Nachdem mich der Serienhit "Haus des Geldes" so überzeugen konnte, hat mich sehr gefreut, dass mit "Berlin" ein Prequel über die Vorgeschichte des gleichnamigen Charakters aus der Hauptserie gedreht wird. Seit Dezember 2023 sind die acht neuen Folgen nun bei Netflix zu sehen. Über die letzten zwei Wochen habe ich es endlich geschafft, sie zu schauen und erzähle Euch nun von meinen - leider etwas gemischten - Eindrücken.
Darum geht´s:
Viele Jahre vor den Ereignissen aus der Heist-Serie "Haus des Geldes" führt der bekannte Juwelendieb Andrés de Fonollosa - genannt Berlin - (Pedro Alonso) mit einer eigenen Bande spektakuläre Raubzüge aus. Zu seiner Gang gehören seine rechte Hand, der Professor Damián (Tristán Ulloa), die Elektrotechnik-Spezialistin Keila (Michelle Jenner), die instabile Kriminelle Cameron (Begoña Vargas), der Schlossknacker Roi (Julio Peña Fernández) sowie Bruce (Joel Sánchez), ein Mann fürs Grobe. Gemeinsam mit seiner Bande begibt sich Berlin nach Paris, um einen waghalsigen Raubzug zu planen und durchzuführen. Denn im Tresor des Auktionshauses Chez Vienot werden bald 34 aus ganz Europa stammende Schmuckstücke im Wert von 44 Millionen Euro zwischengelagert. Um die Juwelen zu stehlen, muss die Bande all ihr Können unter Beweis stellen.
Das denke ich zur Serie:
Mit "Haus des Geldes" hatte "Berlin" natürlich riesige Fußstapfen zu füllen und dass das Prequel nicht ganz an das Original heranreichen würde, habe ich deshalb schon angenommen. Und richtig vermutet: An die dichte Atmosphäre, die bedeutungsvolle Symbolik, die spannenden Figuren, die Unberechenbarkeit und den straffe Handlungsbogen des Erfolgskonzepts können die acht neuen Folgen nicht direkt anknüpfen. Dennoch hatte ich mit der Geschichte durchaus Spaß...
Der Hauptkritikpunkt an dieser Staffel ist, dass für mich der Schwerpunkt der Erzählung falsch gesetzt wurde. Während in "Haus des Geldes" die Hintergrundgeschichten der Figuren den sehr spannungsgeladenen Plot angenehm ausgeglichen haben, geriet das Zusammenspiel aus Handlung und Figurendrama für mich hier etwas aus der Balance. Mit vier verschiedenen Liebesgeschichten, impulsiven Entscheidungen und dem daraus folgenden Emotionswirrwarr der Figuren geht der tatsächliche Plot leider etwas zu sehr unter. Würde man die aus Leidenschaft getroffenen schlechten Entscheidungen der Figuren streichen, wäre die tatsächliche Geschichte in zwei Folgen erzählt gewesen. Versteht mich nicht falsch - der Heist ist großartig durchdacht und optisch wieder toll inszeniert, durch die vielen Umwege der Figuren flacht die Spannung allerdings immer wieder ab und erreicht nicht den gewohnten Fieberwahn der Money-Heist-Staffeln.
Zur weniger dichten und düsteren Atmosphäre, die eher einen Fokus auf Romantik legt, passt das Setting in Paris allerdings ganz hervorragend. Wenn Berlin mit seiner neuen Liebe Camille (Samantha Siqueiros) an der Seine entlangfährt, in einem Nachtclub feiern geht, in ein Schloss auf dem Land fährt oder in einem malerischen Café frühstückt, ist nur wenig von der Dramatik der Originalreihe zu spüren. Dies ist denke ich allerdings aber gar nicht gewünscht gewesen. Die Serienmacher Álex Pina und Esther Martínez Lobato haben hier absichtlich einzelne Erzählelemente und Symbolik der Originalserie übernommen, sich in anderen Punkten aber entschieden von dieser abgegrenzt, um etwas Neues zu schaffen und sich ganz auf eine Figur zu konzentrieren: Berlin.
Jener - wunderbar gespielt von Pedro Alonso - hat mich schon in "Haus des Geldes" mit seiner Ambivalenz und seinem Charisma in den Bann gezogen. Dass er trotz seines verfrühten Todes in Staffel 1 in späteren Staffeln immer wieder in Rückblenden Auftritte hatte und nun seine eigene Spin-Off-Serie erhält, zeigt wie viel Potenzial der Publikumsliebling auch als Hauptfigur hat. Auf der einen Seite steckt er einen mit seiner überschäumenden Lebensfreude, seiner leidenschaftlichen Begeisterung für die Liebe und seiner Genialität an, auf der anderen Seite blitzen auch hier bereits sein Narzissmus, sein Kontrollwahn und seine psychopathischen Zügen durch, die man als Zuschauer nur zu gern übersehen möchte. Auch wenn wir ihn mittlerweile schon gut kennen, überrascht er einen immer wieder aufs Neue und hatte ein so bewegtes Leben, dass es für etliche weitere Staffeln reichen würde.
Neben Berlin haben auch weitere bekannte Figuren aus der Originalserie ihren Überraschungsauftritt, was mich sehr gefreut hat. Dies stimmte mich versöhnlich darüber, dass mir die restlichen Figuren wie Cameron, Roi, Damian, Bruce und Keila nicht ganz so nahegegangen sind wie Nebenfiguren in der Hauptreihe, da mir deren Verhalten manchmal etwas übertrieben zu sein schien. Für meinen Geschmack wurde hier das Stereotyp der leidenschaftlichen Spanier, die wild lieben und noch wilder feiern und darüber gerne mal das Wesentliche aus den Augen verlieren leider etwas zu sehr bedient. Vielleicht werden die eingeführten Figuren aber in weiteren Staffeln noch mehr vertieft... Ich würde mir eine zweite Staffel auf jeden Fall trotz allem sofort wieder anschauen.
Mein Urteil:
Nicht ganz so spannend, nicht ganz so explosiv, aber dennoch gut durchdacht und optisch toll inszeniert - Für mich war "Berlin" zwar nicht ganz auf der Höhe der Originalserie, hatte aber definitiv großes Potenzial und konnte mich durchweg gut unterhalten.
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