Bewertung:
Nachdem mich "Hate Notes" und "Park Avenue Player" um einiges besser überzeugen konnte als "Rebel Soul" vom Autorenduo Ward-Keeland, habe ich beschlossen, den beiden Autorinnen noch eine vierte Chance zu geben, mich so richtig abzuholen. "The Story of a Love Song" hat dann aber bestätigt: Penelope Ward, Vi Keeland und ich werden keine Freunde mehr. Ich bin im Genre New Adult mittlerweile bis zu einem gewissen Grad bereit, über Ungereimtheiten hinwegzusehen, aber wenn sich die Augenroll-Momente dann häufen und man sieht, dass es anderen (in dem Fall Tomke von Throughsioux_Books, mit der ich die Geschichte im Buddyread gelesen habe) genauso geht, man also nicht komplett überreagiert und sich reinsteigert, dann war's das einfach.
Erster Satz: "Oh Mann, es geht wieder los."
Den Einstieg in die Geschichte wird einem mit vielen süßen wie verrückten
Ideen wie das Hausschwein Hortencia, Angst-Scrabble oder einen exzentrischen
Therapeuten sehr leicht gemacht. Luca und Griffin sind leicht ins Herz zu
schließen und mit ihren Eigenheiten und besonderen Lebensumständen haben sie
mir schon auf den ersten Seiten das ein oder andere Lachen entlockt. Auch
ihre erste Kontaktaufnahme, als Luca beim Ausmisten nach Jahren einen
ungeöffneten Brief von Griffin findet und ihm daraufhin schreibt, ist
zuerst einfach hinreißend. "Zuerst" ist dabei absichtlich fett
gedruckt, denn von ungefähr zwei Seiten "schön, mal wieder von dir zu hören, wie geht es so?" ist der Weg über "warum hast du mir damals nicht geschrieben?" bis
hin zu "was sind deine intimsten Fantasien?" einfach viel zu kurz.
Anstatt nach Jahren der Funkstille behutsam wieder Vertrauen und Nähe
aufzubauen, nehmen die Autorinnen eine krasse Abkürzung und setzen uns von
jetzt auf gleich Briefe voller Sextalk vor. Dass die beiden schnell den Mut
finden, ehrlich über verschiedenen Themen zu reden, ist ja schön und gut,
aber nach so vielen Jahren erschien mir eine solche Öffnung über Briefe mehr
als unglaubwürdig.
Tomke und ich hatten dann gehofft, dass sich das ändert, wenn Griffin und
Luca sich zum ersten Mal begegnen, leider wurde das Problem, dass die beiden
als Paar kaum ernst zunehmen oder nachzuempfinden waren, dadurch aber nur
noch sichtbarer. Viele Dialoge fühlten sich unnatürlich an, bei ihrer ersten
Begegnung wimmelt es nur so von Stolpersteinen (Stichwort: Schweinebraten)
und nach einem Tag beschließen sie einfach aus dem Nichts heraus, dass sie
jetzt zusammen sind. Alle Emotionen wurden hier beschrieben, statt für den
Leser erlebbar gemacht, sodass die beiden für mich auch nach 200 Seiten
immer noch zwei wunderschöne Fremde (jaaa, natürlich sehen beide auch aus
wie Supermodels) waren, die sich erst vor wenigen Tagen getroffen haben und
plötzlich eine Beziehung führen. Weshalb das für mich als Leserin nicht so
gut funktioniert hat, muss ich denke ich nicht mehr ausführlicher
erklären...
Von da an fielen mir immer mehr Ungereimtheiten auf und ich wurde von
Leseabschnitt zu Leseabschnitt genervter von der Geschichte. Wo ich zuvor
noch amüsiert über gelegentlich eingestreute Witze und Anspielungen grinsen
konnte, haben diese im weiteren Verlauf nur noch für ein müdes Stirnrunzeln
gereicht (Spoiler:
Mir fällt gerade die Szene ein, in der Luca einen richtigen Tiefpunkt
durchlebt und was macht Griffin? Schickt ihr komische Sexwitze - das sagt
ja schon alles über ihre Beziehung, oder?) Rund um das Problem mit den fehlenden Emotionen habe ich mich an manchen
Stellen auch über die Darstellung von Lucas Ängsten geärgert. Grundsätzlich
finde ich Mental Health Themen in Büchern wahnsinnig wichtig, da ist aber
meiner Meinung nach noch mehr Präzision gefragt, als bei anderen Themen.
Vielleicht ist es auch meinem besonderen Blickwinkel geschuldet, doch ich
kann es einfach nicht vertragen, wenn wild Diagnosen vermischt werden oder
(noch schlimmer) die Therapien nicht passend sind.
In "The Story of a Love Song" bin ich an einigen Stellen über
Äußerungen gestoßen, die ein Fragezeichen aufgeworfen haben und für mich
überhaupt nicht zu den beschriebenen Beschwerden gepasst haben. Das was Luca
beschreibt, würde ich als Psychologiestudentin eher als Posttraumatische
Belastungsstörung einordnen, da es ja einen klaren Auslöser für ihre
agoraphoben Ängste gibt und sie auch unter kognitiven Verzerrungen wie
Schuldgefühlen leidet. Auch wie sich der Doc, also Lucas Therapeut an
einigen Stellen verhalten hat, empfand ich als weit jenseits von
unprofessionell. Ich mochte den schrägen Vogelliebhaber als Figur total, er
füllt hier aber mehr die Rolle eines verschrobenen Großvaters, der ab und zu
eine Lebensweisheit vom Stapel lässt und versucht, den Kuppler zu spielen
und weniger die Rolle eines professionellen Therapeuten aus, der den
Genesungsprozess seiner Patientin im Sinn hat. So gab es leider die ein oder
andere Szenen, bei der ich nur den Kopf darüber schütteln konnte, wie man
diese gelegentliche Lebensberatung Therapie nennen kann. Ich würde mir bei
solchen Themen einfach mehr Präzision und Fingerspitzengefühl wünschen!
