Sonntag, 3. Juli 2016

Beta

 
Allgemeines:
 
Titel: Beta
Autorin: Rachel Cohn
Verlag: cbt (2013)
Genre: Science-Fiction
ISBN: 978-3570161647
Seitenzahl: 416 Seiten
Preis: 17,99€ (gebundene Ausgabe)
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Inhalt:
 
Elysia ist eine Beta, ein geklonter Teenager, und sie lebt als Dienerin der Menschen auf der paradiesischen Insel Demesne. Ihr einziges Ziel ist es, ihren »Eltern« zu gefallen – bis sie entdeckt, dass nichts so ist, wie es zu sein scheint. Die heile Welt auf der Insel wird von Klonen gestört, die Gefühle und eine eigene Meinung haben, sogenannten defekten Klonen. Und dann entdeckt Elysia, dass auch sie Gefühle hat. Sie verliebt sich und hat Erinnerungen an ihre First, den Menschen, von dem sie geklont wurde und der längst tot sein muss. Ist sie selbst defekt? Dies würde ihren Tod bedeuten, doch Elysia ist bereit zu kämpfen, für ihre Freiheit und für ihre Liebe zu dem geheimnisvollen Tahir ...

 
Bewertung:
 
"Ich kann nicht nur schmecken und mag deshalb Makkaroni mit Käse. Ich habe noch viel stärkere Gefühle und etwas, das ein Klon niemals, niemals haben dürfte. Erinnerungen."

Wer möchte nicht in einer makellosen Welt und in einer wunderschönen Umgebung ein privilegiertes Leben führen?
In der Welt dieses Buches steigt man zum Beispiel dick und unansehnlich in ein Meerwasser und kommt als Göttin mit Modelmaßen verjüngt wieder heraus!
Herrliche Vorstellung: nie wieder putzen, waschen, kochen müssen, für alles gibt es Personal. Auch das im Arm implantierte Relay mit Handyfunktion und eingebauter Scheckfunktion ohne Limit klingt vielversprechend - doch wo ist der Haken?
Klone, mit Brandzeichen im Gesicht, müssen diesen Reichen und Privilegierten dienen. Arme Menschen geben ihr Leben hin, um im Labor geklont zu werden. Dafür wird ihre Familie für immer finanziell versorgt. Andere Klone entstehen im Labor, wenn das Gegenstück, genannt "First", gestorben ist.
Wer glaubt, Dystopien müssten immer düster, grausam und dunkel sein, um den Leser in ihren Bann zu ziehen und zu ängstigen, der hat noch nicht „Beta“ gelesen. Die Autorin hat es spielend leicht geschafft, mich mit ihrem Erzählstil gut zu unterhalten trotz dass es am Anfang um nichts anderes als das Alltagsleben auf der Insel geht.
Das Cover ist klassisch und zugleich modern gehalten, typisch für eine Dystopie, sehr stilvoll und ästhetisch. Es strahlt aus, was die Klone verkörpern sollen: Perfektion, Schönheit und nichts dahinter und bietet einem die Vorlage für unsere Vorstellung Elysias. Ich habe sie mir ziemlich genau so vorgestellt und da sie ein Klon ist, war es mir dieses Mal sogar recht, ein Modelgesicht auf dem Cover zu haben.
Die Gefühls und Gedankenwelt der Nebencharaktere sind recht gut umrissen, wobei sie sich, logischerweise, bei Elysia dezent zurückgehalten hat da dieses ihre Gefühle erst entdecken muss. Da Elysia erst nach und nach feststellt, dass sie über Emotionen verfügt, wirkt vor allem zu Beginn der Roman vergleichsweise emotionslos. Zwar ändert sich dies im Laufe der Handlung etwas, aber der Leser baut nie eine starke emotionale Bindung zu ihr auf. Selbst während ihr später schreckliche Dinge zugefügt werden, bleibt die distanzierte Haltung des Lesers bestehen was mich aber nicht gestört hat.

