Allgemeines
Titel: Der Vertraute
Autorin: Leigh Bardugo
Verlag:
Knaur (2. Mai 2024)
Genre: Historische Fantasy
ISBN: 9783426284773
Seitenzahl: 480 Seiten
Originaltitel: The Familiar (übersetzt von Alexandra Jordan und Sara Riffel)
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Inhalt
Bewertung
Mittlerweile bin ich ein großer Fan von Leigh Bardugo und habe alles gelesen, was sie auf den Markt gebracht hat. "Der Vertraute" ist ihr neuer Standalone-Roman, der inspiriert von ihrer Familiengeschichte von einer jungen Magierin während des goldenen Zeitalter Spaniens zur Zeit der Inquisition erzählt. Der Klapptext und die Themen rund um Magie, Verrat und Ketzerei haben mich schon sehr neugierig gemacht, sodass ich wahnsinnig gespannt auf die Geschichte war, auch wenn ich mir nicht sicher war, was mich erwarten würde. 480 Seiten später kann ich nun bestätigen, dass ich definitiv nicht habe kommen sehen, wohin Leigh Bardugo mit dieser Geschichte über Verzweiflung, Intrigen, Aufstieg, Macht, Liebe, Träume und Wunder geführt hat. Eine bezaubernd düstere, spannende und magische Geschichte!!!
Die Covergestaltung ist recht schlicht, aber durchaus eindrucksvoll. Vor einem pechschwarzen Hintergrund ist eine beringte Hand zu sehen, die eine goldene Gebetskette hält, während aus dem pompösen Ärmelaufschlag ein schwarzer Skorpion kriecht. Damit sind die Hauptmotive der Handlung - Reichtum, Kirche und Santangels Wappentier der Skorpion - vertreten. Zum schwarz-goldenen Look des Buches passt auch der schwarze Farbschnitt ganz wunderbar, mit dem die erste Auflage ausgestaltet ist. Vielen Dank an der Stelle an den Verlag für das Rezensionsexemplar, was aber natürlich wie immer meine Meinung nicht beeinflusst hat.
Mit diesem ersten Satz steigen wir in das Leben der Dienerin Luzia Cotado ein, die zwischen harter Arbeit und Angst vor der Inquisition heimlich von einem besseren Leben träumt. Als ihre Herrin Doña Valentina entdeckt, dass sie magische Fähigkeiten hat und kleine Wunder vollbringen kann, ist das ihre Eintrittkarte in eine Welt voller Reichtum und Schönheit aber auch Intrigen und Bigotterie und so schwebt sie bald in Lebensgefahr. Bis wir allerdings an dem Punkt ankommen, an dem sich Luzia der Gier der Adligen stellen muss, gehen einige Seiten ins Land. Gerade in den ersten 100 Seiten benötigt die Geschichte einige Zeit, um ins Rollen zu kommen und uns die Figuren und ihre Lebensumstände vorzustellen. Dabei fokussiert sich die Autorin weniger auf die Vergangenheit oder die Rahmenbedingungen von Luzias Magie, sondern mehr auf deren Wünsche oder Ängste und stellt sie mehr als junge Frau am Boden der Gesellschaft als als Magierin vor. Wie gerade Luzia zu ihren Milagritos gekommen ist und wie die Refranes aus der Mischsprache Ladino zu Zauberformeln werden, bleibt dabei geheimnisvoll und unbeantwortet, was zur vielschichtigen Atmosphäre des Romans beiträgt.
"Ein Herz kann nicht vergessen zu schlagen", schnaubte sie. Seine Miene wurde ausdruckslos.
