"Outlander" ist eine US-amerikanische Fantasy-Historienserie basierend auf der Highland-Saga von Diana Gabaldon, die mich das ganze letzte Jahr über begleitet hat. Lange Zeit bin ich um den Seriengiganten herumgeschlichen, der beinahe in ähnlichem Umfang wie "Game of Thrones" Fans auf der ganzen Welt begeistert, aber auch polarisiert hat. Die von 2014 bis 2020 auf Starz ausgestrahlten 5 Staffeln sind mittlerweile auch auf Netflix zu sehen. Wer also Lust hat, in 67 Episoden eine Reise durch die Zeit zu unternehmen, vorbei an wichtigen historischen Ereignissen, mitten ins schöne Schottland und hin zu einer leidenschaftlichen Liebesgeschichte, bekommt von mir eine klare Empfehlung!
Darum geht´s:
Deshalb solltest Du Dir die Serie anschauen:
Ich beginne mit meinem stärksten Argument: weil "Outlander" eine der wohl vielfältigsten Serien überhaupt ist. Historiendrama, Liebesepos, Abenteuergeschichte, Fantasy-Story, Eskapismusträumerei, Erotikfilm und Kriegsepos - die Serie bietet Elemente verschiedener Genres, nimmt mit durch mehrere Jahrhunderte und über Länder, Kontinente und Ozeane. Kein Wunder, dass Fans auf der ganzen Welt begeistert waren. Diese Serie spricht verschiedene Zielgruppen an und wer sie leichtfertig als "Frauen-Serie" abtut, tut ihr definitiv Unrecht.
Hier wird jedoch zusätzlich zu blutigen Gore-Eskapaden schwierigen Themen
genug Raum verschafft, um diese über längere Zeit mit den Figuren zu
verarbeiten. Anders als in "Game of Thrones" zum Beispiel werden hier
Traumata verarbeitet, Konflikte mit Gesprächen gelöst, schwere Verluste
aufgearbeitet und damit der Serie und den Figuren eine überraschende Tiefe
verschafft. Das ist also mein zweites Argument, die Serie zu schauen: der
erstaunlich intelligente Umgang mit überraschenden Themen, die man in einer
historischen Unterhaltungsserie auf die Weise nicht erwartet hätte. Hier
also nochmal die explizite Warnung: diese Serie ist nichts für schwache
Nerven. Sowohl die Liebe (meint, eine Menge Sexszenen) als auch
Grausamkeiten beim Beschützen eben jener werden ausführlich und in vollem
Kamerazoom ausgebreitet, sodass man manchmal am liebsten wegschauen und
vorspulen würde.
Gerade noch so verhindert, dass ich einfach zu schöneren Szenen springe (um
zum Beispiel dem ziemlich heftige Staffelfinale von Staffel 1 zu entgehen)
hat die wahnsinnig spannende Umsetzung und die unglaubliche Chemie und
Dynamik der Figuren, die dafür sorgen, dass man auch bei sehr unangenehmen
Szenen einfach nicht wegschauen kann. Dafür ein großes Lob vor allem an
Catriona Balfe, Sam Heughan und Tobias Menzies! Lebendig machen diesen Mix
aus Blut, Gewalt, Politik und Liebe aber auch der große Strauß anderer
Figuren, von denen wir einige stark ans Herz schließen und andere ebenso
leidenschaftlich hassen lernen. Besonders spannend fand ich dabei den
loyalen Murtagh FitzGibbons Fraser (Duncan Lacroix), die
mysteriöse Geillis Duncan (Lotte Verbeek) und die resolute Janet „Jenny“ Fraser Murray (Laura Donnelly).
Im Verlauf der Geschichte kommen natürlich noch eine Menge weiterer Figuren
hinzu, alle haben jedoch gemeinsam, dass ihre Schauspieler ohne Frage einen
sehr guten Job machen.
Sehr interessant fand ich auch die Rolle der Frau und die Idee eine
aufgeklärte, intelligente und selbstbewusste Frau mit einem
Wissensvorsprung von zwei Jahrhunderten ins 18. Jahrhundert zu
schicken. Zwar kann man kritisieren, dass Claire dort selbst für die
Verhältnisse der Highlands, wo weise Frauen als Heilerinnen schon immer mehr
geschätzt wurden als in anderen Kulturen, etwas zu leicht ankommt, mir hat
die Idee und die Umsetzung aber trotzdem viel Spaß bereitet. Leider gehen
Claires Gedanken und Gefühle zu Beginn noch ein bisschen unter, da wir diese
nur durch gelegentliche Off-Kommentare und die Darbietung von Caitriona
Balfe erschließen können. Gerade die Entscheidung, in der Vergangenheit zu
bleiben kommt in den Büchern bestimmt besser an. Über das Männerbild der
Serie kann man hingegen ein bisschen streiten. Hier begegnen wir nämlich
(gerade in der ersten Staffel) nur drei Typen: grummelig-netten Highlander,
potentiellen englischen Monster und... Jamie. Letzterer ist als absolute
Superschotten-Traummann-Inkarnation nicht gerade die realistischste Figur,
macht aber über die Staffeln hinweg eine ausreichende Entwicklung durch, um
glaubwürdig (und natürlich anbetungswürdig) zu sein. Pluspunkte gab es auch
dafür, dass viele Geschlechterklischees in der Beziehung von Claire und
Jamie umgedreht sind und einige absurde Situationen für Lacher sorgen.
