Freitag, 16. April 2021

Serienempfehlung: Outlander


"Outlander" ist eine US-amerikanische Fantasy-Historienserie basierend auf der Highland-Saga von Diana Gabaldon, die mich das ganze letzte Jahr über begleitet hat. Lange Zeit bin ich um den Seriengiganten herumgeschlichen, der beinahe in ähnlichem Umfang wie "Game of Thrones" Fans auf der ganzen Welt begeistert, aber auch polarisiert hat. Die von 2014 bis 2020 auf Starz ausgestrahlten 5 Staffeln sind mittlerweile auch auf Netflix zu sehen. Wer also Lust hat, in 67 Episoden eine Reise durch die Zeit zu unternehmen, vorbei an wichtigen historischen Ereignissen, mitten ins schöne Schottland und hin zu einer leidenschaftlichen Liebesgeschichte, bekommt von mir eine klare Empfehlung!


Darum geht´s:

Als sie nach ihrem Fronteinsatz als Lazarettschwester zu ihrem Ehemann Frank (Tobias Menzies) zurückkehrt und sich entfremdet fühlt, fährt Claire Randall (Caitriona Balfe) mit ihrem Mann in die zweiten Flitterwochen nach Schottland. Statt sie ihrem Ehemann näher zu bringen, reißt diese Reise sie jedoch Jahrhunderte auseinander, als sie beim Betreten eines mystischen Steinkreises in das Jahr 1743 zurückgeworfen wird. Fortan muss sie sich an die völlig veränderten Gegebenheiten anpassen und sich in der Burg des MacKenzie Clans der Brüder Colum (Gary Lewis) und Dougle (Graham McTavish) zurechtfinden. Dabei helfen Claire als Archäologentochter und Ehefrau eines Geschichtsprofessors ihre Geschichtskenntnisse, ihre medizinischen Fähigkeiten wiederum bringen ihr bald den Ruf ein, eine Hexe zu sein. Als Ausweg aus einer weiteren Notsituation heiratet sie den jungen schottischen Krieger Jamie Fraser (Sam Heughan), dem ebenfalls Gefahr durch Verfolgung, Verrat und Habgier droht. Aus der reinen Zweckheirat entsteht doch schnell mehr und Claire muss sich entscheiden: zwischen Jamie und Frank, zwischen der Zukunft, in die sie gehört, und der Vergangenheit, in der sie lebt.

Deshalb solltest Du Dir die Serie anschauen:

Ich beginne mit meinem stärksten Argument: weil "Outlander" eine der wohl vielfältigsten Serien überhaupt ist. Historiendrama, Liebesepos, Abenteuergeschichte, Fantasy-Story, Eskapismusträumerei, Erotikfilm und Kriegsepos - die Serie bietet Elemente verschiedener Genres, nimmt mit durch mehrere Jahrhunderte und über Länder, Kontinente und Ozeane. Kein Wunder, dass Fans auf der ganzen Welt begeistert waren. Diese Serie spricht verschiedene Zielgruppen an und wer sie leichtfertig als "Frauen-Serie" abtut, tut ihr definitiv Unrecht.

Denn auch wenn im Zentrum der Handlung eine große Liebesgeschichte mit all ihren Höhen und Tiefen steht und alle anderen Elemente sich um diesen roten Faden winden, ist "Outlander" definitiv keine Wohlfühlserie. Zwar wird viel mit Träumen gespielt und Claire erreicht mit ihrer Reise in die Vergangenheit alles, was man sich als frustrierte Hausfrau so wünschen könnte, dafür nehmen aber auch Brutalität, Leiden und Gewalt der Serie alles Leichte. Zusammen mit Claire müssen wir uns mit Unaufgeklärtheit, Aberglauben, Unterdrückung und der allgemeinen Rohheit und Brutalität der Gesellschaft um 1743 auseinandersetzen, in der Kinder wegen eines Diebstahls an einen Pranger genagelt, Frauen als Besitz betrachtet und Männer grundlos ausgepeitscht werden. Dass es in Historiendramen gerne mal etwas rauer zugeht, um die Handlung authentischer zu machen, kennt man schon aus anderen Serien. Auch blutige Schlachten oder Vergewaltigungs- und Folterszenen, die definitiv nichts für schwache Gemüter sind, sind seit Serien wie "Game of Thrones" fast schon Standard geworden. 

