Allgemeines:
Titel: Rain Song
Autor: Antje Babendererde
Verlag: Arena (2. Januar 2013)
Genre: Roman
ISBN: 978-3401504230
Seitenzahl: 320 Seiten
Preis: 6,66€ (Kindle-Edition)
14,99€ (gebundene Ausgabe)
7,99€ (Taschenbuch)
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Inhalt:
"Vielleicht kann man die Vergangenheit bewältigen, dachte Greg, aber was danach kommt, kann einem den Boden unter den Füßen wegziehen."
Der Sturz von den Klippen am Cap Flattery hätte leicht tödlich ausgehen können. Doch Hanna überlebt - dank dem Makah-Indianer Greg. Hat der Vorfall etwas mit Hannas verzweifelter Suche nach ihrer ersten großen Liebe Jim zu tun?
Vor fünf Jahren ging sie begleitet von Jim, einem talentierten Pfahlschnitzer der Makah, nach einem Urlaub zurück nach Deutschland. Doch er verließ sie nach sechs Monaten ohne zu wissen, dass sie schwanger war und verschwand spurlos. Nun begibt sie sich auf die Suche nach ihm um Antworten auf die Fragen ihrer 4-jährigen Tochter zu haben. Ihr Retter Greg nimmt sich Hannas an, doch sobald er erfährt, wer sie ist - jene Frau, die Jim, der wie ein Bruder für ihn war, von seinem Volk losriss - macht sich Misstrauen in ihm breit. Greg ist schockiert und mehr als überrascht, als er erfährt, dass Jim gar nicht in Deutschland ist, wie im Reservat allgemein vermutet wurde. Hanna behauptet, er sei in seine Heimat zurückgekehrt ... nur, hier ist er offenbar nie angekommen.
Doch während sich sie und Greg auf der Suche näherkommen, entdecken sie Stück für Stück Jims wahre Identität und damit ein Geheimnis, wie es furchtbarer nicht hätte sein können...
Bewertung:
Erster Satz: "Weiße Nebelfetzen hingen in den zerklüfteten Felsen der Steilküste von Cape Flattery und ein leichter Wind trieb die Wellen des Pazifiks sanft gegen das steinige Ufer am Kap."
Bereits 1999 veröffentlichte Antje Babendererde ihr Buch "Rain Song", damals jedoch unter dem Namen "Der Pfahlschnitzer". 2013 erschien die völlig überarbeitete Fassung, die ich jetzt endlich mal lesen musste nachdem ich so viel Positives darüber gelesen habe.
Das war nicht das erste Buch, dass ich von Antje Babendererde gelesen habe, doch ein wesentlicher Aspekt war anders als sonst: die Protagonisten in "Rain Song" sind -anders als in beispielsweise "Julischatten" oder "Isegrim"- bereits erwachsen und haben deshalb ganz andere Probleme als die jugendlichen Hauptpersonen. Man könnte nun meinen, es würden andere Themen behandelt als sonst, oder eine andere Zielgruppe angesprochen, doch wie gewohnt schwingt dieses Gefühl der Ersten Liebe, des Neuen, des Abenteuers mit. Obwohl Greg und Hanna beide bereits um die 30 sind, Hanna sogar schon eine kleine Tochter hat, wird die beginnende Liebesgeschichte zwischen ihnen sehr spannend und, wie ich meine, auch für das junge Lesepublikum sehr nachvollziehbar dargestellt.
Das Buchcover ist schlicht und ansprechend gestaltet: auf einem hübschen, hellblauen Grundton sieht man unter einem roten Titel Bäume, die fast im Nebel verschwinden. Rechts am Rand ist ein geschnitzter und bemalter Indianerpfahl abgebildet, der auch auf dem Rücken wiederholt wird. Der Titel "Rain Song" erscheint schwungvoll und hebt sich lackiert zusammen mit den dunklen Teilen des Pfahles fühlbar vom Rest ab. Der Text selbst ist schmucklos und in recht großer Schriftart gesetzt, was den Lesefluss begünstigt. Die Optik haut mich durch ihre Schlichtheit nicht wirklich um, passt aber zum Inhalt und dem Stil der anderen Bücher.
"Als Greg sich wieder seinem Pfahl zuwandte, sah er, wie seine Figuren lebendig wurden. Sie lösten sich aus dem Holz und stiegen zum Himmel auf, dorthin, wo die Wipfel des nahen Waldes in flammendes Morgenrot tauchten. Vor dem brennenden Hintergrund bildeten sie eine Reihe schwarzer Gestalten: Bär, Otter, Wolf, Lachs und zuletzt der Rabe."
