ASIN: B08PPJ39G8
Preis: 6,99€ (Ebook)
10,90€ (Taschenbuch)
Weitere Bände:
Only One Song
(Band 1)
Only One Note (Band 3, ET: 1. Juli 2021)
Inhalt:
Es ist drei Wochen her, seit Liz' Leben sich vom einen auf den anderen Tag
komplett gewendet hat. Seitdem begleiten Panikattacken ihren Alltag und
verwandeln sie in einen Menschen, den sie auf keinen Fall akzeptieren kann.
Und noch weniger will sie irgendwem zeigen, wie verzweifelt sie gegen dieses
neue Ich kämpft. Dann begegnet sie Nate, dem neuen Mitbewohner ihrer besten
Freundin. Für ihn scheint es unglaublich leicht, Geduld mit ihren Ängsten zu
haben - und sich in Liz zu verlieben. Er bleibt bei ihr, wenn die Panik sie
im Griff hat. Und er setzt alles daran, ihr zu zeigen, dass es in Ordnung
ist, nicht klarzukommen.
Was Nate dabei verborgen hält, sind seine eigenen seelischen Narben.
Wunden, die er eigentlich hinter sich lassen wollte, und die nun beginnen,
wieder aufzubrechen.
Bewertung:
Als "Only One Song" mich total positiv überrascht hat, stand es für mich außer Frage, dass
ich auch die weiteren Teile von Anne Goldbergs neuer Reihe lesen werde.
Auch "Only One Letter" hält wieder um einiges mehr bereit, als
Cover, Klapptext oder Genre vermuten ließen und wurde zum überraschenden
Monatshighlight!
Das Cover ist mit dem lila eingefärbten Close-Up eines Paares und dem
sehr großen Titel zwar sehr hübsch anzusehen, hat aber meiner Meinung
nach keinen besonderen Wiedererkennungswert. Auch der Titel hat mich
nicht unbedingt vom Hocker gehauen. "Only One Letter" ist ein so
typischer Titel, dass ich ihn selbst beim Lesen ein paar mal vergessen
habe und nachdem ich das Buch beendet hatte, mich immer noch frage,
welcher eine Brief hier so wichtig war, dass er im Titel verewigt werden
musste. Dasselbe habe ich schon bei Band 1 kritisiert, positiv anmerken
muss ich aber, dass die beiden Teile optisch ganz wunderbar
zusammenpassen und im Bücherregal nebeneinander ein schönes Bild
abgeben. Schmerzlich vermisst habe ich hier allerdings wieder eine
Triggerwarnung, die meines Erachtens aufgrund des Themas angebracht
gewesen wäre.
Erster Satz: "Anfänge sind schwierig."
Besonders an der inneren Gestaltung der Geschichte ist, dass Anne
Goldberg sich hier für eine interessante Erzählweise auf zwei Zeit- und Reflexionsebenen
entschieden hat, welche gegen Ende langsam ineinanderlaufen. In der
Gegenwart erleben wir die beiden Hauptfiguren Nate und Liz als Paar,
das auf dem Heimatbesuch bei Nates Eltern in der USA auf die Probe
gestellt wird. Abwechselnd zu diesen Kapiteln bekommen wir durch
Einträge aus "Nates Logbuch", in welchem Liz tagebuchartig die
Geschehnisse seit ihrer ersten Begegnung festgehalten hat, den Beginn
ihrer Liebesgeschichte nacherzählt. In der Vergangenheit geht es dabei in erster Linie um Liz Probleme,
während in der Gegenwart durch die Reise Nates alte Wunden wieder
aufgerissen werden. Das Kennenlernen der beiden Figuren läuft Theo und Winstons erstem
Treffen (in "Only One Song"), welchem ich in meiner Rezension
feierlich dem Titel des "wohl witzigsten erste Treffens in der
Geschichte der lustigen ersten Treffen" verliehen habe, beinahe den
Rang ab, dennoch wird bald klar, dass die Autorin hier einen deutlich
ernsthafteren Ton anschlägt als bei ihrem Auftaktband.
Das erste schwierige, aber starke Standbein der Geschichte, welche die Heiterkeit der jungen Liebe im
Vergangenheitspart etwas dunkler einfärbt, ist Liz´ Umgang mit ihrer
posttraumatischen Belastungsstörung, welche in "Only One Letter"
sehr anschaulich und treffend umgesetzt wurde. Hier waren die nötige
Präzision und Fingerspitzengefühl vorhanden, die ich bei "The Story of a Love Song", welches ich beinahe zeitgleich gelesen habe, vermisst
hatte. Was bei Band 1 noch als leise spannungserzeugende Vorahnung in der
Luft hing, ist hier bereits passiert und wirkt auf die Figuren
zurück (Spoiler:
Am Ende des ersten Teils werden durch einen Amoklauf auf dem
Konzert der Band der Hauptfigur, einige Menschen getötet). Wer "Only One Song" also noch nicht gelesen hat und noch
lesen will, sollte am besten JETZT damit aufhören, meine
Rezension weiter zu lesen! Es gibt zwar bis auf ein Ereignis nur kleine Überschneidungen mit
dem ersten Teil, da das überraschend kommende Ende von "Only One Song" einen Großteil des Reizes der Geschichte ausmacht, würde ich das ungern spoilern. Aufmerksame Leser werden feststellen, dass Theo und Winston ganz kurz
vorkommen und Nate und Theo am selben Projekt arbeiten. Ansonsten gibt
es außer der Tatsache, dass beide Paare in London wohnen keinen
Zusammenhang zwischen den beiden Geschichten, sodass man sie auch
getrost unabhängig voneinander lesen kann.