"Alles kann in Vergessenheit geraten, wenn nur genug Zeit vergeht.“
Auch im weiteren Verlauf hätte die eigentliche Rahmenhandlung mit der Bedrohung durch die Inquisition, Antonio Pérez´ Plan und dem magischen Turnier für meinen Geschmack noch etwas stärker ausgeprägt sein können. Anders als bei Leigh Bardugos anderen Fantasy-Reihen stehen Magie und Abenteuer allerdings nicht im Vordergrund, sondern vielmehr die Figuren und die generelle Atmosphäre der Geschichte. So ist der Hauptspannungsgeber der Geschichte die Frage, wem Luzia vertrauen kann und wem nicht, sowie die Frage, worauf die Geschichte überhaupt hinauslaufen wird. Diese Unsicherheit erzeugt eine großartige Atmosphäre voll unterschwelliger Spannung, die sich bis zur letzten Seite langsam aufbaut und immer wieder mit einer unerwarteten Wendung überrascht.
"Weil ich einen Pakt mit dem Teufel geschlossen habe?" Valentina zuckte zusammen.
Sie schüttelte den Kopf. "Weil er ein Mann ist, Luzia.“
Dazu passend ist auch das historische Setting zur Zeit der spanischen Inquisition ausgewählt. Als politisch brisante und künstlerisch spannende Epoche, die als goldenes Zeitalter Spaniens in die Geschichte einging, hält das Setting gesellschaftlichen Reichtum und künstlerische Blüte, aber auch Brutalität und Schrecken bereit. Vor allem der mitschwingende Antisemitismus, den Luzia aufgrund ihrer jüdischen Wurzeln erfährt, trifft dabei empfindlich den aktuellen Zeitgeist. Dabei ist die Geschichte grob von Leigh Bardugos eigenen Vorfahren inspiriert, die aufgrund ihrer jüdischen Konfession 1492 aus Spanien fliehen mussten. Folter, Verfolgung, Mord, Gefangenschaft - die Autorin schreckt nicht davor zurück, die brutalen Vergehen der Kirche an Andersgläubigen darzustellen, weshalb es sich ausdrücklich nicht um ein Jugendbuch handelt.
Auch hinsichtlich der Figuren ist die Geschichte deutlich erwachsener und reifer als ihre letzten YA und NA Reihen. Denn auch wenn ich die Figuren alle großartig fand, kommt keine einzige davon einem klassischen Helden auch nur nahe. Auch wenn Luzia als Hauptfigur im Vordergrund steht, wechselt Leigh Bardugo zwischen personalen Erzählperspektiven einer Vielzahl von handelnden Figuren, die unterschiedlicher nicht sein können. Was sie alle verbindet: Sie haben alle geheime Motive, Wünsche, Bedürfnisse, Träume oder Visionen, die sie ohne Zurückhaltung und Rücksicht auf Verluste verfolgen. Während Luzia keinen Hehl aus ihrer Gier und ihren Ambitionen für einen gesellschaftlichen Aufstieg macht, der ihr ein leichteres Leben ermöglicht, tendiert ihre Herrin Valentina in ihrer Machtlosigkeit und Unzufriedenheit zur Grausamkeit gegenüber Unterstellten, Santángel würde sich für seine Freiheit bis nach Italien durchmorden und auch Nebenfiguren wie Teoda, Hualit, Fortún Donadei oder Victor de Paredes verlieren sich in dieser grausamen Zeit. Dennoch gelingt es der Autorin erstaunlicherweise, dass einem die Figuren mit der Zeit unweigerlich ans Herz wachsen und gerade aufgrund ihrer unverschleierten Rücksichtslosigkeit nahbar werden.
Besonders überzeugen konnten mich dabei die dargestellten Beziehungen zwischen Luzia und Valentina, die sich von gehorsamer Dienerin und kleinlicher Herrin zu Leidensgenossinnen wandeln und die romantische Beziehung zwischen Luzia und Guillén Santángel. Zwar bekommt die Liebesgeschichte in der Geschichte nur begrenzten Raum, diesen nutzen die beiden Figuren aber ganz wunderbar aus, um sich einen eigenen kleinen Kosmos ganz für sich alleine zu gestalten, in dem nichts als ihre Nähe eine Rolle spielt. Ob die Liebe der beiden das magische Turnier, die menschlichen Abgründe und die brutale Inquisition überlebt... lest selbst!
Ich habe noch nicht einmal angefangen...“
Schönen guten Morgen!