Wenn man das Mental-Health-Thema und den Sextalk beiseitelässt, bleiben
noch eine Menge Themen, die einem ziemlich bekannt und in fast jeder
Rockstar-Romance vorkommen. Von den typischen "mimimi, er hatte schon sooo viele Frauen und ich bin soo unerfahren"-Unsicherheiten über den "du bist zu gut für mich"-Konflikt, bis zur
obligatorischen Trennung vor der Tournee und der noch obligatorischeren
Versöhnung durch ein Liebeslied war alles dabei, was man auch sonst so
kennt. Das war es jedoch leider noch lange nicht mit den holpernden Stellen.
Unkommentiert kann ich auch fast nicht lassen, dass es für Luca überhaupt
kein Problem zu sein scheint, dass Griffin einen Privatdetektiv engagiert
hat, der sie wochenlang heimlich verfolgt, beobachtet und fotografiert hat.
Er will ihr kein Bild schicken, da er nicht will, dass sie erfährt, dass er
ein Rockstar ist, aber da er trotzdem neugierig ist, wie sie
aussieht, lässt er sie heimlich beschatten? Wem kommt das noch ein
bisschen übergriffig vor? Luca jedenfalls nicht - darüber reden die beiden
nämlich einfach nicht. Allgemein wird ab der Hälfte nicht mehr so viel
geredet. Luca und Griffin haben ungefähr die Hälfte der Zeit Sex oder reden
zumindest davon, welchen zu haben und die andere Hälfte liest sich, als
hätten sich die beiden AutorInnen überlegt "hm, was könnte wohl alles passieren, um Luca maximal zu verstören und
alles möglichst kaputt zu machen?" und dann genau das umgesetzt (Spoiler:
Nein ernsthaft. Eingesperrt im Dunkeln, Feueralarm und Menschenmengen?
Wenn das nicht ein biiiiisschen konstruiert war.)
"Sie gaben mir Hoffnung, dass Träume wirklich wahr werden können - selbst unsere wildesten Träume. Ich meine, wie kommt
die behütete kleine Luca, die irgendwo in der Provinz von Vermont lebt,
mit einem Superstar zusammen? Und dann stellt sich heraus, dass er ihr
Brieffreund aus Kindertagen ist? Das ist der Stoff, aus dem Märchen
sind, Luca. Aber das ist Ihr Leben. Ihr verflixtes Leben! Bitte werfen
Sie das nicht weg, weil Sie Angst haben. Sie werden es niemals
zurückbekommen. Und es ist... Magie. Reine Magie."
Dann fallen mir auch noch eine Menge weiterer Szenen ein, in denen mir die
Dynamik zwischen den beiden nicht gefallen hat und was gar nicht
angesprochen wurde (Spoiler:
Beispielsweise ihr erstes Mal auf dem Schreibtisch, das hatte was von "ja jetzt ist er schon extra hergekommen und auch so erschöpft, dann
revanchiere ich mich jetzt halt mal". Oder auch die Szene, in der sie sich entschieden hat, mit auf die
Reise zu gehen... Sie wollte ja erst nicht und hat es dann irgendwie doch
gemacht, um ihm was zu beweisen...) Dass Luca sich bald unter Druck gesetzt fühlt, ihre Ängste für Griffin in
einem Tempo überwinden zu müssen, das absolut unrealistisch ist, trug
natürlich auch nicht gerade dazu bei, dass man die beiden als tolles und
funktionierendes Paar wahrnimmt. Als die beiden sich dann getrennt haben,
erschien es mir nur logisch und zumindest von Lucas Seite aus
nachvollziehbar. Wie die beiden Autorinnen das Grundproblem jedoch lösen
wollen, ohne dass Griffin seine Karriere aufgibt und vor allem ohne die
Spontanheilungs-Karte zu ziehen, war mir lange Zeit unklar.
Am Ende wird klar: das Problem wird einfach gar nicht gelöst
(Spoiler:
Luca fällt einfach plötzlich ein, dass sie Griffin liebt und ihre
Beziehung jede Schwierigkeit wert ist). Die beiden klären weder ihrer Zukunft noch ihre Probleme so
richtig, sind jetzt aber trotzdem glücklich zusammen. Da stellt sich die
Frage, warum das Drama davor nötig war und es fehlt einfach jegliche innere
Entwicklung bevor wir zum typischen und von Beginn an erwarteten Ende
inklusive Hochzeit und Kinder übergehen (Spoiler:
Die einzige Überraschung, die das Ende beinhaltet, ist der Tod des Docs.
Hier fand ich es aber sehr schade, dass das gar nicht für die Handlung
genutzt wurde und da die Information mitten im Happy End ohne Konsequenzen
fallen gelassen wurde, hätte man es auch irgendwie weglassen können).





Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Ich freue mich, wenn Du einen Kommentar dalässt.
Egal ob Kritik, Verbesserungsvorschläge, Lob, Anmerkungen, Fragen oder eigene Meinung - das ist der richtige Ort dafür ;-)