"Ich glaube, der dümmste Zustand eines Menschen ist der, in dem
er meint, etwas zu begreifen, wovon er gar keine Ahnung haben
kann"
Auch im Gegenwarts-Teil geht es alles andere als heiter zu, da
sich hier Nate seinen Dämonen stellen muss, als die beiden für die
Hochzeit seiner Schwester an seinen Geburtsort zurückkehren. Zusehen,
wie die beiden sowohl in der Vergangenheit als auch in der Gegenwart
wieder vor eine Zerreißprobe ihrer noch jungen Liebe stehen, sich
gegenseitig unterstützt, dabei mal ganz wundervoll und manchmal auch
ganz schrecklich verhalten, aber immer wieder einen Schritt
aufeinander zu machen und verstehen wollen, was im anderen vorgeht,
ist so schön wie herzzerreißend. Die Autorin zeigt hier, dass eine
gesunde Beziehung nicht bedeutet, dass es keine Probleme gibt, dass
man sich nicht streitet oder auch mal aneinander vorbeiredet. Eine
gesunde Beziehung bedeutet, dass man zwar mal wütend ist, aber
trotzdem versucht, den anderen zu verstehen, dass man mal eine Auszeit
nimmt, aber trotzdem immer wieder einen Schritt auf den
anderen zugeht, dass man nicht immer einer Meinung ist, aber sich
trotzdem bei allem Wichtigen zur Seite steht! Genau solche Vorbilder
braucht New Adult!
Genau dieses Kompliment kann ich auch den Figuren machen. Klar,
dass eine Hauptfigur eine "dunkle Vergangenheit" hat oder mit einem
Trauma kämpft, ist häufig der Fall in diesem Genre. Ich finde es aber
wichtig, dass dies nicht nur als Motiv genutzt wird, um Drama mit
einzubringen, Probleme zu erklären und Spannung aufzubauen, sondern dass
das Thema auch wirklich genutzt, behandelt und auserzählt wird. Und das
macht Anne Goldberg hier definitiv! Sowohl Liz als auch Nate haben ihre
liebenswürdigen Eigenheiten, aber auch ihre Fehler. Sie machen vieles
richtig, verhalten sich aber auch ab und zu so, dass man sie gerne an
die Wand klatschen würde. Eben wie Menschen im richtigen Leben auch. Der
Weg, den die beiden zusammen und auch jeder für sich gehen, geht ans
Herz und erzählt von der Bedeutung kleiner Gesten, der Akzeptanz, dass
es in Ordnung ist, mal nicht klarzukommen und wie man Hilfe von Menschen
annimmt, die man liebt. Wie die beiden zusammengefunden haben ist hier
mit relativ wenigen Worten erzählt, dennoch ist "Only One Letter"
unbestreitbar eine Liebesgeschichte, nur eben eine, die erzählt, wie es
nach dem "und sie lebten glücklich..." weitergeht!
"Due Sache ist nämlich die: Angst unterliegt den Gesetzen der
Schwerkraft. wenn sie von einem abfällt, fällt sie nach unten. Und
sie nimmt einen immer ein Stück weit mit."
Das Gleichgewicht zwischen schön und traurig hat die Autorin dabei
grandios gut getroffen. "Only One Letter" ist zwar absolut kein
Wohlfühlbuch, aber auch nicht wirklich harte Kost, denn Anne Goldberg
versprüht mit ihrem lebendigen, spritzigen Humor immer mal wieder gute
Laune. Der sehr lockere, sarkastische Erzählstil sollte sich eigentlich
mit den schwermütigen Themen und der Figurentiefe beißen, seltsamerweise
wirkt die Leichtigkeit des Schreibstils jedoch eher als passendes
Gegengewicht und macht die Geschichte erst richtig rund. Dennoch:
nachdem mir Anne Goldberg versichert hat, "Only One Letter" sei
der "cozy Teil" der Reihe, habe ich aber eindeutig Angst, was mich im
Finale der Trilogie erwartet...
Und wenn wir schon gerade von Enden reden... Das Ende der Geschichte
ist das einzige Manko, das mich nach längerem Nachdenken dazu veranlasst
hat, einen halben Stern abzuziehen. Hier ging mir alles nämlich einfach
etwas zu schnell. Im letzten Viertel ist der Weg von "alles ist scheiße, wir
schaffen das nicht" zu "es wird schon alles gut werden" sehr kurz,
sodass das eigentlich recht positive Ende sich eher neutral und so gar nicht
nach Happy End oder Ende allgemein anfühlt. Die Auflösung bleibt so offen
und knapp, dass Vieles in der Luft hängen bleibt. Gerade auch die
allerletzten Sätze (Spoiler:
eine kleine Referenz aus Liedzeilen, die eigentlich zu einem großartigen
Aha-Effekt hätten führen können, von denen ich aber einfach nicht
verstanden habe, warum nun Treehouse Promises von Nates Bruder singen...?
Hab ich da was verpasst?) haben bei mir Verwirrung ausgelöst. Zwei oder drei zusätzliche Kapitel
hätte "Only One Letter" gegen Ende also meiner Meinung nach gut
vertragen können.
Fazit:
Intensiv, warmherzig und mit toller Message - genau so sollte New Adult
sein! "Only One Letter" punktet nicht nur mit einer interessanten
Erzählweise auf zwei Zeit- und Reflexionsebenen, vielschichtigen Figuren
und einer gesunden Beziehung - Anne Goldberg ist auch zwei schwierige
Mental Health Themen mit der die nötige Präzision und Fingerspitzengefühl
angegangen und hat das Gleichgewicht zwischen schön und traurig
grandios gut getroffen. Nur das etwas zu knappe Ende trübt das Gesamtbild
minimal ein.
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