Hier wird jedoch zusätzlich zu blutigen Gore-Eskapaden schwierigen Themen genug Raum verschafft, um diese über längere Zeit mit den Figuren zu verarbeiten. Anders als in "Game of Thrones" zum Beispiel werden hier Traumata verarbeitet, Konflikte mit Gesprächen gelöst, schwere Verluste aufgearbeitet und damit der Serie und den Figuren eine überraschende Tiefe verschafft. Das ist also mein zweites Argument, die Serie zu schauen: der erstaunlich intelligente Umgang mit überraschenden Themen, die man in einer historischen Unterhaltungsserie auf die Weise nicht erwartet hätte. Hier also nochmal die explizite Warnung: diese Serie ist nichts für schwache Nerven. Sowohl die Liebe (meint, eine Menge Sexszenen) als auch Grausamkeiten beim Beschützen eben jener werden ausführlich und in vollem Kamerazoom ausgebreitet, sodass man manchmal am liebsten wegschauen und vorspulen würde. 

Gerade noch so verhindert, dass ich einfach zu schöneren Szenen springe (um zum Beispiel dem ziemlich heftige Staffelfinale von Staffel 1 zu entgehen) hat die wahnsinnig spannende Umsetzung und die unglaubliche Chemie und Dynamik der Figuren, die dafür sorgen, dass man auch bei sehr unangenehmen Szenen einfach nicht wegschauen kann. Dafür ein großes Lob vor allem an Catriona Balfe, Sam Heughan und Tobias Menzies! Lebendig machen diesen Mix aus Blut, Gewalt, Politik und Liebe aber auch der große Strauß anderer Figuren, von denen wir einige stark ans Herz schließen und andere ebenso leidenschaftlich hassen lernen. Besonders spannend fand ich dabei den loyalen Murtagh FitzGibbons Fraser (Duncan Lacroix), die mysteriöse Geillis Duncan (Lotte Verbeek) und die resolute Janet „Jenny“ Fraser Murray (Laura Donnelly). Im Verlauf der Geschichte kommen natürlich noch eine Menge weiterer Figuren hinzu, alle haben jedoch gemeinsam, dass ihre Schauspieler ohne Frage einen sehr guten Job machen.

Sehr interessant fand ich auch die Rolle der Frau und die Idee eine aufgeklärte, intelligente und selbstbewusste Frau mit einem Wissensvorsprung von zwei Jahrhunderten ins 18. Jahrhundert zu schicken. Zwar kann man kritisieren, dass Claire dort selbst für die Verhältnisse der Highlands, wo weise Frauen als Heilerinnen schon immer mehr geschätzt wurden als in anderen Kulturen, etwas zu leicht ankommt, mir hat die Idee und die Umsetzung aber trotzdem viel Spaß bereitet. Leider gehen Claires Gedanken und Gefühle zu Beginn noch ein bisschen unter, da wir diese nur durch gelegentliche Off-Kommentare und die Darbietung von Caitriona Balfe erschließen können. Gerade die Entscheidung, in der Vergangenheit zu bleiben kommt in den Büchern bestimmt besser an. Über das Männerbild der Serie kann man hingegen ein bisschen streiten. Hier begegnen wir nämlich (gerade in der ersten Staffel) nur drei Typen: grummelig-netten Highlander, potentiellen englischen Monster und... Jamie. Letzterer ist als absolute Superschotten-Traummann-Inkarnation nicht gerade die realistischste Figur, macht aber über die Staffeln hinweg eine ausreichende Entwicklung durch, um glaubwürdig (und natürlich anbetungswürdig) zu sein. Pluspunkte gab es auch dafür, dass viele Geschlechterklischees in der Beziehung von Claire und Jamie umgedreht sind und einige absurde Situationen für Lacher sorgen.

Neben Vielseitigkeit und überraschender Tiefe ist natürlich auch die Kulisse eine große Stärke der Serie. Das Hauptsetting in den schottischen Highlands weckt das Reisefieber und lädt dazu ein, die Drehorte abzufahren und selbst die Geschichte lebendig werden zu lassen. Das Land wird mit all seinem rauen Charme, seiner bezaubernden Mythen und seines starken und ehrlichen Volks dargestellt und wirkt dabei zu keinem Zeitpunkt unauthentisch. Neben ausgiebigen Landschaftsaufnahmen, die in den fünfzig- bis sechzigminütigen Folgen bei dem eher gemächlichen Erzähltempo der ersten Staffel regelmäßig einen Platz finden, tun auch die Kostüme der Darsteller ihr Übriges und lassen das 18. Jahrhundert vor unseren Augen auferstehen. Toll sind auch der Akzent der Darsteller (Tipp: falls möglich unbedingt mit Originalton anschauen) und nicht untertitelte gälische Gesprächsfetzen, die immer mal wieder auftauchen und die Zuschauer zusammen mit Claire verwirren. 