Wenn ich über Antje Babendererdes Bücher schreibe, kann ich mich eigentlich nur noch wiederholen. Ihre Schreibstil zum Beispiel habe ich jetzt schon einige Male angepriesen und kann auch nur noch mal verdeutlichen, wie ihr ruhiger, und unverwechselbarer Schreibstil, mich wieder verzaubert hat. Trotz einfacher Sprache nimmt die Geschichte mich mit detaillierten Beschreibungen und einem gewissen Wortwitz gefangen. Sie muss nicht aus Wortgewalt oder spektakuläre Szenarien zurückgreifen, sondern schafft es den Leser durch Tiefsinn und gezielt gesetzte Wörter oder Sätze in ihren Bann zu ziehen, sodass die Geschichte viel Emotionalität besitzt und den Leser berührt.
Wieder ist auch der Schauplatz vielseitig, bunt und authentisch gewählt. Die Autorin nimmt den Leser mit auf die Reise nach Nordamerika, auf die Olympic - Halbinsel im Nordwesten des Staates Washington. Dort leben heute noch wenige Indianerstämme wie die Makah, die Quileute oder auch die Quinault in Reservaten und versuchen, ihre alten Traditionen mit dem modernen Leben zu vereinbaren. Mit diesem Spagat zwischen Tradition und Fortschritt beschäftigt sich "Rain Song". Es geht um Identität, Integration und Probleme aller Art, dabei wird nicht an Gefühlen und schockierenden Szenarien gespart. Informativ und anschaulich, aber keineswegs kitschig schildert Antje Babendererde die Geschichte einer Deutschen, die sich in Nordamerika auf die Suche nach ihrem verschollenen Geliebten macht. Dabei prallen immer wieder Globalisierung, Logik und Spiritualität aufeinander, was nicht nur den Leser verwirrt, sondern auch Hanna, die bald nicht mehr weiß, was sie glauben soll.
"Das Klappern der Rasseln war betäubend. Mit wilden Schreien schleuderten die Tänzer ihre Hoffnungen aus den Kehlen. Im wandelnden Schatten des flackernden Feuers tanzten die Roben aus Leder oder Zedernfaser ihren eigenen Tanz. Die bemalten Masken mit ihren langen Haaren und Federn verwandelten sich in lebendige Ungeheuer."
Man merkt schnell, dass sie wie immer ausgiebig recherchiert und sich intensiv mit dem Leben und den Traditionen der Indianer auseinandergesetzt hat. Die Geschichte hat Hand und Fuß ohne sich der typischen Klischees zu bedienen. Es ist sehr erfrischend, eine realistische Darstellung des heutigen Lebens der Indianer zu lesen ohne Beschönigungen oder Romantikkitsch!
Die Charaktere sind zwar schön gestaltet, bleiben für mich aber leider etwas hinter der Handlung und den Protagonisten in Antja Babendererdes anderen Büchern zurück. Die Geschichte wird in der dritten Person und in der Vergangenheitsform erzählt. Die Perspektive bleibt oft bei Hanna und schildert ihre Erlebnisse, es werden aber auch andere Personen wie Greg begleitet, deren Gedanken in Kursivschrift erscheinen. Beide sind nicht perfekt, was mir gut gefallen hat. Hanna und Greg haben ihre Ecken und Kanten, beide müssen mit ihrer Vergangenheit fertig werden und sich harten Entscheidungen stellen. Sie waren mir sofort sympathisch, mehr allerdings auch nicht. Aus Jim wurde ich leider die ganze Geschichte lang nicht wirklich schlau, was wohl von der Autorin durchaus so beabsichtigt war. Ich hätte jedoch gerne noch mehr über ihn, sein Leben und seine Beziehung zu Hanna erfahren. Diese Aspekte kamen für meinen Geschmack ein klein wenig zu kurz, da ja die Liebesgeschichte zwischen Hanna und Greg in den Vordergrund rückt. Die Nebencharaktere werden nett dargestellt und bekommen nicht alle ein Happy-End.
"Auf irgendeine Weise trägt jeder seine Vergangenheit mit sich herum.
Aber wir sollten sie nicht unser Leben bestimmen lassen, oder die Verletzungen die wir davongetragen haben an andere weitergeben."
Aber wir sollten sie nicht unser Leben bestimmen lassen, oder die Verletzungen die wir davongetragen haben an andere weitergeben."
Die Grundatmosphäre in dem Buch ist auf seltsame Weise magisch anziehend. Auch wenn die Bücher eigentlich gar nicht mein Genre sind, bin ich doch ein absoluter Fan von Antje Babendererde geworden und werde gewiss noch viel mehr ihrer Bücher lesen.
An alle, die noch immer kein Buch von dieser bemerkenswerten Autorin gelesen haben: Holt das unbedingt nach!
Fazit:
Ein tiefsinniges Buch über die Gesichte einer Frau und die Kultur der Indianer. Sensibel und detailverliebt bringt sie dem Leser deren Geschichte und aktuelle Situation nahe, vermittelt eine andere Sichtweise auf die Welt mit wunderschönen Worten und weckt die Neugier auf mehr.
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