Neben Vielseitigkeit und überraschender Tiefe ist natürlich auch die
Kulisse eine große Stärke der Serie. Das Hauptsetting in den schottischen
Highlands weckt das Reisefieber und lädt dazu ein, die Drehorte abzufahren
und selbst die Geschichte lebendig werden zu lassen. Das Land wird mit all
seinem rauen Charme, seiner bezaubernden Mythen und seines starken und
ehrlichen Volks dargestellt und wirkt dabei zu keinem Zeitpunkt
unauthentisch. Neben ausgiebigen Landschaftsaufnahmen, die in den fünfzig-
bis sechzigminütigen Folgen bei dem eher gemächlichen Erzähltempo der ersten
Staffel regelmäßig einen Platz finden, tun auch die Kostüme der Darsteller
ihr Übriges und lassen das 18. Jahrhundert vor unseren Augen auferstehen.
Toll sind auch der Akzent der Darsteller (Tipp: falls möglich unbedingt mit
Originalton anschauen) und nicht untertitelte gälische Gesprächsfetzen, die
immer mal wieder auftauchen und die Zuschauer zusammen mit Claire
verwirren.
Für die nötige Magie und den stimmigen Einbezug der Mythen und Legenden,
die Claire durch ihre Reise durch die magischen Steine zum Verhängnis
geworden sind, sorgt vor allem eine stimmige musikalische Untermalung. Es
beginnt schon beim gelungenen Intro, einer Variation des Titelsong "Skye Boat Songs" von Bill McCread über die Staffeln hinweg, der mit seinem Hauch an Mystik
direkt schon gekonnt auf die Serie einstimmt. Ein traditionelles
schottisches Volkslied + Mystik + starke Frauenstimme in moderner Aufmachung
- dieser Mix würde auch das Konzept der Serie allgemein gut beschreiben. Ein
weiteres musikalisches und optisches Highlight ist das wiederkehrende Motiv
des "Dance of the Druids", der in verschiedenen Versionen und
Kulturen immer wieder auftaucht, bei den Druidinnen am Craigh na Dun zu
Samhain jedoch ihren Ursprung nimmt. Das musikalische Motiv zu dieser Szene
gehört zu meinen absoluten Lieblingen, da man hier förmlich die Magie spüren
kann, die die Welt unsichtbar miteinander verbindet.
Doch nicht nur das Setting und die Musik hat einiges zu bieten - man kann
beim Schauen auch einiges lernen. Über Geschichte zum Beispiel. Während sich
die erste Staffel zuerst stark auf Claire und ihre Beziehung zu Jamie
konzentriert, verlassen wir im weiteren Verlauf der Serie Schottland, ziehen
mit einer Armee nach England, reisen nach Paris, werden nach Jamaika
verschleppt und beginnen ein neues Leben in der neuen Welt und nehmen
währenddessen an verschiedenen historischen Meilensteine teil. Für alle, die
aufgrund der verschachtelten Geschichte auf zwei Zeitebenen verwirrt sind,
gibt es übrigens HIER einen hilfreichen Zeitstrahl, auf den ich auch beim Schauen den ein
oder anderen Blick geworfen habe, um die Schlüsselereignisse besser
einordnen zu können. Egal ob die Schlacht von Culloden, die Vorbereitung des
schottischen Jakobitenaufstand von 1745 in einem prärevolutionären Paris,
die Herrschaft der Engländer über die Highlands, die große Hungersnot
zwischen 1845 und 1849, oder später die Auswanderung vieler Europäer in die
"neue Welt", die Verlockungen des amerikanischen Traums, Konflikte
der Siedler mit Eingeborenen in Nordamerika, Sklavenpolitik und
Unabhängigkeitserklärung - hier wird vieles, was man nur aus dem
Geschichtsbuch kennt, beiläufig oder ganz explizit miteingebunden. Obwohl -
oder gerade weil - man weiß, was passieren wird, macht es unheimlich Spaß,
dem Paar und seiner Familie auf ihrem eigenen Weg durch die Geschichte
beizustehen und das ein oder andere Abenteuer dabei zu erleben.
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