Der Schreibstil ist - wie gesagt - flüssig, deshalb kommt man mit dem Lesen auch sehr schnell voran. Die Sprache, die Rachel Cohn für ihre futuristische Erzählung gewählt hat, ist betont einfach und manchmal abgehakt, passt aber gerade deshalb perfekt zu den Gedankengängen eines künstlichen, gefühlskalten Menschen, der von einem Chip gesteuert wird, trotzdem fehlen auch humorvolle Sentenzen nicht. Konsequent erscheint mir in dem Zuge ebenso, dass die anderen Charaktere nur oberflächlich über Elysias Meinung oder Erleben aufgebaut werden und der Tiefgang an manchen Stellen dadurch fehlt.
Kurz vor Schluss habe ich bemerkt, dass es der Auftakt einer vierbändigen-Reihe ist, was für mich einiges erklärt hat: Es gab nicht allzu viel Handlung und die Autorin beschäftigt sich seitenlang damit einen in die Ungerechtigkeiten und Details des technischen Schnickschnacks einzuführen der zu der Welt dazugehört.
Und man muss sagen, Autorin Rachel Cohn hat eine wirklich faszinierende Welt erschaffen, die auf dem ersten Blick paradiesisch erscheint, sich aber schnell als albtraumhaft herausstellt.
Auch, wenn Elysia augenscheinlich gut behandelt wird, stellt sie für ihre neue Besitzerfamilie nicht mehr als eine Puppe oder ein Hündchen dar. Für die Mutter ist sie ein Prestigeobjekt, das den Freundinnen stolz präsentiert wird, die erste Betaversion eines Teenagerklons. Doch je mehr Gefühle Elysia plötzlich für sich entdeckt, desto bedrückender wird die gesamte Situation für sie. Immer weniger mag sie sich mit ihrer Situation abfinden.

"Ich checke meine Datenbank nach mehr Informationen über BC. Mein Interface teilt mir mit, dass es sich um eine Neugründung handelt, erst nach den Water Wars erbaut, und dass die Stadt nach den Gesetzen der Bio-Mimikry geplant und entworfen wurde, was bedeutet, dass sämtliche Bauten sowie die Infrastruktur der Natur nachgeformt sind. Ich bekomme Bilder von Bürotürmen eingespielt, die wie Kletterfelsen aussehen; der Luftverkehr mit den Hovercars ahmt die Flugformationen von Zugvögeln nach und die Wohnhäuser mit Öko-Nachhaltigkeitszertifikat erinnern an Termitenbauten und Ameisenhügel. Da BC nach dem Zeitalter der Energiegewinnung aus fossilen Brennstoffen erbaut wurde, leidet die Stadt unter keiner Luftverschmutzung und erstreckt sich unter klarem Himmel bis zu den mächtigen Sanddünen, die wie Berge in der Ferne aufragen. Nachts glitzern am Himmel die Sterne.“

"Beta" hat einige überraschende Wendungen, die mich sehr überrascht haben. Dazu gehört auch die Liebesgeschichte, die nicht ihren üblichen Verlauf nimmt. Elysia verliebt sich zwar in Tahir, den Sohn einer reichen Familie. Doch er hat ein Geheimnis, das die Beziehung extrem kompliziert. Dies hört sich zwar nach dem üblichen Schema an, den Leser erwarten aber dennoch einige Überraschungen.



"Mit gut aussehenden Jungen ein Gespräch zu führen kann echt hart sein. Mein kompletter innerer Schaltkreislauf ist lahmgelegt. Ich habe überhaupt keine Ahnung, was ich zu diesem Jungen sagen soll, dessen Nähe mein Herz schneller schlagen lässt und der mich jetzt genauso vollständig vergessen zu haben scheint, wie er sich mir kurz zuvor mit jeder Faser seines Wesens zugewandt hatte.“

Der Schluss, der wie ich jetzt weiß, keiner ist, ließ einen mit zu vielen unbeantworteten Fragen zurück. Doch die werden ja hoffentlich in den weiteren Bänden beantwortet.
 

Fazit:
 
 Rachel Cohn lässt sich gerade am Anfang viel Zeit, die frisch erschaffene Elysia in ihre neue Welt einzuführen. Dafür überschlagen sich gerade am Ende die Ereignisse mit Tendenzen zur Unübersichtlichkeit. Der Roman endet mit einem extrem verwirrenden Cliffhanger der sich gerade noch an meiner Toleranz-Grenze befindet. Eine weitgehend überzeugende Dystopie, die auf kritische Probleme einer respektlosen, egoistischen Gesellschaft, die Achtung und Respekt vor dem Individuum verloren hat, aufmerksam macht, dabei aber die Spannung und Charaktere leicht schleifen lässt.

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