AntwortenLöschenJetzt im Rückblick würde ich die Grischa Trilogie ja nicht mehr so gut bewerten xD Aber die Krähen waren einfach genial, auch die zwei nachfolgenden Bände und ich mochte auch Das neunte Haus sehr. Hier hab ich die Fortsetzung aber noch nicht gelesen, weil ich mir nicht sicher bin, ob die Reihe damit zu Ende ist.
Jetzt könnte ich diesen Einzelband natürlich erstmal einschieben, aber ich denke, ich warte noch damit. Auch wenn er sich wirklich gut anhört! Rezensionen dazu hab ich bisher noch nicht viele gesehen, deine ist jetzt die dritte, aber sie klingen alle ähnlich, zumindest dass kleine Kritik genannt wird, aber es im gesamten auf jeden Fall überzeugend war.
Für mich klingt es definitiv spannend und ich mag es, wenn auch mal die Charaktere so im Fokus stehen, das kann mega interessant sein! :)
Liebste Grüße, Aleshanee
Hey Aleshanee,
Löschenja für die Grischa-Trilogie würde ich mittlerweile auch nicht mehr meine Hand ins Feuer legen, aber die Krähen-Dilogie finde ich nach wie vor eine klasse Reihe! "Das neunte Haus" mochte ich auch gerne, wobei mir da Band 2 deutlich besser gefallen hat als Band 1. Ich bin da riesig gespannt, was die Autorin noch für Band 3 vorhat, den wird es auf jeden Fall noch geben, er wurde allerdings noch nicht angekündigt soweit ich weiß.
Ich bin auch überrascht, dass das Buch bisher so unpopulär ist. Klar, es ist erst kürzlich erschienen, aber ich habe bislang auch erst super wenige Rezensionen gelesen... Ich würde mal annehmen, dass dir das Buch ganz gut gefallen könnte...
Liebe Grüße
Sophia
Ah, ok, dann kommt noch ein dritter :) Dann warte ich damit eh noch. Ich werde "Das neunte Haus" eh nochmal lesen müssen, weil ich davon gar nichts mehr weiß.
LöschenLeigh Bardugo war vorher eigentlich wirklich präsenter. Ich glaube, Das neunte Haus und die Brutalität (ohne Romantik und Kitsch) haben viele etwas verschreckt ^^
Ja genau, einen dritten wird es auf jeden Fall noch geben. Ich werde aber auch dringend alle Bände nochmal lesen müssen, wenn dieser endlich rauskommt. Die Geschichte war ja so komplex, da habe ich die Hälfte der wichtigen Informationen leider wieder vergessen...
LöschenIch denke auch, dass "Das neunte Haus" genau wie auch "Der Vertraute" eher eine nischige Zielgruppe und nicht die breite Allgemeinheit angesprochen haben wie zuvor ihre YA-Reihen. Ich finde das aber gut - das macht die Geschichte nochmal besonders!
Ja, die typischen YA Reihen meide ich ja *lach* Damit kann ich wirklich nicht viel anfangen, vielleicht - wenn - mal für zwischendurch. Da war das Neunte Haus schon eine ganz andere Nummer. Da freu ich mich aber auf den re-read :)
LöschenUnd bin jetzt noch mehr gespannt auf Der Vertraute!
Ich wünsch dir einen schönen Feiertag!
Haha ja ich freue mich auch immer, wenn AutorInnen abseits der oft ausgetretenen Wege wandeln. Dann wünsche ich dir viel Spaß mit dem Reread und "Der Vertraute". Dir auch einen schönen Feiertag!
LöschenAhoi Sophia,
AntwortenLöschenjetzt komme ich endlich zum Lesen deiner Rezension - und habe direkt große Lust, das Buch zu lesen! ♥ Ist genau die richtige Nische für mich, haha.
Liebe Grüße
Ronja von oceanloveR
Huhu Ronja,
Löschenja, ich würde die Geschichte definitiv als eher "nischig" beschreiben, aber mich konnte sie damit auf jeden Fall super abholen! Ich bin mal gespannt, was du dazu sagen wirst und hoffe, es gefällt dir!
Liebe Grüße
Sophia