Hallöchen,
Habt ihr das Gefühl, dass die aktuelle Lage euer Leseverhalten verändert hat? Bei mir seltsamerweise überhaupt nicht. Trotz der vielen Zeit lese ich nicht mehr oder weniger als sonst und genieße die Langweile. Ja ihr habt richtig gehört: ich genieße sie! Ich war schon seit Jahren nicht mehr gelangweilt, weil es immer an jeder Stelle etwas Wichtiges zu tun gab, sodass ich ganz vergessen habe, dass das ein total inspirierendes Gefühl ist, das mir ständig verrückte Einfälle und Ideen beschert ;-) . Am traurigsten an der Situation ist, dass mir Quarantäne gar nicht so viel ausmacht, weil es sich gar nicht so extrem von meinem normalen Lebensstil unterscheidet (so sad ^^). Erzählt doch Mal von euren Erfahrungen? Mit was vertreibt ihr euch die Zeit? Lesen ist da natürlich meiner Meinung nach die Beste Alternative - man kann ganz ungefährlich den eigenen vier Wänden entfliehen, spannende Abenteuer erleben, sich gründlich ablenken und dabei einreden, man würde sich bilden ;-) Passend dazu geht es in den heutigen Montagsfrage bei Lauter und Leise um Quarantäne-Lektüren:
Wer meinen Blog verfolgt, wird an meiner Rezension gesehen haben, dass das letzte Buch, das ich beendet habe, "
Nightrunner" von
Lukas Hainer war. Bevor ich nun bewerte, ob es eine gute Quarantäne-Lektüre ist, eine kurze Überlegung, was denn eine sogenannte "gute Quarantäne-Lektüre" meiner Meinung nach überhaupt erfüllen muss.
Mein erstes und zugleich wichtigstes Kriterium ist dass der Inhalt des Romans nichts mit der aktuellen Lage zu tun hat, man sich somit wirklich effektiv ablenken kann und nicht noch mehr Beklemmung und Panik bekommt. Ich kann wirklich nicht verstehen, warum so viele Menschen zur Zeit mit voller Absicht zur Katastrophen- und Weltuntergangsliteratur greifen oder sich düstere Dystopien zu Gemüte führen. Das muss doch nicht sein, wenn ich Schrecken und Panik haben will, schalte ich die Nachrichten an... Aber ja, da sind die Geschmäcker ja verschieden.
Das zweite Kriterium ist, dass die Lektüre mich möglichst weit weg und in schönere Gefilde entführt - ob ferne Fantasy-Welten oder nette Liebesgeschichten in unserer Realität ist mir dabei relativ egal, Hauptsache ich kann meinen eigenen vier Wänden entfliehen und etwas anderes erleben, als meine tägliche Routine. Ich will mich also ablenken, mich möglichst gut amüsieren und nicht ständig an meine eigene Situation erinnert werden - die Zeit für anspruchsvolle und deprimierende Literatur kommt wieder, ist aber im Moment für mich definitiv nicht!
Vor diesem Hintergrund lasst uns doch mal "
Nightrunner - Vergiss, wer du warst" genauer ansehen. Zuerst einmal: worum geht es? Im Grunde erzählt Lukas Hainer hier die Geschichte von mehreren Kindern, die in einem von Krieg, Zerstörung und Umschwung geprägten Land groß werden, sich nur mit Mühe über Wasser halten können und zu allem Überfluss noch wegen ungünstiger Umstände von mehreren Instanzen gejagt werden. Die Geschichte ist sehr rasant, atmosphärisch und mit hohem Tempo erzählt, sodass man definitiv mitgerissen wird und gespannt das Abenteuer der Kinder verfolgt. Eine sonnige Gute-Laune-Geschichte ist es aber nicht - unschöne Details wie Waffen, Blut, Schmerzen, Tode, Drogen, Folter etc. werden keineswegs ausgespart, weshalb diese Geschichte trotz der im Schnitt sehr jungen Protagonisten kein Kinderbuch ist!
Und auch wenn mich das Setting in einem alternativen Wien mit seiner verrückten Science-Fiction-Fantasy-Mischung aus mittelalterlichen Verhältnissen, alter verschütteter Technik, riesiger Golems, Menschenmaschinen, geflügelten Halbengeln, Artefakt-Anhängern, Flugapparaten und besessenen Monstern sehr fasziniert und neugierig gemacht hat, wurde ich nicht wirklich in eine andere Welt entführt. Denn alles, was über den reinen Überlebenskampf der Protagonisten hinaus geht, bleibt viel zu sehr im Hintergrund und das stetige Fehlen von Ausführungen wirkt zunehmend so, als hätte der Autor selbst nicht genau gewusst, wie er die einzelnen Fäden seines Settings zu einem stimmigen Gesamtbild zusammenführen soll. Das führt dazu, dass das riesige Potential um das geheimnisvolle Steampunk-Setting nicht nur nicht genutzt wurde, sondern im Laufe der Geschichte sogar eher ein Hindernis darstellte, da die Verwirrung mich davon abhielt, der Handlung zu folgen.
Insgesamt war mir die Geschichte ein wenig zu düster für eine wirklich gute Quarantäne-Lektüre, hauptsächlich haben mich aber die ernsthafte Mängel im Weltaufbau gestört. Viel verschenktes Potential, ein unsauberes World Building und eindimensionale Protagonisten sorgen trotz spannender Handlung dafür, dass ein gemischter Eindruck zurückbleibt.
Mehr dazu könnt ihr in meiner Rezension von gestern nachlesen. Jetzt bin ich natürlich gespannt, welche Bücher ihr erst gelesen habt und wie diese als Ablenkung in der aktuellen Zeit taugen.
Trotz allem wünsche ich euch einen guten Start in die neue Woche! ☀️🍀🍎
Liebe Grüße und bleibt gesund
Sophia
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