Für die nötige Magie und den stimmigen Einbezug der Mythen und Legenden, die Claire durch ihre Reise durch die magischen Steine zum Verhängnis geworden sind, sorgt vor allem eine stimmige musikalische Untermalung. Es beginnt schon beim gelungenen Intro, einer Variation des Titelsong "Skye Boat Songs" von Bill McCread über die Staffeln hinweg, der mit seinem Hauch an Mystik direkt schon gekonnt auf die Serie einstimmt. Ein traditionelles schottisches Volkslied + Mystik + starke Frauenstimme in moderner Aufmachung - dieser Mix würde auch das Konzept der Serie allgemein gut beschreiben. Ein weiteres musikalisches und optisches Highlight ist das wiederkehrende Motiv des "Dance of the Druids", der in verschiedenen Versionen und Kulturen immer wieder auftaucht, bei den Druidinnen am Craigh na Dun zu Samhain jedoch ihren Ursprung nimmt. Das musikalische Motiv zu dieser Szene gehört zu meinen absoluten Lieblingen, da man hier förmlich die Magie spüren kann, die die Welt unsichtbar miteinander verbindet.

Doch nicht nur das Setting und die Musik hat einiges zu bieten - man kann beim Schauen auch einiges lernen. Über Geschichte zum Beispiel. Während sich die erste Staffel zuerst stark auf Claire und ihre Beziehung zu Jamie konzentriert, verlassen wir im weiteren Verlauf der Serie Schottland, ziehen mit einer Armee nach England, reisen nach Paris, werden nach Jamaika verschleppt und beginnen ein neues Leben in der neuen Welt und nehmen währenddessen an verschiedenen historischen Meilensteine teil. Für alle, die aufgrund der verschachtelten Geschichte auf zwei Zeitebenen verwirrt sind, gibt es übrigens HIER einen hilfreichen Zeitstrahl, auf den ich auch beim Schauen den ein oder anderen Blick geworfen habe, um die Schlüsselereignisse besser einordnen zu können. Egal ob die Schlacht von Culloden, die Vorbereitung des schottischen Jakobitenaufstand von 1745 in einem prärevolutionären Paris, die Herrschaft der Engländer über die Highlands, die große Hungersnot zwischen 1845 und 1849, oder später die Auswanderung vieler Europäer in die "neue Welt", die Verlockungen des amerikanischen Traums, Konflikte der Siedler mit Eingeborenen in Nordamerika, Sklavenpolitik und Unabhängigkeitserklärung - hier wird vieles, was man nur aus dem Geschichtsbuch kennt, beiläufig oder ganz explizit miteingebunden. Obwohl - oder gerade weil - man weiß, was passieren wird, macht es unheimlich Spaß, dem Paar und seiner Familie auf ihrem eigenen Weg durch die Geschichte beizustehen und das ein oder andere Abenteuer dabei zu erleben. 

Und das Beste: das Abenteuer der Familie Fraser ist noch lange nicht zu Ende. Die Autorin Diana Gabaldon arbeitet fleißig am neunten Band ihrer Highland Saga, Staffel 6 wird gerade gedreht und eine weitere Staffel schon in Auftrag gegeben. Wir dürfen also noch auf viele weitere Abenteuer hoffen! Wem das Glück und Leid von Jamie und Claire mittlerweile zum Hals raushängt, kann auch gerne einen Blick in das Spinn-Off über Lord John werfen, der von David Berry dargestellt in den späteren Staffeln eine wichtige Rolle spielt...


Fazit

Brutal, leidenschaftlich und spannend! Outlander verbirgt viel mehr, als es auf den ersten Blick scheint und überzeugt mit Vielseitigkeit, überraschender Tiefe, vielschichtigen Figuren, einem tollen und authentischen Setting, tollen Kostümen und atmosphärischer musikalischer Untermalung. Ich kann diese Zeitreise auf jeden Fall nur empfehlen und würde die Serie jederzeit wieder schauen!

Zum Trailer:


Quelle Informationen: Wikipedia.de. Bildquelle: www.moviepilot.de

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